Mann stirbt bei Pollhans-Kirmes im Kreis Gütersloh – Prozess-Urteil doch verschoben

Schloß Holte-Stukenbrock. Im Oktober 2023 war es auf der Pollhans-Kirmes im Kreis Gütersloh zu einem tödlichen Unfall gekommen: Ein Mann fiel in einem Laufgeschäft mehrere Meter in die Tiefe und starb kurz darauf. Derzeit müssen sich ein Schausteller aus Schleswig-Holstein sowie einer seiner Mitarbeiter vor dem Bielefelder Amtsgericht verantworten. Die Staatsanwaltschaft wirft ihnen fahrlässige Tötung vor. Ursprünglich war das Urteil für den vierten Prozesstag am Mittwoch, 18. Juni, angekündigt. Weil an diesem Tag allerdings ein wichtiger Zeuge fehlte, wurde die Entscheidung vertragt. Das Urteil soll nun erst am Dienstag, 29. Juli, fallen. Polizei im Fokus der Verhandlung Zu Beginn des Prozesses vor einigen Tagen stand insbesondere ein Aspekt der Ermittlungsarbeit der Polizei im Fokus. Am 15. Oktober 2023 war es zu dem tödlichen Unfall gekommen: Gegen 12 Uhr, die Kirmes war schon recht gut besucht, stürzte ein Mann von der fünften Ebene des Laufgeschäfts &bdquo;Fuzzy’s Lachsaloon“ rund zehn Meter in die Tiefe. Der 39 Jahre alte Mann aus Hannover starb noch am Unfallort. Die Bielefelder Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass dieser Unfall zu vermeiden gewesen wäre. Sie wirft den Betreibern vor, Sicherheitsvorkehrungen nicht sachgemäß umgebaut zu haben. Doch bevor es überhaupt eine Antwort auf die Frage etwaiger technischer Unzulänglichkeiten geben wird, standen andere Fragen im Vordergrund der Verhandlung. Angeklagter soll gar nicht der Betreiber sein Richterin Muna Eid fasste diese Fragen zusammen: &bdquo;Erstens: Können wir nachweisen, dass Herr T. Junior tatsächlich der Betreiber des Geschäfts war und wir ihm etwas vorwerfen können?“ Bei dem genannten T. handelt es sich um den angeklagten Schausteller. Dieser schweigt im Prozess ebenso wie der mitangeklagte V., ein Mitarbeiter des Schaustellers. Zwei Polizistinnen, die die Vernehmungen am Unfallort durchgeführt hatten, gaben in der Verhandlung an, T. sei ihnen als Chef angekündigt und aus etwa 60 Kilometer Entfernung zum Tatort gerufen worden. Vor Ort habe er sich dann der Polizei als Betreiber des Laufgeschäfts vorgestellt. Dieses gehöre seinem Vater, er selber reise damit von Stadt zu Stadt und leite das operative Geschäft. Lesen Sie auch: Tödlicher Unfall auf Pollhans-Kirmes im Kreis Gütersloh: Schausteller bald vor Gericht? Dem hielt Verteidiger Stephan Weinert entgegen, dass die Behörden schlampig ermittelt hätten. Geschäftsführer sei der Vater seines Angeklagten: Gleicher Nachname, bis auf die Schreibweise auch der gleiche Vorname – aber eben eine andere Person. Der Junior sei lediglich Angestellter seines Vaters gewesen und bereits im Mai, mithin etwa fünf Monate vor dem Unglück, aus dem Betrieb ausgeschieden. Am Unfallort ist es turbulent zugegangen Die zweite Frage, die der Prozess beantworten soll: War der Verunglückte ein Fahrgast oder aber ein Mitarbeiter der Schausteller? Der nun ebenfalls angeklagte V. soll am Unfallort der Polizei gegenüber geäußert haben, dass er den Verstorbenen nicht kenne. Auf die Frage der Beamtin, wieso dieser denn dann – das hatte sich offenbar schnell herauskristallisiert – in einem Wohnwagen der Schausteller übernachtet habe, soll es geheißen haben, der Mann sei ein Fan des Laufgeschäfts gewesen und diesem regelrecht hinterhergereist. Da er keinen Zug mehr bekommen habe, habe er dort übernachten dürfen. Während dieser ersten Vernehmungen kurz nach dem Unfall sei es noch recht turbulent zugegangen, so eine Polizistin vor Gericht: &bdquo;Wir mussten uns ja erst mal einen Überblick verschaffen, wer überhaupt etwas zum Vorfall sagen kann. Ständig kamen Schaulustige hinzu, die wir fernhalten mussten. Auch der Bürgermeister stand plötzlich da. Den kannte ich überhaupt nicht und habe ihn erst mal gefragt, wer er überhaupt sei.“ Zeugen oder Beschuldigte? Irgendwann habe es dann Hinweise darauf gegeben, dass es sich bei dem Verstorbenen um einen Mitarbeiter von &bdquo;Fuzzy’s Lachsaloon“ gehandelt haben könne. Wann genau diese Information die Polizei erreichte und wie die Beamten ihre Ermittlungen daraufhin fortführten, ist prozessual von nicht ganz geringer Bedeutung. Die Beamtinnen konfrontierten die Angeklagten noch am Unglücksort mit diesem Zeugenhinweis. Dies wiederum wirft die Frage auf, ob T. und sein Mitarbeiter V. dann nicht anders hätten belehrt werden müssen. Denn die Polizei hatte die beiden lediglich als Zeugen belehrt. Das bedeutet, dass sie insbesondere auf ihre Wahrheitspflicht hingewiesen wurden. Zeugen müssen – abgesehen von wenigen Ausnahmen – aussagen, anders verhält es sich bei Beschuldigten. Diese dürfen die Aussage verweigern, da sich niemand selbst belasten muss. Lesen Sie auch: Pollhans 2023: Bürgermeister will Angehörigen nach tödlichem Unfall kondolieren Doch diese Belehrung unterblieb, weshalb die Verteidiger der Verwertung der Aussagen der Angeklagten gegenüber der Polizei ausdrücklich widersprechen. Dies umso mehr, als dass von dem Angeklagten V. noch am Tag des Unfalls Fingerabdrücke genommen und sein Oberteil als mögliches Beweisstück sichergestellt wurden. Und das, so sein Verteidiger Matthias Koch, erfolge doch nur bei Beschuldigten.

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