Letzte Tour nach 50 Jahren: Beliebter Briefträger aus dem Kreis Gütersloh hört auf

Steinhagen-Brockhagen. Post zu bekommen ist doch eigentlich etwas Schönes. Zumindest war es das, als es noch üblich war, Briefe zum Zwecke des privaten Austausches zu verschicken. In Zeiten des Internets bedeutet ein voller Briefkasten allerdings oft nichts Gutes. Eher selten ist dann nämlich ein netter Liebesbrief darin, dafür aber ein unvorteilhaftes Blitzer-Foto oder die Erinnerung vom Zahnarzt, man solle doch mal wieder zur Vorsorge kommen. Alles nicht so übermäßig erfreulich. Der Postbote ist dann zwar nur Überbringer der Botschaft, wird aber mit den schlechten Neuigkeiten in Verbindung gesetzt. Ganz anders ist das aber bei den Familien Recker und Eiser aus Brockhagen. Sie freuten sich viele Jahre Tag für Tag auf die Ankunft ihrer Post. Der Grund für diese Begeisterung hat einen Namen: Horst Hartmann. Der 65-Jährige arbeitete 49 Jahre und 4 Monate als Postbote. Die meiste Zeit stellte er Pakete und Briefe in Brockhagen zu. Nun, am 22. Dezember, zwei Tage vor seinem Geburtstag an Heiligabend, hatte er seinen allerletzten Arbeitstag. Die Familien Recker und Eiser werden ihn sehr vermissen. Sie haben eine besondere Beziehung zu ihrem jetzt ehemaligen Postboten, das merkt man sofort. Als es um die gemeinsamen Erinnerungen geht, fließen Tränen Als Horst Hartmann an seinem letzten Arbeitstag bei Familie Eiser eintrifft, um die Post zu bringen, ist die Redaktion vor Ort. Auch Familie Recker aus der Nachbarschaft ist da, um ihren langjährigen Postboten gebührend in den Ruhestand zu verabschieden. Als alle dann mit Horst Hartmann bei Eisers in der Stube stehen und von den gemeinsamen Erinnerungen erzählen, fließen Tränen. Hier wird schnell klar: Hartmanns Arbeit ging über das bloße Zustellen von Papier hinaus. &bdquo;Er hatte immer ein liebes Wort für uns übrig. Wir haben viel gequatscht", erzählen die Eisers. Ein Spruch von Hartmann ist ihnen besonders in Erinnerung geblieben: &bdquo;Zur Verabschiedung hat er immer gesagt: Bis tomorrow. Oder am Samstag: Morgen sehen wir uns nicht. Da ist Waschtag." In Person des Horst Hartmann lebt der soziale Austausch durch die Post also trotz des Internets weiter. &bdquo;Eigentlich soll ich nicht so viel mit den Leuten plaudern", räumt er ein. &bdquo;Aber ich habe es trotzdem gemacht. Ich finde, das gehört zum Job dazu." Reckers und Eisers sehen das genauso. &bdquo;Durch die Zustellungen über Jahre hinweg kennen wir uns schon gut", erzählt Familie Eiser. Gemeinsam mit dem Postboten wurde auch schon Silvester gefeiert &bdquo;Wir haben sogar schon mal zusammen Silvester gefeiert." Vor ein paar Jahren habe man sich demnach im Brockhagener Ententurm getroffen und habe gemeinsam eine schöne Neujahrsparty erlebt. Reckers sind sich indes sicher: &bdquo;Das würde es in der Stadt nicht geben, dass man seinen Postboten so gut kennt. Das ist das Schöne am Dorfleben." Nun hängt Horst Hartmann seine Botenmütze an den Nagel. &bdquo;Ich werde die Kunden und Kollegen vermissen", weiß er jetzt schon. Der Beruf des Postboten habe aber auch Facetten, auf die er zukünftig gut verzichten kann: &bdquo;Wenn ich mich an so manchen Eisregen oder Hitzetage erinnere - diese Extreme brauche ich nicht mehr zu haben." Bei einem Blick in Hartmanns mit Paketen voll beladenes Postauto wird deutlich: So ein Arbeitstag kann ganz schön anstrengend werden, vor allem wenn die Witterung nicht mitspielen will und gar kein Auto zur Verfügung steht: &bdquo;Früher bin ich auch Rad gefahren oder mit einem Wägelchen durchs Dorf gelatscht", erinnert er sich schmunzelnd zurück. Ein Wiedersehen bei einem Kaffee ist fest eingeplant Doch Leute wie die Familien Recker und Eiser machten ihm die Arbeit leicht, so Hartmann. &bdquo;Die Unterhaltungen mit den Menschen zwischendurch waren schön für mich. Deswegen hatte ich immer Spaß." Wollte man neu bei der Post anfangen, so müsse man stressfest sein, erklärt er. Und eine soziale Ader sei wichtig. &bdquo;Aber die Ausbildung ist heute eine ganz andere. Alles läuft digital - ich musste noch Bahnverbindungen auswendig lernen." Von nun an wird Horst Hartmann nicht mehr jeden Tag bei Eisers und Reckers auf der Türschwelle stehen und die Post übergeben, &bdquo;aber auf einen Kaffee komm ich trotzdem gerne vorbei", kündigt er an und lacht. Als er schließlich seine Tour fortsetzen muss - schließlich sollen die Brockhagener ja irgendwie zu ihrer Post kommen - winken Familie Eiser und Recker zum Abschied dem gelben Auto hinterher. Für Horst Hartmann ist es ein Abschied vom Berufsleben, aber kein Abschied von seinen Freunden aus der Gütersloher Straße. Wenn auch nicht mehr täglich, so ist ein Wiedersehen doch fest eingeplant.

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