Versmold. Dass dort etwas auf dem Areal an Versmolds Hauptdurchfahrt der B476 passieren würde, deutete sich schon vor Monaten an. Auf der Fläche zum Westheider Weg hin, zwischen Kreisverkehr und Bahnschienen, wurden Erd- und Rodungsarbeiten durchgeführt. Doch was es damit auf sich hatte, dazu war zunächst nichts vom Unternehmen zu erfahren. Ohnehin ist man, was Öffentlichkeitsarbeit betrifft, eher defensiv. Nun hat Teil eins des großen Bauprojektes begonnen. Der richtige Zeitpunkt für Geschäftsführer Robert Fortmeier, die Erweiterungspläne vorzustellen.
Mit ihm am Tisch im Besprechungsraum sitzt Frank Arlt, der neue Mann an der Spitze des Versmolder Traditionsunternehmens. Seit dem 1. Juli ist der Hövelhöfer (53) zusammen mit Fortmeier Geschäftsführer der Helmut Brüninghaus GmbH & Co. KG. Anfang Juli wurde auch der Baukran auf dem Grundstück am Brüggenkamp aufgestellt. Frank Arlt begleitet eine der größte Investitionen der jüngeren Unternehmensgeschichte.
In zwei Bauabschnitten wächst der Kronenkorkenhersteller um etwa zwei Drittel seiner Betriebsfläche. Teil eins umfasst den Bau einer neuen Produkions- und Lagerhalle; die Arbeiten haben jüngst begonnen. Ende des Jahres, spätestens Anfang 2024 soll der Bau zur Bahnlinie hin in Betrieb genommen werden. Zu diesem Zeitpunkt, so sieht es der Plan vor, läuft schon der zweite Abschnitt: Zum Brüggenkamp hin entsteht ein neues Hochregallager mit etwa 2.000 Stellplätzen. Die Fertigstellung ist für Ende 2024 anvisiert.
20.000 Tonnen Stahl kommen jährlich über die Schiene

künftig hauptsächlich über den Westheider Weg (r.) abgewickelt. | © Brüninghaus
Die Weichen für die Erweiterung wurde bereits vor zwei Jahren mit dem Kauf zweier benachbarter Grundstücke gestellt. Apropos Weiche: Der unternehmenseigene Bahnhof spielt in den Plänen eine wichtige Rolle. Der Gleisbereich wird so aus- und umgebaut, dass künftig mehr Waggons abgestellt werden können. Damit entfällt das Rangieren, das immer wieder zu geschlossenen Bahnschranken am Westheider Weg führt.
Brüninghaus ist eines von zwei Unternehmen in Versmold, das regelmäßig über die Schiene angefahren wird. Knapp 20.000 Tonnen Stahl kommen jährlich per Güterzug aus Richtung Gütersloh über die TWE-Strecke - ein wichtiger Standortvorteil. Robert Fortmeier zieht zum Vergleich eine Zahl heran: "Das wären etwa 800 Lkw - eine erhebliche Immissionsbelastung, wenn wir den Bahnverkehr nicht hätten." Pro Woche erreichen das Unternehmen drei Anlieferungen mit je zwei bis drei Waggons. Künftig können mit dem neuen System auf dem Betriebsgelände bis zu zehn Waggons zwischenparken. Es braucht also weniger Güterzug-Bewegung.
Die gerade erfolgte Freigabe der sanierten TWE-Strecke Richtung Norden hat, so der Geschäftsführer, erst einmal keine direkten Auswirkungen auf die Helmut Brüninghaus GmbH & Co. KG. Grundsätzlich aber ist damit ein wichtiger Schritt getan, um die Strecke perspektivisch für den Güterverkehr zu sichern. Aus Arbeitgebergebersicht wäre zudem die Nutzung im Personenverkehr wegen der besseren Erreichbarkeit wünschenswert.
Lkw-Anfahrt künftig größtenteils über die B476
Die Fertigware - beeindruckende 8,5 Milliarden Kronenkorken jährlich - verlässt übrigens im Lkw das Unternehmen. Grund ist die Just-in-Time-Anlieferung an die jeweiligen Kunden und die mit ihr verbundene, zu geringe Menge pro Brauerei für eine Bahnlieferung.
Der Lkw-Verkehr wird bislang über den Brüggenkamp abgewickelt, an nur einer Andockstation. Das führt mitunter zu Rückstau auf der kleinen innerstädtischen Verbindungsstraße am ZOB. "In ungünstigen Phasen stehen hier drei Lkw", sagt Fortmeier. Mit der Erweiterung jetzt wird der Brüggenkamp "deutlich entlastet", kündigt der Brüninghaus-Geschäftsführer an. Drei Viertel des Lkw-Verkehrs werden nach Fertigstellung über eine neue Zufahrt am Westheider Weg den Betrieb ansteuern. Damit auf der B476 zwischen Bahnschiene und Kreisel keine Rückstaus entstehen, ist ein entsprechend großer Aufstellbereich vor dem neuen Werkstor geplant.
Gegründet 1909 als „Leder- und Metallwarenfabrik Versmold" hat sich das inhabergeführte Unternehmen seit 1954 auf die Herstellung von Kronenkorken spezialisiert. Gut 60 Mitarbeiter sind am Brüggenkamp beschäftigt. Fünf Prozent der Waren werden nach Afrika exportiert; der überwiegende Teil geht zu Kunden in Europa. Überwiegend sind Kronenkorken aus Versmold auf Bierflaschen zu finden - der Markt für Mischgetränke und Softdrinks nimmt aber zu. "Glas ist eine recht nachhaltige Verpackung", nennt Robert Fortmeier einen Vorteil.
Wachstum in allgemein schwierigen Zeiten
Seit Anfang 2018 ist er als geschäftsführender Gesellschafter im Versmolder Unternehmen. Dr. Dagmar Nowitzki hatte den Betrieb aus Gründen der fehlenden Nachfolge an die Schloß Holter Unternehmer-Familie Fortmeier verkauft. Gegenüber dieser Redaktion hatte die langjährige Chefin seinerzeit angegeben: „Es ist ausdrücklich mein Wille, dass hier weiterhin in dem Ausmaß investiert wird, wie das in den letzten Jahren erfolgt ist."
Diesen Kurs setzt Robert Fortmeier fort. Die Investition scheut der Unternehmer in unsicheren Zeiten nicht. Der Vorteil von Brüninghaus: "Der Getränkeabsatz ist unabhängig von der Konjunktur ein stabiler Markt." Mit dem Millionenprojekt entzerrt Brüninghaus insgesamt die Abläufe auf dem Werksgelände, optimiert Arbeitsprozesse und schafft mehr Lagerkapazitäten. Zudem wird die Produktion erweitert. So investiert das Unternehmen in eine Coilanlage, um im Sinne von besserer Wertschöpfung den Materialeinsatz zu verbessern. Dadurch ist ein höherer Output möglich.
Robert Fortmeier und Geschäftsführer-Kollege Frank Arlt geben als Ziel aus, "vorsichtig wachsen" zu wollen. Umsatzzahlen indes nennen sie nicht. Da ist sie wieder, die gewohnte Zurückhaltung.