Skandal um Reiterhof im Kreis Gütersloh: Umweltschützer zeigen Unternehmerin an

Werther. Für die Eigentümerin der Reitanlage am Bergkamp wird es ungemütlich: Nach dem verhängten Baustopp durch den Kreis Gütersloh und der Ordnungswidrigkeitsanzeige durch den BUND-Landesvorstand hat die BUND-Kreisgruppe Gütersloh jetzt Strafanzeige bei der Bielefelder Staatsanwaltschaft wegen möglicher Umweltstraftaten gestellt. Das gaben die Naturschützer jetzt im Umweltausschuss bekannt. &bdquo;Wir hoffen, dass die Eigentümerin zur Rechenschaft gezogen wird und den angerichteten Schaden regulieren muss“, sagen sie. Selten hat der Sitzungssaal so viele Besucher gesehen wie am Montag. Anlieger der Reitanlage sowie interessierte Bürgerinnen und Bürger wollen hören, was BUND und Behörden zu den Vorgängen sagen. Anlass ist die Anfrage der WDGA, was potenzielle Umweltschäden angeht. Lesen Sie auch: Skandal um Reiterhof im Kreis Gütersloh: Der illegale Umbau geht uns alle an Bürgermeister und Vertreter des Kreises wehren sich gegen die Vorwürfe &bdquo;Warum hat niemand die Vorgänge am Bergkamp bemerkt?“, will Wolfgang Böhm (WDGA) wissen. &bdquo;Ist niemandem die Bautätigkeit aufgefallen? Hat sich keiner gefragt, warum hier so viele Bäume gefällt werden? Oder wollte es schlicht niemand sehen?“ Dagegen verwahren sich sowohl Bürgermeister Veith Lemmen als auch die zwei Vertreter des Kreises Gütersloh, Jörn Leßmann von der Abteilung Bauen, Wohnen, Immissionen und Martina Maaskerstingjost von der Abteilung Umwelt, ausdrücklich. &bdquo;Als wir von den potenziellen Missständen gehört haben, sind wir der Sache sofort nachgegangen“, zählen sie auf, wann sie welche Hinweise erhalten und welche Ortstermine einberufen haben - unter anderem auch mit der Anwältin der Eigentümerin. Den Vorwurf der WDGA, dass hier &bdquo;jahrelang in einem Landschaftsschutzgebiet mit Millionenaufwand Schwarzbau betrieben“ worden sei, könnten sie nicht so stehen lassen: &bdquo;Die Ortsbegehung Anfang 2024 hat keinen Anlass gegeben, behördlich einzuschreiten.“ Ein Abfahren von Straßen mit der Intention, Schwarzbauten zu finden, fände nicht statt, so Leßmann. Bürgermeister Veith Lemmen nickt: &bdquo;Wir haben gar nicht das Personal, alles zu überwachen.“ Gerodete Bäume &bdquo;Bei einer Begehung haben wir festgestellt, dass die Rodung oberhalb der Reitanlage bereits irreparabele Schäden bei den stehen gebliebenen Buchen verursacht haben“, beklagt Lüker. Die Rinde sei durch die pralle Sonne an vielen Stellen aufgeplatzt und verbrannt, &bdquo;die Bäume werden absterben, da die Rinde kein Wasser mehr transportieren kann“. Die Umweltschützer berichten, dass dem Regionalforstamt keine Genehmigung für den Kahlschlag vorgelegen habe. Für sie ist klar: &bdquo;Wir fordern eine Aufforstung, um weitere Schäden an den bestehenden Bäumen zu verhindern, außerdem die Zahlung eines Bußgeldes durch die Eigentümerin.“ Randbereiche zum Wald Was die BUND-Kreisgruppe beklagt, bestätigt Jörn Leßmann: massive Abgrabungen und Veränderungen der Böschungsverläufe an der Nordseite der Straße Im Kloster. Reitplatz Hier hat es offenkundig Geländeauffüllungen mit Recyclingmaterial und Bodenaufschüttungen gegeben. Außerdem seien Winkelstützen von bis zu vier Metern Höhe zwischen Reitplatz und Reithalle sowie an der Böschzung zur Straße Im Kloster eingebaut worden. Zugeschüttetes Biotop Besonders ärgert den BUND, dass ein geschütztes Biotop zugeschüttet und unwiederbringlich zerstört, eine Bachaue planiert und dem Erdboden gleichgemacht wurde. Imprägnierter Weidezaun Große Sorgen macht den Umweltschützern der Weidezaun. &bdquo;Es besteht der Verdacht, dass die Hölzer mit in Deutschland inzwischen verbotenem, hochgiftigen Teeröl behandelt wurden“, sagen sie. Zur weiteren Klärung hätten sie die Untere Abfallbehörde eingeschaltet. Wie Biologin Andrea Groß ausführt, bestehe Teeröl oder Kreosot zum Großteil aus Polyzyklischen Aromatischen Kohlenwasserstoffen, kurz PAKs. Diese könnten sich in der Luft verflüchtigen oder bei Regen ausgewaschen werden und dann Böden, Grund- und Trinkwasser belasten. Kritisch sei auch, dass sie in der Natur nicht abgebaut würden. Eine Gefahr für Pflanzen, Tiere und am Ende auch für den Menschen. &bdquo;Viele der Stoffe gelten zudem als krebserregend“, so Groß. Diskussion um den Weidezaun auf dem Areal Wolfgang Böhm kritisiert, dass sich Stadt und Kreis mit der Holzanalyse, die die Eigentümerin in Auftrag gegeben hatte, zunächst zufriedengegeben hätten. &bdquo;Dabei weiß jeder: Wer die Musik bestellt, bestimmt, was gespielt wird.