Wie dieses Unternehmer-Paar im Kreis Gütersloh die Betriebskultur revolutioniert

Verl. Michael und Nicole Hauphoff aus Verl im Kreis Gütersloh haben es am eigenen Leib erfahren: &bdquo;Wenn man nicht die richtigen Informationen hat, wenn man nicht weiß, wen man ansprechen kann, wird man schnell zum Spielball des Systems.“ Was man dann garantiert nicht bekommt: rasche Hilfe. Der Bauunternehmer und seine Frau wollen verhindern, dass es ihren Mitarbeitern ähnlich ergeht, wenn der Ernstfall eintritt, wenn ein enger Angehöriger schwer erkrankt und auf Pflege in der eigenen Familie angewiesen ist. Nicole Hauphoff hat sich deshalb 2023 zur betrieblichen Pflegelotsin qualifizieren lassen. Damals war sie eine der ersten geschulten Vertrauenspersonen in Nordrhein-Westfalen, und noch heute ist sie die Einzige in einem Handwerksbetrieb im Süden des Kreises Gütersloh. Kind des Bauunternehmers von Geburt an behindert 2008 wurden Michael und Nicole Hauphoff glückliche Eltern. Vom ersten Tag an sahen sie sich allerdings einer völlig neuen Situation gegenüber: Jana ist von Geburt an behindert, halbseitig gelähmt und auf Pflege angewiesen. Als ihre Tochter nach einem halben Jahr aus dem Krankenhaus entlassen wurde, waren sie auf sich gestellt. Oder, wie Michael Hauphoff sich erinnert: &bdquo;Wir standen buchstäblich allein im Wald.“ Das Ehepaar arbeitete sich in das Thema ein. Nicole Hauphoff besuchte ein dreitägiges Seminar in Aschaffenburg und lernte, was möglich ist und Betroffenen rechtlich zusteht. Und mit der Zeit sammelten sie Erfahrungen. Oft keine angenehmen. &bdquo;Bis vor drei Jahren gab es nicht ein Hilfsmittel, nicht eine Reha-Maßnahme, die der Kostenträger nicht grundsätzlich erst einmal abgelehnt hätte“, sagt Michael Hauphoff. Da hilft es, über ein entsprechendes Netzwerk zu verfügen und zu wissen, wo es welches Hilfsangebot gibt. Verlerin lässt sich als betriebliche Pflegelotsin ausbilden Hauphoff will Mitarbeitern helfen, die in eine ähnliche Situation geraten. 2023 unterzeichnete er die &bdquo;Charta zur Vereinbarkeit von Beruf und Pflege“. Damit zeichnet das Land Nordrhein-Westfalen Firmen, Behörden und Organisationen aus, die sich dafür in ihrem Betrieb einsetzen und damit auch einen Beitrag zur Fachkräftesicherung leisten. Nicole Hauphoff ließ sich bei der ketB Erwachsenen- und Familienbildung in Paderborn als betriebliche Pflegelotsin schulen. 15 Männer und Frauen saßen in dem Kurs; sie kamen aus Bielefeld, Gütersloh, Paderborn und sogar aus dem Sauerland. Inzwischen bietet auch die Wirtschaftsförderungsgesellschaft des Kreises Gütersloh pro WirtschaftGT solche Weiterbildungen an – die Vereinbarkeit von Beruf und Pflege hat als Thema an Bedeutung gewonnen und die Betriebe erreicht. Angst vor Verlust des Arbeitsplatzes wächst Wo findet man externe Hilfs- und Beratungsangebote? Wie sehen die gesetzlichen Regelungen aus, und wo kommt vielleicht der Arbeitgeber seinen pflegenden Mitarbeitern entgegen? Die 49-Jährige kann als betriebliche Vertrauensperson Unterstützung anbieten. Als betriebliche Pflegelotsin hat sie Zugang zu einem digitalen Hilfsportal und einem Netzwerk von Partnern, unterstützt durch das Landesprogramm &bdquo;Vereinbarkeit von Beruf und Pflege“. Denn die Pflege eines Angehörigen stellt eine große Herausforderung und Belastung dar. Zur möglichen Überforderung kommt die Frage, wie man das im beruflichen Alltag alles voreinander bekommen kann. Überstunden sind schnell aufgebraucht, der Urlaub ebenfalls. Und was dann? Laut Corinna Schwedthelm, Projektreferentin vom Netzwerkbüro &bdquo;Erfolgsfaktor Familie“ in Berlin, lassen sich Betroffene häufig &bdquo;krankschreiben, weil sie nicht wissen, wie sie es anders regeln sollen“. Die Folge sind ein schlechtes Gewissen, Angst vor dem Verlust des Arbeitsplatzes, die Sorge vor beruflichen Nachteilen. Lesen Sie auch: Pflegende Angehörige gehen dem Arbeitsmarkt verloren: Das können Unternehmen tun Verler Unternehmen kann heute schnell reagieren Das zu verhindern, dafür ist Nicole Hauphoff erste Ansprechpartnerin in dem Verler Unternehmen mit 63 Beschäftigten. Dass sie die Frau des Chefs ist, sei kein Problem. &bdquo;Die Mitarbeiter wissen, dass wir die Situation kennen und für ihre Lage Verständnis haben.“ Vor 20 Jahren sei das bei ihm sicherlich noch &bdquo;schwierig“ gewesen, räumt Michael Hauphoff ein, der sich selbst als ehrgeizig beschreibt und an sein Bauunternehmen den Anspruch stellt, &bdquo;stets zehn Prozent besser zu sein als die Mitbewerber. Das geht auf der Baustelle mit der Sauberkeit los, reicht aber auch bis zu dem Bemühen, die guten Leute zu halten.“ Lesen Sie auch: Außergewöhnliche Baustelle im Kreis Gütersloh sorgt für Aufsehen: Sogar TV-Teams vor Ort Im Notfall werde heute schnell reagiert. Muss sich ein Mitarbeiter kurzfristig um ein erkranktes Familienmitglied kümmern, &bdquo;dann kann das entweder die Baustelle verkraften, oder es wird sofort umdisponiert“. Am Ende hilft das dann allen Beteiligten: dem Mitarbeiter, dem Unternehmen und dem Pflegebedürftigen. &bdquo;Es muss sich etwas verändern“, sagt Michael Hauphoff. &bdquo;Wenn wir so weitermachen wie bisher, dann gehen wir in zehn Jahren an jemandem vorbei, der hilflos daliegt. Eine solche Gesellschaft will ich nicht.“

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