Großfamilie im Kreis Gütersloh verliert Zuhause bei Brand – jetzt gibt es Hoffnung

Schloß Holte-Stukenbrock. Aliyah, die Älteste, bekommt das Zimmer ganz am Ende des Flurs. Das weiß sie schon. Oben hängen an den Zimmertüren Namensschilder für jedes Kind. Angefertigt von Freunden. Der Flur ist weiß gestrichen, dunkler Teppichboden verlegt. Vereinzelnd stehen Schränke und Betten. Unten bauen viele Hände die Küche auf. Familie Schulz bezieht ihr neues Zuhause auf Zeit. Nur knapp zwei Wochen nach dem verheerenden Brand ihres Hauses in Stukenbrock-Senne. Wenn Jennifer Schulz und Abdelsalam Badr von dem Schicksalstag erzählen, versagt ihnen mitunter die Stimme. Aber richtig sprachlos macht sie die große Hilfsbereitschaft, die sie seitdem erfahren haben. &bdquo;Ich weiß nicht, wo wir ohne diese Menschen jetzt wären“, sagt Abdelsalam Badr, der sich nach seiner Rauchvergiftung, die er beim Löschversuch erlitt, eigentlich noch im Krankenhaus schonen sollte. Nachts wacht er mit Schmerzen in der Brust auf. Aber er will bei seiner Familie sein und anpacken, damit so schnell wie möglich eine gewisse Normalität einkehren kann. Sein Beruf als selbstständiger Osteopath pausiert derweil. Familie kann sich vor dem Flammen retten Am Morgen des 2. Weihnachtstages entwickelte sich ein Feuer im Keller des Hauses am Franziskusweg. Jennifer Schulz (37) und die sechs Kinder im Alter von 10 Monaten bis 12 Jahren konnten sich nach draußen retten, ihr Mann (42) versuchte noch, das aufkeimende Feuer zu ersticken. Die Familie musste mit ansehen, wie ihr Haus, das sie vor fünf Jahren gekauft hat, im Rauch versank. Möbel, Kleidung, Spielsachen, Erinnerungsstücke und Weihnachtsgeschenke – alles verbrannte. Lesen Sie auch: Brand in Wohnhaus im Kreis Gütersloh löst Großeinsatz aus - Kriminalpolizei ermittelt Doch die Familie erfuhr in diesem schlimmen Moment, dass sie wertvolle Freunde hat. Jennifer Schulz ist Mitglied einer Frauengruppe der Evangeliumschristen-Gemeinde. Als die Frauen von dem Schicksal erfuhren, waren sie sofort zur Stelle. Haben Kleidung für die Kinder und Babybrei gebracht und sogar Schnuller abgekocht. Wohnen konnte die Familie vorerst im Keller von Jennifers Schwester Lena Petrachi. Und dann ging alles unerwartet schnell. Am 29. Dezember ist Pfarrer Carsten Glatt von einem Mitglied des Rotary Clubs Bielefeld gefragt worden, ob er das leerstehende Pfarrhaus an der Friedenskirche zur Verfügung stellen könnte; Silvester hat die Familie das Haus besichtigt; Jennifer Schulz war sofort begeistert von der Größe und der Lage – die Kinder könnten in ihrem sozialen Umfeld bleiben. Doch der Zustand bereitete ihr Sorgen. Zahlreiche Helfer sanieren die Immobilie Bis 2021 wohnte das Pfarrerehepaar Bogdan in dem Haus, dann eine geflüchtete Familie, und zuletzt stand es für mehr als ein Jahr leer, schildert Pfarrer Glatt. &bdquo;Wir hatten vor, das Haus zu renovieren und zu vermieten.“ Aber nicht vor Mitte des Jahres. Über die Modalitäten wollte das Presbyterium in seiner Februarsitzung beraten. Doch die Frauengruppe der Evangeliumschristen fackelte nicht lange. Melanie und Manuela Schulz kümmerten sich um alle eingehenden Nachrichten und Sachspendenangebote, Renate Harder und ihr Mann Peter stellten ein Arbeitsteam zusammen. &bdquo;Im Haus war alles voller Spinnweben“, sagt Renate Harder. Also erst mal von Grund auf reinemachen und streichen. Am 2. Januar ging es los. Am Vormittag wirbelten die ersten 15 Helferinnen und Helfer durchs Haus, am Nachmittag 15 weitere. Am Wochenende waren die Wände gestrichen und die Teppiche verlegt. Wohnhaus mit sechs Schlafzimmern Währenddessen beauftragte die evangelische Gemeinde drei Handwerker. Ein Tischler richtete Fenster und Türen und dichtete sie ab; Sanitär Bökamp kümmerte sich um die Bäder und versiegelte die Fugen; Firma Jäger schliff und ölte das im Erdgeschoss teilweise verlegte Parkett. &bdquo;Das Haus ist ungefähr 50 Jahre alt, da ist einiges zu machen“, sagt Rainer Ostermeier, der Baukirchmeister im Presbyterium. Die Freundinnen aus der Frauengruppe kochen Essen, für den Transport von Möbeln und weißer Ware hat der Blumenhof Gees einen Lastwagen zur Verfügung gestellt. Ofenbaumeister Sebastian Klee spendet der Familie einen neuen Holzofen. Renate Harder hat im Internet eine gebrauchte Küche gekauft, die Männer haben sie am Wochenende abgeholt und am Donnerstag aufgebaut. Das Haus mit sechs Schlafzimmern und einem Wohnzimmer hat circa 160 Quadratmeter. Es bietet der Großfamilie genug Platz. &bdquo;Es ist ein Geschenk Gottes, das perfekte Haus für die Familie“, sagt Renate Harder. Ersparnisse der Familie sind aufgebraucht Drei Betten sind schon da, die restlichen Familienmitglieder schlafen vorerst auf Matratzen. Am Freitag kommt die Waschmaschine. Trotz aller Dankbarkeit über die Unterstützung kommt die Familie noch nicht zur Ruhe. Sie hat eine Hausratversicherung, doch wann die zahlt und wie viel, ist ungewiss. Die Ersparnisse sind aufgebraucht. Dazu kommen die Erinnerungen an den Verlust. Die Kinder leiden. Sie haben Albträume, wachen nachts auf und weinen. Dennoch: Wieder ein Dach über dem Kopf zu haben, stärkt die Familie. Im Pfarrhaus darf sie so lange wohnen, bis ihr eigenen Haus wieder bezugsfertig ist.

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