“ Die zweite Laboruntersuchung sei da von einem anderen Kaliber gewesen. Anne-Kathrin Warzecha (Grüne) findet, dass es ein legal aufgebauter Zaun nicht besser mache: &bdquo;Schädlich sind die Stoffe allemal.“ Georg Hartl (SPD) bestätigt: &bdquo;Es ist wie mit Asbest. Da wurde auch lange gesagt: Solange ihr es nicht anfasst, ist es nicht so schlimm.“ Detlef Wind (SPD), Geologe und seiner Aussage nach seit 40 Jahren mit der Beseitigung von Schäden im Grundwasserbereich beschäftigt, mildert ab: Zwar seien manche PAKs hochgiftig. &bdquo;Aber so dramatisch, wie die Situation hier dargestellt wird, ist sie nicht.“ Bürgermeister Lemmen wirbt um Sachlichkeit in der Sache Die Stoffe seien schwer wasserlöslich und würden nicht so schnell vom Holz abgespült. &bdquo;Hier wird viel fragmentarisches Wissen in einen Topf geworfen“, beklagt er. Auch Bürgermeister Veith Lemmen wirbt um Sachlichkeit: &bdquo;Es gibt keinerlei Hinweise, dass die Stoffe ins Trinkwasser gelangt sein könnten.“ Was der BUND nicht ausschließt. Zumal die Hölzer vor dem Aufbau &bdquo;unsachgemäß auf dem Waldboden gelagert“ worden seien. In die Luft geraten die Partikel allerdings durchaus. Groß berichte, dass der Zaun noch immer stark ausgasen würde. Auf keinen Fall sollte man ihn mit bloßen Händen anfassen. Der Bauherrin sei empfohlen worden, den Zaun zurückzubauen &bdquo;Aber was ist mit Kindern, die hier vielleicht demnächst mit ihren Eltern spazieren gehen und die Pferde auf der Weide streicheln oder füttern wollen? Sie fassen doch automatisch den Zaun an.“ Lüker fragt sich zudem, warum die Eigentümerin &bdquo;ihren Pferden einen solchen Zaun antut“. Aufgebaut wurde der Zaun um den Februar 2023, da dies rechtlich noch zulässig war. Seit dem 30. April 2023 dürfen mit Kreosot imprägnierte Hölzer in Deutschland nicht mehr in Verkehr gebracht werden. Gekauft wurde das Material bereits 2022, so Leßmann. &bdquo;Da ist rechtlich nichts zu beanstanden.“ Lesen Sie auch: Reitanlage im Kreis Gütersloh illegal umgebaut? Unternehmerin muss Bau stoppen Zwar habe man der Bauherrin bei einem Ortstermin im März 2024 empfohlen, den Zaun zurückzubauen. &bdquo;Eine Handhabe, dies einzufordern, haben wir allerdings nicht.“ Besitzerin der Reitanlage sei &bdquo;öffentlich durch den Kakao“ gezogen worden Kritik am Vorgehen des BUND übt Hannes Dicke-Wentrup (Freie). Er will wissen, warum er nicht früher versucht habe, die Besitzerin zu kontaktieren. Stattdessen habe man sie öffentlich durch den Kakao gezogen. Dagegen verwahrt sich Lüker: &bdquo;Wir haben gleich zu Beginn versucht herauszufinden, wer der Eigentümer oder die Eigentümerin der Anlage ist. Aber der Datenschutz hat uns total gehemmt. Es war schwer, überhaupt den Namen der Eigentümerin herauszufinden. Bis heute haben wir nur ihre Firmenanschrift in Leopoldshöhe.“ Und er sagt auch: &bdquo;Die Frau spricht mit niemandem.“ Ordnungsbehördliches Verfahren ist laut Kreis Gütersloh angelaufen Anne-Kathrin Warzecha (Grüne) fasst das ganze Dilemma um die Reitanlage am Ende zusammen: Dass nun festgestellt werden müsse, welche Erweiterungsbauten und Eingriffe in die Natur illegal waren, welche gegebenenfalls geahndet werden und welche man schließlich dulden müsse. Und sie wirft einen stillen Vorwurf in den Raum: &bdquo;Ich nehme mich selbst gar nicht aus. Aber wir sind alle gefragt, aufmerksamer zu sein. Es ist nicht gut, dass die Arbeiten am Bergkamp niemandem aufgefallen sind.“ Und wie geht es jetzt weiter? Leßmann dazu: &bdquo;Wir haben ein ordnungsbehördliches Verfahren in Gang gesetzt. Dazu wurde die Verursacherin angehört und hat nun Gelegenheit, Stellung zu beziehen.“ Da es sich um ein laufendes Verfahren handelt, könne er keine weiteren Details nennen.

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