Schloß Holte-Stukenbrock

Zum Todestag des Impressionisten Fritz Wildhagen

Marie-Luise Albert erzählt von seinen letzten Lebensjahren, die der Künstler in Schloß Holte-Stukenbrock verbracht hat

Fritz Wildhagen an der Staffelei. | © Privat

09.12.2016 | 09.12.2016, 06:43
Fritz Wildhagen mit seiner Lebensgefährtin Gertrud Schreiber-Lobbes im heimischen Garten am Hellweg im damaligen Liemke. - © privat
Fritz Wildhagen mit seiner Lebensgefährtin Gertrud Schreiber-Lobbes im heimischen Garten am Hellweg im damaligen Liemke. | © privat

Schloß Holte-Stukenbrock. "Er suchte nach dem naturbelassenen Stillen, Schlichten und Anmutigen aus der Natur, das er mit Pinsel und Ölfarbe auf die Leinwand brachte." Das sagt Marie-Luise Albert über den Maler Fritz Wildhagen (1878-1956), der nach seiner Flucht aus Danzig im Jahr 1944 bis zu seinem Tod in Schloß Holte-Stukenbrock gelebte hatte. Viele Bilder des Impressionisten aus diesem letzten Lebensjahrzehnt zeigen Motive aus Liemke. Einige hat Fritz Wildhagen seinerzeit für Marie-Luise Albert und ihren Ehemann gemalt.

Die Seniorin und ihr zwischenzeitlich verstorbener Mann hatten sich damals mit Fritz Wildhagen und seiner Lebensgefährtin Gertrud Schreiber-Lobbes angefreundet, besuchten das Paar oft in seinem Haus in Liemke mit dem idyllischen Garten. Die heute 93-Jährige erzählt: "Viele Inspirationen für seine Bilder fand er in diesem Garten. Vor allem die blühenden Blumenwiesen in der nahen Umgebung inspirierten ihn immer wieder aufs Neue. Einmal weckten selbst die Zierblumen auf der Fensterbank sein Interesse, ein anderes Mal war es ein gemeinsamer Spaziergang, auf dem wir stehen blieben und ein schlichter Feldweg seine Aufmerksamkeit fand."

Ein Kunstwerk aus einer leuchtenden Sommerwiese

Der groß gewachsene Mann habe mit Vorliebe weiße Hemden, breite Gürtel und schlichte Fliegen getragen. An der Staffelei habe er mit Pinsel in der Hand und Pfeife im Mund gestanden. Marie-Luise Albert hat ihn oft beobachtet, wenn er an einem Bild, sei es Ölgemälde oder Aquarell, gearbeitet hatte. "Fritz Wildhagen hatte die Fähigkeit, aus einem Stück Natur, sei es ein Waldweg, wehende Gräser im Wind, ein Park mit blühenden Blumen oder eine leuchtende Sommerwiese, die Natur malerisch nachzufühlen und daraus ein Kunstwerk werden zu lassen."

Als feinfühlig, introvertiert, eigenwillig beschreibt Marie-Luise Albert den 1878 in Moskau geborenen Maler, dessen sieben Jahre älterer Bruder Kurt später als "Der Weise von Heidelberg" von sich reden machte. Die Charaktereigenschaften von Fritz Wildhagen seien ungleich derer seiner Lebensgefährtin Gertrud Schreiber-Lobbes gewesen, die von allen nur Gode genannt worden sei, was so viel wie Patin bedeute. Gode habe immer von den neuen Plänen ihres Maler-Gefährten geschwärmt, dem Besuch mit Begeisterung die neuesten Exponate vorgestellt. Der weit gereiste, an vielen Kulturen interessierte Künstler konzentrierte sich nun in Liemke auf Motive aus der Natur vor seiner Haustür. "Er wollte in seinen Werken das ,Optische? wiedergeben, so wie er es sah und fühlte; eben ein Deuter der Natur", erklärt Marie-Luise Albert. Wie es zum Beispiel bei dem Werk "Blumenwiese in Schloß Holte" erkennbar sei, das noch immer im Besitz der Familie Albert ist.

Information

Spurensuche

  • Der Maler Fritz Wildhagen soll auch in Schloß Holte-Stukenbrock noch an vielen Stellen Spuren hinterlassen haben.
  • Auch im Heimathaus soll es Bilder von ihm geben.
  • Die NW möchte diese Spuren zeigen – und bittet Sie, liebe Leserin, lieber Leser, um Ihre Mithilfe.
  • Zeigen Sie uns Fotos oder Bilder von Fritz Wildhagen, erzählen Sie uns von ihren Erlebnissen oder Erinnerungen von und mit Fritz Wildhagen.
  • Die NW freut sich über Infos unter Tel. (0 52 07) 95 55 22, E-Mail:
 shs@nw.de

Fritz Wildhagen und sein Bruder Kurt waren fast ohne ihren Vater Fedor Andresch aufgewachsen, der gestorben war, als Fritz gerade einmal fünf Jahre alt war. Seine Mutter war dann mit ihm und seinen Bruder 1886 nach Elbing in Westpreußen gezogen. Sein Abitur legte Fritz Wildhagen schließlich in Berlin ab, dort studierte er an der Universität Kunstgeschichte und später, von 1900 bis 1908, an der Akademischen Hochschule für Bildende Künste. Dort war er Schüler von Friedrich Kallmorgen. Er unternahm Studienreisen nach Persien, Ost-Afrika, Russland, Italien, Frankreich, Dänemark, auf den Balkan und nach Ungarn. Später zog er von Berlin nach Danzig um. Von dort floh er 1944 vor der Roten Armee nach Nordrhein-Westfalen, fand schließlich eine neue Heimat im heutigen Schloß Holte.

Fritz Wildhagen war nicht nur ein bedeutender Maler, ein Vertreter des Impressionismus, sondern auch ein weit über Schloß Holte-Stukenbrock hinaus bekannter Sammler alter Musikinstrumente. "Auch seine Leidenschaft für Musik", so sagt es Marie-Luise Albert, "waren im Haus in Schloß Holte-Stukenbrock deutlich zu vernehmen. Kammermusik hörte er gern. Der Musik, aus seiner Sicht dem Reinsten der Künste, und darüber hinaus dem Sammeln von alten Musikinstrumenten, hat sich Wildhagen immer mit Liebe und Bewunderung zugewandt. Seine Musikinstrumentensammlung war fast ein Teil von ihm". Allerdings hatte er nur einen Teil seiner Sammlung bei seiner Flucht nach Westfalen mitnehmen können.

Die Malerei, das Sammeln alter Musikinstrumente - und dann noch das Schreiben: "Auf seinen Reisen führte er Tagebuch. Diese ließ er später auf Matrizen abziehen und verteilte sie an Freunde." Einen Abzug hatte er Marie-Luise Albert geschenkt.

Am 4. Dezember 1956 ist Fritz Wildhagen gestorben, die Beisetzung auf dem Sennefriedhof in Bielefeld-Senne war am 14. Dezember. Laut Informationen des Bielefelder Umweltbetriebs, zu dem der Geschäftsbereich "Stadtgrün und Friedhöfe" gehört, ist diese Grabstätte bereits vor 20 Jahren wieder eingeebnet und neu vergeben worden.

Fritz Wildhagen aber hat dauerhaft Spuren in SHS hinterlassen, der Heimat- und Verkehrsverein soll zwei Bilder des Künstlers haben. Und Hans Hano, Seniorchef der Hanodruck GmbH, hat nach eigenen Angaben auch ein Gemälde des Malers. Die Neue Westfälische freut sich über weitere Beispiele.