Rentner kämpft um seine Altersvorsorge - viele Arbeitnehmer sind auch betroffen

Kreis Gütersloh. Seinen Verlust beziffert der Rentner aus Siedinghausen auf etwa 15.000 Euro. Das ist die Summe, die Udo Raabe von seinen ausgezahlten Leistungen in den kommenden Jahren als Beitrag an die gesetzliche Krankenkasse abführen muss. Geld, das, so glaubte er beim Blick auf die jährlichen Bescheide, eigentlich als Altersvorsorge dienen sollte. Doch die Politik machte dem Bockhorster einen Strich durch die Rechnung – wie etwas 18 Millionen anderen Betroffenen in Deutschland auch. Der Verein der Direktversicherungsgeschädigten (DVG) will das nicht hinnehmen, informiert und setzt sich dafür ein, dass die Gesetzgebung wieder geändert wird. Bundesweiter Protest am Samstag Udo Raabe gehört dem Verein seit vergangenem Jahr an. Seit vergangener Woche gibt es einen Arbeitskreis im Altkreis Halle, deren Sprecher Raabe ist. Sein Stellvertreter ist Gerhard Flottmann, der ebenso aus Versmold stammt und heute in Gütersloh wohnt. Seine Auszahlung steht noch bevor – er weiß, dass er Verluste haben wird. Zusammen mit drei weiteren Betroffenen haben Raabe und Flottmann die Altkreisgruppe gegründet. Für Samstag sind bundesweite Protestaktionen geplant – auch in Versmold. Von 10 bis 13 Uhr sind Vereinsmitglieder mit einem Stand auf dem Marktplatz vertreten. &bdquo;Wir wollen informieren und Mitglieder für uns gewinnen", sagt Udo Raabe. Er hofft zudem auf das Gespräch mit heimischen Politikern. Viele, auch junge Leute mit noch neuen Verträgen, wüssten überhaupt nicht, dass sie betroffen seien. Bis zu dem Zeitpunkt nach der Auszahlung, wenn Post von der Krankenkasse kommt. &bdquo;Das ist Vertragsbruch und Betrug", sagt Udo Raabe. &bdquo;Hätten wir das vorher gewusst, hätten wir diese Verträge nicht abgeschlossen oder sie umgestellt." Ursache für den Ärger der Betroffenen ist das Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung, das 2004 von der Bundesregierung im Zuge der Gesundheitsreform verabschiedet wurde. Seither gelten Kapitalleistungen aus der betrieblichen Altersversorgung (Direktversicherungen und Betriebsrenten) als beitragspflichtige Versorgungsbezüge. In diesem Zusammenhang ist von Doppelverbeitragung die Rede, weil sowohl Arbeitnehmer- als auch Arbeitgeberanteil vom Versicherten zu zahlen sind. Insgesamt ergeben sich dadurch Beiträge zur Krankenversicherung von knapp 20 Prozent der Kapitalsumme – egal ob Alt- oder Neuverträge. Ein herber Verlust für jene, die privat fürs Alter vorsorgen wollten. Privatversicherte sind davon ausgenommen. &bdquo;Da fragt man sich, was für eine Zweiklassen-Gesellschaft wir haben", moniert Udo Raabe. &bdquo;Der Staat hat elementare Rechtsgrundsätze des Rechtsstaates verletzt" &bdquo;Der Staat hat durch diesen Eingriff in die laufenden Direktversicherungsverträge den prognostizierten Kapitalertrag erheblich gekürzt. Es gab für Arbeitnehmer keine Übergangslösungen und keine Ausstiegsmöglichkeiten", kritisiert der Verein. &bdquo;Der Staat hat durch dieses Vorgehen elementare Rechtsgrundsätze des Rechtsstaates verletzt." Udo Raabe sieht sich von der Politik um sein Geld betrogen – und wird nicht müde, sich für die Interessen der Geschädigten einzusetzen. &bdquo;Das Schlimme – neben dem finanziellen Verlust – ist, dass der Glaube an die Demokratie stark demoliert ist", sagt der Bockhorster. Mit dem Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus hat er bereits gesprochen, am Montag ist die SPD-Bundestagsabgeordnete Elvan Korkmaz-Emre in Halle beim Verein zu Gast. &bdquo;Politik hat das Thema erkannt", schildert Gerhard Flottmann seinen Eindruck. Der Vorschlag von Gesundheitsminister Jens Spahn, die Krankenkassenbeiträge ab 2020 zu halbieren, aber scheiterte. Bisher hat also noch niemand in Berlin eine Lösung vorlegen können, das Gesetz zu ändern, und – erst recht nicht – Milliarden an die Rentner zurückzuzahlen. Die DVG wird sich weiter Gehör verschaffen.

Meistgelesen