Versmold

Vier Jahre lang forderte er vergeblich Geld - jetzt muss seine Versicherung doch zahlen

Seit vier Jahren fordert Johannes Diekriede sein Geld von der Versicherung - vergeblich. Jetzt entdeckt sein Anwalt einen Passus in der Police, der den Rechtsstreit beendet

Johannes Diekriede. | © Kerstin Spieker

23.05.2019 | 23.05.2019, 16:07

Versmold. Als Johannes Diekriede am 18. Oktober den Saal 40 des Bielefelder Landgerichtes verließ, musste er davon ausgehen, im mehrjährigen Rechtsstreit mit seinem privaten Berufsunfähigkeitsversicherer, der Athene Lebensversicherung AG, unterlegen zu sein. Die ebenso überraschende wie plötzliche Wende im Fall kann er noch immer kaum fassen. Ende April nämlich teilte die von der Athene beauftragte Anwaltskanzlei mit, die geforderten Leistungen nun doch ohne weitere Diskussionen und Abzüge erbringen zu wollen. „Und 80 Prozent des Geldes habe ich schon auf dem Konto", erklärt Johannes Diekriede.

Die Erleichterung ist dem Versmolder anzumerken. Denn immerhin unterzeichnete er 2008 den Vertrag über die Berufsunfähigkeitsversicherung, um eine eventuelle Versorgungslücke im Falle eines Verlustes seiner Arbeitskraft vor Erreichen des regulären Rentenalters zu schließen. Dass der Fall schon sechs Jahre später tatsächlich eintreten würde, hatte er natürlich nicht erwartet.

Alarmierende Symptome

Sein Arzt hatte an Johannes Diekriede schon vor dem endgültigen Zusammenbruch alarmierende Erschöpfungssymptome wahrgenommen und seinen Patienten gewarnt. „Aber ich war immer der starke Mann, Abteilungsleiter bei Wiltmann", erinnert sich Diekriede. 2014 erlitt er mit 59 Jahren einen leichten Schlaganfall und brach unter einem schweren Burn out zusammen.

Ein Gutachter und das Expertenteam in der Reha-Einrichtung attestierten seine 100-prozentige Berufsunfähigkeit. Am 8. Juni 2016 erhielt er den Bescheid der Deutschen Rentenversicherung. Bis zum 31. Dezember 2020 wurde ihm eine Erwerbsminderungsrente zuerkannt. Dann wird er 65 Jahre alt sein und das reguläre Rentenalter erreichen. Die Rentenkasse zahlt rückwirkend.

Er wollte sich nicht geschlagen geben

Für Johannes Diekriede war die Sache klar: Jetzt muss auch seine private Berufsunfähigkeitsversicherung zahlen. Die blieb jedoch bei ihrer Weigerung. Ein von der Versicherung beauftragter Gutachter hatte gemeint, dass Johannes Diekriede durchaus aber noch vier bis fünf Stunden am Tag berufstätig sein könnte.
Der Versmolder zog vor Gericht. Was folgte, füllte viele Aktenordner.

Verhandlungen am Bielefelder Landgericht, bei denen eigentlich nur einer immer präsent war: der Kläger Johannes Diekriede. Die rechtlichen Vertreter der Athene wechselten bei jedem Termin. Ebenso wie die Person auf dem Richterstuhl. Und sogar die von Johannes Diekriede beauftragte Kanzlei schickte nacheinander drei Rechtsanwälte ins Rennen. „Es war zermürbend und hat mich Lebensenergie gekostet", sagt Diekriede. Aber er habe sich nicht geschlagen geben wollen. „Die wollten mich weichkochen und ich wollte mich nicht billig abspeisen lassen."

Auf Gerichts- und Anwaltskosten in Höhe von 20.000 Euro sitzen bleiben

Im Oktober 2018 dann glaubte Diekriede seinen Kampf verloren. Das Gericht unterbreitete einen letzten Vergleichsvorschlag über einen Betrag von 41.000 Euro. „Und ich willigte tatsächlich ein, weil ich fürchtete, sonst gar nichts zu bekommen und auf Gerichts- und Anwaltskosten in Höhe von 20.000 Euro sitzen zu bleiben."

Hätte die Athene eingeschlagen, wäre die Sache vermutlich genau so zu Ende gegangen. Stattdessen allerdings lehnte sie den Vergleich ab und bot 20.000 Euro an. „Mein Anwalt muss sich dadurch wohl angestachelt gesehen haben", berichtet Diekriede. Jedenfalls erhielt er einen Anruf seines Rechtsvertreters. Eine bis dahin unbeachtete Regelung im Vertrag nämlich sieht vor, dass bei der Zusprechung einer unbefristeten Erwerbsminderungsrente aus gesundheitlichen Gründen durch die Deutsche Rentenversicherung bei Vollendung des 55. Lebensjahres die Athene ohne eigenes Prüfrecht zahlen muss.

Und dann ging alles ganz schnell

„Nach dem Anruf ging alles ganz schnell. Die Athene erkannte die Forderung sofort an und zahlte auch schon den Großteil. Meine Gerichts- und Anwaltskosten wird sie ebenfalls übernehmen", so der Versmolder. Für ihn ist die Schlacht geschlagen – und er hat gewonnen. Nur mit Scharmützeln rund um die Verzinsung der zustehenden Gelder sowie Kosten für Gutachterfahrten rechnet Johannes Diekriede noch.