Verl. Die Folgen dieses Fahrfehlers waren verheerend: Weil eine 20-jährige Bielefelderin trotz Verbots mit ihrem Opel Corsa in der Autobahnunterführung der Bleichestraße in Fahrtrichtung Verl ein anderes Fahrzeug überholte und zeitgleich aus der dahinter einmündenden Grünstraße ein anderes Auto auf die Bleichestraße einbog, sind Mitte Dezember bei einem Verkehrsunfall fünf Menschen zum Teil schwer verletzt worden. An den vier beteiligten Fahrzeugen entstand Totalschaden. Es war aber nicht der erste schwere Verkehrsunfall auf der Kreisstraße an dieser Stelle. Die zuständigen Behörden prüfen, wie sie hier künftig für mehr Sicherheit sorgen können.
Klar ist: Hätten sich alle Verkehrsteilnehmer korrekt und umsichtig verhalten, wäre nichts passiert. Einige Meter vor der Unterführung der A2 gilt bereits in Fahrtrichtung Verl ein Überholverbot, kurz davor beginnt die durchgezogene Mittellinie.
Und auch die Autofahrerin, die mit ihrem BMW hinter der Unterführung von der Grünstraße aus nach rechts auf die Bleichestraße in Richtung Bielefeld abbiegen wollte, hätte die gefährliche Situation möglicherweise erkennen können. Denn der Einmündung gegenüber wurde schon vor einigen Jahren ein Verkehrsspiegel aufgestellt, der den Blick in die Unterführung ermöglichen soll.
Ein Spiegel an der Stelle ist nur zweite Wahl
Doch der Spiegel stelle nur „die zweitbeste Wahl“ da, sagt Werner Landwehr vom Fachbereich Sicherheit und Ordnung im Verler Rathaus. Regelmäßig muss er frei geschnitten werden, wenn wieder mal die umliegenden Sträucher zu groß geworden sind. Bei Raureif und Nebel beschlägt er. Außerdem macht es für den ungetrübte Blick einen Unterschied, wie sich ein Abbieger auf der Grünstraße einordnet, wie weit links oder rechts er anhält und ob er in einem sportlich niedrigen Fahrzeug sitzt oder im hoch gelegenen Führerhaus eines Lastwagens.
Schon vor dem jüngsten Unfall habe die Stadt deshalb Gespräche mit dem Straßenbaulastträger Kreis Gütersloh und der Kreispolizeibehörde geführt, was man an dieser Stelle für mehr Sicherheit tun könnte, sagt Landwehr. Die Geschwindigkeit ist auf der Kreisstraße bereits von 100 auf 70 km/h herabgesetzt. Möglicherweise reicht das aber nicht.
Der Kreis Gütersloh betreibe auf der Bleichestraße drei Messstellen, an denen im ausgehenden Jahr mehr als 30 Mal die Geschwindigkeit der Verkehrsteilnehmer gemessen worden sei. Dennoch werde hier immer wieder zu schnell gefahren, teilt die Kreisverwaltung auf Nachfrage mit. Im Bereich der Autobahnunterführung werde das Überholverbot häufiger missachtet. Es erstreckt sich derzeit auf eine Länge von ungefähr 350 Metern.
Offiziell kein Unfallschwerpunkt
        
                    Einen Unfallschwerpunkt nach der geltenden Definition gebe es zwar nicht, auch keine „Unfallhäufungslinie“. Dennoch werde jetzt geprüft, ob die Strecke des Überholverbots verlängert werden kann. Zusätzlich zur Beschilderung könnte die Mittellinie weiter durchgezogen werden. „Zudem wird geprüft, in diesem Bereich Tempo 50 einzurichten.“ Der Kreis kündigt an, auch dann weiterhin Geschwindigkeitsüberwachungen vornehmen zu wollen.
Mehr scheint aktuell nicht möglich. Das gilt auch für die Sicherheit von Fahrradfahrern. Wie berichtet, plant die Stadt Verl, den Radweg entlang der Bleichestraße in Richtung Bielefeld weiterzubauen. Heute endet er hinter der Bushaltestelle am Binsenweg.
Die Stadt hat, obgleich der Kreis als Straßenbaulastträger zuständig wäre, die Planung selbst in Auftrag gegeben. Denn „im Alltagsradwegenetz des Kreises ist dieser Streckenabschnitt nicht verzeichnet, also nicht prioritär“, teilt der Kreis Gütersloh auf Nachfrage mit. Mit anderen Worten: Vorläufig wird das nichts.
Brückenneubau kann Jahre dauern
Außerdem bleibt dann ja immer noch das Nadelöhr Autobahnunterführung. Sowohl im Rathaus Verl als auch im Kreishaus Gütersloh gibt es die Information, die Autobahn GmbH plane bereits eine neue Brücke der A2 über die Bleichestraße. Heute bietet die Unterführung keinen Platz für einen Radweg. Der Querschnitt reicht gerade einmal für die Straße selbst. „Aller Erfahrung nach kann so ein Neubau Jahre dauern“, teilt die Kreisverwaltung wenig optimistisch mit.
Im Sommer 2019 hatte es auf der Bleichestraße an gleicher Stelle bereits schon einmal einen schweren Unfall gegeben. Ein 26 Jahre alter Mann war dabei ums Leben gekommen. Der Wagen seines vier Jahre jüngeren Begleiters war auf Höhe der Autobahn nach links von der Fahrbahn abgekommen und gegen den Brückenpfeiler geprallt. Während der 22-Jährige schwer verletzt an der Unfallstelle zurückblieb, konnte der Beifahrer das Fahrzeug verlassen. Möglicherweise im Schockzustand erklomm er die Böschung zur A2, während er den Polizei-Notruf wählte. Wenig später wurde er auf der Autobahn von einem Lastwagen erfasst und tödlich verletzt.