Mais-Alternative: Dieser Landwirt nutzt Energiepflanzen für seine Biogasanlage

Verl/Rietberg. Der große Maisacker ist ein Ort der Ruhe. Man könnte auch sagen, hier herrscht Totenstille. Laut dem Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (LANUV) sind von den 130 Tagfalterarten in Nordrhein-Westfalen bereits mehr als 40 Prozent ausgestorben oder gelten unmittelbar als vom Aussterben bedroht. Auch andere Insektengruppen sind stark gefährdet: Von den 713 Wildbienen- und Wespenarten ist es mehr als jede zweite, für die 63 Ameisenarten gilt das gleiche. 43 Prozent der 369 Laufkäfer- und 48 Prozent der 54 Heuschreckenarten sind gefährdet. Das alles hat Folgen. Wo Insekten keine Nahrung finden, wo sich ihr Nachwuchs nicht entwickelt kann, da fehlen sie als Nahrungsangebot für Vögel. Und die Monotonie eines Maisackers bietet den Tieren eben keinen Lebensraum. Der Mais wächst für einen guten Zweck Dabei wächst hier der Mais sozusagen für einen guten Zweck. Denn ein Drittel des in Deutschland angebauten Mais dient als nachwachsender Rohstoff für die Energieerzeugung in Biogasanlagen. Dennoch bringt das Probleme für Böden und Wasser sowie für die Artenvielfalt mit sich. Dass es auch anders geht, beweist der Druffeler Landwirt Konrad Steinlage auf seinen Ackerflächen in Verl und in Rietberg. Auf insgesamt 15 Hektar baut der 38-Jährige seit fünf Jahren Blühpflanzen für die Biogasproduktion an. Steinlage ist einer von vier Landwirten im Kreis Gütersloh, die nach einer Beratung durch die Biologische Station Gütersloh/Senne auf Energiepflanzen aus Regiosaatgut setzen. Diese Beratung erfolgt inzwischen über das mit öffentlichen Geldern des Landes und des Kreises Gütersloh finanzierte Vital-Projekt &bdquo;Artenreiche Lebensräume" und ist für die Landwirte kostenlos. Am Ende rechnet es sich – für den Bauern und die Natur Der große Vorteil des Regiosaatguts: Die Pflanzen gehören in die heimische Landschaft, &bdquo;es kommt zu keiner Florenverfälschung", sagt Conny Oberwelland, diplomierte Agraringenieurin und Mitarbeiterin der Biostation. Denn bereits bei aus Bayern oder Südeuropa importierten Arten besteht die Gefahr, dass sie heimische Pflanzen verdrängen. Mit möglicherweise fatalen Folgen für die Insekten. Oberwellands Kollegin Claudia Quirini-Jürgens nennt als Beispiel die Flockenblume. Die in herkömmlichen Blühmischungen häufig zu findende nicht heimische Art fällt nicht nur durch hellere Blüten auf, sie blüht auch zwei Wochen früher als die heimische Flockenblume. Für Insektenlarven bedeutet das, dass ihre Wirtspflanze bereits abblüht, wenn sie schlüpfen. &bdquo;Wer etwas für den Artenschutz tun will, der sollte sich lieber beraten lassen." Landwirt Konrad Steinlage hatte 2015 dieses Angebot angenommen. Mit der Alternative zum Mais, Energiepflanzen aus Regiosaatgut zu ziehen, ist er sehr zufrieden. Ende Juli sind die Energiepflanzen geerntet worden; übrigens mit der gleichen Hauptmaschine, mit der auch der Mais auf dem Feld geschnitten wird. Nach dem Häckseln in etwa drei Zentimeter lange Stückchen wird das Schnittgut zum Haufen zusammengeschoben, abgedeckt und liegt dann fünf bis sechs Wochen, bis es durchsiliert und in der eigenen Biogasanlage einsetzbar ist. Auch hier gleiche der Prozess dem Mais, sagt der Landwirt. &bdquo;Es summt und brummt und es tobt das Leben" Im ersten Jahr habe es eine geringere Ernte gegeben als erwartet, rund 25 Tonnen waren es. Mittlerweile sind es 50 Tonnen, sagt Steinlage, und die Folgejahre hätten so für einen Ausgleich gesorgt. Etwa 80 Prozent des Ertrags vom Mais kann er damit in seiner Biogasanlage erzielen. Doch die investiven Kosten sind niedriger, denn gespritzt hat er seinen Acker nur im ersten Jahr, damit das Gras nicht durchkommen konnte. Weniger Arbeit hatte er mit den Flächen auch. &bdquo;Etwa dreieinhalb Stunden weniger pro Hektar." Eine jährliche Ansaat ist nicht notwendig. Steinlages Fazit: &bdquo;Am Ende rechnet es sich." Für den Landwirt wie für die Natur. 22 ein- und mehrjährige Pflanzenarten enthält die Regiosaatgutmischung, die Steinlage ausgebracht hat. Gelber Steinklee, Echter Eibisch, Flockenblume, Wilde Malve und der bis zu 3,70 Meter hoch wachsende Rainfarn stellen einen Anteil von einem Drittel. Sommers wie winters bieten die Blühpflanzen Wildtieren, Vögeln und Insekten Nahrung und Deckung. Sumpfrohrsänger und Dorngrasmücken, Stieglitze und Schwalben, Goldammern und Feldsperlinge haben Conny Oberwelland und Claudia Quirini-Jürgens auf Steinlages Verler Anbaufläche beobachtet. &bdquo;Es summt und brummt und es tobt das Leben", sagt Biologin Quirini-Jürgens – ganz anders als im monotonen Lebensraum Maisacker.

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