Gibts in dieser Stadt im Kreis Gütersloh bald kein Bauland mehr auf dem freien Markt?

Verl. 1.300 Wohnungen müssen bis zum Jahr 2035 in Verl neu gebaut werden. Das sind 100 pro Jahr – eine große Aufgabe. Diesen Bedarf konstatiert Stefan Lehnert, der für das Institut für Wohnen und Stadtentwicklung in Hamburg im Auftrag der Stadt Verl eine Wohnraumbedarfsanalyse mit Handlungsempfehlungen erarbeitet hat. Eine davon birgt Zündstoff: Lehnert rät der Kommune, künftig nur noch dann Bauland neu auszuweisen, wenn sie sich die volle Verfügungsgewalt über die entstehenden Grundstücke sichern kann. &bdquo;100-zu-0-Regelung“ nennt der Gutachter das. Heute gilt in Verl das Verhältnis 60 zu 40. Nur wenn die Stadt 60 Prozent des Baulands vorab erwerben und später zu einem günstigeren als dem Preis auf dem freien Markt weiterverkaufen kann, wird ein neues Baugebiet erschlossen. Die restlichen Flächen dürfen die Grundstückseigentümer selbst vermarkten. Dieses Verfahren soll dem zuletzt enormen Grundstückspreisanstieg entgegenwirken. Seit einigen Jahren werde das in Verl konsequent durchgesetzt, sagte Thorsten Herbst in der Fachausschusssitzung. &bdquo;Und es hat funktioniert.“ Allerdings ist laut Lehnert die Quote kommunalen Baulands in Verl gegenüber dem Umland vergleichsweise gering. Jede vierte neue Wohnung eine Sozialwohnung Dass die konsequente Durchsetzung auch bei einer &bdquo;100-zu-0-Regelung“ der Fall sein würde, bezweifelte Paul Hermreck (FWG). &bdquo;Führen Sie dann mal die Verhandlungen mit den Grundstückseigentümern. Viel Spaß dabei.“ Lehnert sieht in dem Verfahren noch weitere Vorteile für die Stadt. So werde sich die Zahl der Baulücken in künftigen Neubaugebieten verringern, weil für ein kommunal vergebenes Grundstück in aller Regel die Verpflichtung gilt, es innerhalb eines bestimmten Zeitraums auch zu bebauen. Teure Infrastruktur wie Straßen und Kanäle liegen dann nicht unnötig lange brach. Hermreck glaubt auch nicht, dass sich der Anteil öffentlich geförderter Wohnungen am Gesamtbestand vergrößern lässt. Auch das empfiehlt das Gutachten. &bdquo;Niemand wird Ihnen dafür die Türen einrennen“, sagte der ehemalige Bürgermeister voraus. Das Wohnraumbedarfskonzept hält es für erforderlich, dass mindestens 4 Prozent aller Wohnungen bezahlbar und deshalb öffentlich gefördert sein müssen. Die Stadt solle eine Quote für Sozialwohnraum bei Neubauten einführen. Um das Ziel zu erreichen – im Augenblick liegt der Anteil bei etwa 2 Prozent –, empfiehlt Stefan Lehnert, in den nächsten Jahren jede vierte Wohnung als Sozialwohnung mit einer Mietpreis- und Belegungsbindung zu errichten. Das frei stehende Einfamilienhaus künftig die Ausnahme Helfen sollen dabei &bdquo;langfristig orientierte Bestandshalter“. In Verl ist jedoch lediglich die KHW mit einem nennenswerten Wohnungsbestand aktiv. Das Gutachten rät der Stadt, bei einer auslaufenden Bindung Gespräche mit den Eigentümern mit dem Ziel einer Verlängerung zu führen. Allerdings: Diese Verlängerung ist immer nur freiwillig möglich. &bdquo;Und wer bietet seine Wohnungen dann unterhalb des Mietpreises an, den er auf dem Markt erzielen kann“, gab Helmut Kaltefleiter (CDU) zu bedenken. Insgesamt müsse der Trend weggehen vom klassischen Eigenheim, heißt es in dem Konzept. Mehr Mehrfamilienhäuser, kleinere Grundstücke: &bdquo;Das frei stehende Einfamilienhaus wird künftig eher die Ausnahme als die Regel sein“, so Lehnert bei der Vorstellung vor dem Fachausschuss. Der Mietwohnungssektor sei in Verl vergleichsweise klein. Analog zu dem für Grundstücke für Einfamilien- und Doppelhäuser solle die Stadt deshalb ein eigenständiges Vergabeverfahren für Baugrundstücke für Mehrfamilienhäuser schaffen, so der Gutachter. Damit gewinne die Stadt bei der Umsetzung ihrer Ziele mehr Einfluss. Mit den Vorschlägen der Wohnraumbedarfskonzepts werden sich jetzt erst einmal die Fraktionen intern befassen. Am 17. November soll das Thema erneut im Ausschuss für Stadtentwicklung und Bauen beraten werden.

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