Wohnhausbrand macht Familie obdachlos – Bürger helfen

Schloß Holte-Stukenbrock. Kurz nach 23 Uhr am Ostersamstag war es, als Katherina Müller aus dem Halbschlaf heraus ein Knistern vernahm, das ihr seltsam vorkam. &bdquo;Ich dachte, es hagelt oder regnet stark.“ Der 35-Jährigen kam das zwar komisch vor, denn es war ein sonniger Tag gewesen, an dem nichts auf einen plötzlichen Wetterumschwung hingewiesen hatte. &bdquo;Aber ich war zu müde, um nachzuschauen.“ Nur Sekunden später war sie hellwach. Katherina Müller hörte die Nachbarin aufgeregt nach ihrem Sohn rufen, lief zum Fenster und sah den wahren Grund für das Knistern. Das Carport der Nachbarn war aus unbekannten Gründen in Brand geraten. Die zweifache Mutter rief ihren Mann, der noch vor dem Fernseher saß. