Angeklagter Unternehmer (47) aus Kreis Gütersloh nach tödlichem Tritt verurteilt

Bielefeld/Steinhagen/Halle. Vierter Tag im Prozess vor dem Bielefelder Landgericht gegen einen Angeklagten (47) aus Halle (1 Ks - 446 Js 546/22 - 7/23) wegen des Verdachts der gefährlichen Körperverletzung mit Todesfolge. Urteilsverkündung. Erneut ist der Andrang im Gericht groß. Im Saal 1 ist der im Vergleich zur Vorwoche erweiterte Zuschauerbereich gut gefüllt. Kerstin Hollmann, die Witwe des Opfers, ist erneut als Nebenklägerin persönlich erschienen. Zudem positionieren sich zwei zusätzliche Justizbeamte im Raum. Der Vorsitzende Richter Dr. Georg Zimmermann kommt schnell zur Sache. Er verliest das Urteil mit deutlicher Stimme: "Das Gericht verurteilt den Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung mit Todesfolge zu einer Haftstrafe von vier Jahren ohne Bewährung." In seiner Urteilsbegründung folgt das Gericht im Wesentlichen den Schilderungen von Staatsanwaltschaft und Nebenkläger zum Tathergang vom 18. Dezember 2022. Demnach hat es kurz nach 4 Uhr auf dem Parkplatz der Gaststätte Friedrichshöhe in Steinhagen-Amshausen einen Streit zwischen dem Angeklagten und einem Zeugen gegeben, der in einem Handgemenge geendet ist. Zunächst ist der Taxifahrer dazwischen gegangen, um zu schlichten. Im Anschluss ist Ralf Hollmann eingeschritten, weil das Handgemenge noch immer nicht beendet ist. Der Angeklagte schlägt Hollmann ins Gesicht. Der verliert seine Brille und kniet sich auf den Boden, um sie aufzuheben. Nun nimmt der Angeklagte Anlauf und tritt Ralf Hollmann ins Gesicht. Unklar bleibt, mit welcher Wucht dieser Tritt ausgeführt wurde. Hollmanns Körper schlägt nach hinten über, sein Kopf prallt auf den Boden. Er erleidet lebensgefährliche Kopfverletzungen. Am 1. Januar 2023 erliegt er diesen. Für die Version der Verteidigung gibt es keinerlei Beweise Das Gericht hält die Aussagen des Taxifahrers - der einzig nüchterne Zeuge - für "überzeugend". Untermauert werden seine Schilderungen, so das Gericht, vom Gerichtsmediziner sowie vom Sachverständigen des LKA. Der hatte bei dem Angeklagten auf der Kappe des rechten Schuhs die DNA von Ralf Hollmann gefunden. Die beiden Zeugen, auf die sich die Verteidigung stützte, bezeichnet der Richter als sogenannte "Knall-Zeugen", ein Fachjargon. Sie hätten zuerst den "Knall", in diesem Fall den Aufprall von Ralf Hollmann, wahrgenommen und sich anschließend das vorherige Geschehen zusammengesetzt. Sie seien zudem nicht glaubwürdig, weil sie zwischendurch abgelenkt gewesen seien. "Der Einzige, der das Geschehen von A bis Z schildern konnte, war der Taxifahrer", so Richter Zimmermann. Für die Version der Verteidigung, wonach es zwei Aktionen (erst einen leichten Tritt, dann einen Schubs mit einem unglücklichen Sturz) gegeben haben soll, gibt es "keinerlei Beweise, nicht mal eine Aussage", kommentiert der Richter: "Diese Kombination aus Tritt und Schubs hat gar niemand gesehen." Er hätte auch sagen können, dass es eine wilde Version gewesen sei, an den Haaren herbeigezogen. Zudem pietätlos, weil sie das Opfer plötzlich zum Aggressor machte. Strafmaß zwischen drei und 15 Jahren Bei der Bemessung des Strafmaßes, das bei dem vorliegenden Urteil zwischen drei und 15 Jahren schwanken kann, spielten zwei Dinge eine wichtige Rolle: der Vorsatz und der Alkoholgrad des Angeklagten. Richter Zimmermann spricht bei dem Tritt an den Kopf zwar von einer ebenso "bösartigen" wie "unsinnigen Attacke, die auffällig gefährlich" gewesen sei, dennoch könne der Beweis nicht geführt werden, dass der Angeklagte mit dem Vorsatz zugetreten habe, Ralf Hollmann töten zu wollen. Dagegen spreche, dass der Angeklagte nicht vorbestraft und kein Gewalttäter sei sowie in der Vergangenheit nicht negativ aufgefallen ist. Außerdem sei ja ursprünglich gar nicht Ralf Hollmann der Kontrahent gewesen, sondern der Zeuge, mit dem es das Handgemenge gegeben hat. Gleichwohl, so unterstellt das Gericht, habe es bei dem Angeklagten den Vorsatz gegeben, Ralf Hollmann brutal und gefährlich verletzen zu wollen. Dieses Abgleiten ins Brutale müsse man allerdings in Zusammenhang mit dem Alkoholisierungsgrad des Angeklagten sehen, der bei der Tat zurückgerechnet 2,2 Promille hatte. Bei der Blutabnahme waren es 1,61. "Seine Steuerungsfähigkeit war nicht mehr gegeben", betont der Richter. Indes könne man dem Angeklagten keinen Vorwurf machen, dass er auf einer Weihnachtsfeier Alkohol getrunken habe. Unter dem Strich bleibe, so der Richter, ein schweres Verbrechen - nämlich ein plötzlicher, brutaler Angriff auf einen Schlichter. So ende eine feucht-fröhliche Feier unvermittelt mit einem sinnlosen und fürchterlichen Ereignis. Ein weiterer Umstand hinterlässt Bitterkeit und Ratlosigkeit. &bdquo;Der Geschädigte hat eigentlich genau das getan, wovon die Gesellschaft will, dass es viele Menschen machen. Streit schlichten", hatte Staatsanwalt Veit Walter in seinem Plädoyer am Dienstag festgestellt: "Er hat diese Zivilcourage mit dem Tod bezahlt." Revision beim BGH möglich Die Witwe Kerstin Hollmann war nach der Urteilsverkündung "froh, dass es jetzt endlich vorbei ist. Aus meiner Sicht wären auch zehn Jahre nicht ausreichend gewesen, aber Hauptsache, er bekommt keine Bewährung", sagte sie. Die Verteidigung hat nun eine Woche Zeit, um vor dem BGH Revision einzulegen. Bis dahin und bis das Urteil rechtskräftig ist, bleibt der aktuell verurteilte Geschäftsmann (47) aus Halle auf freiem Fuß.

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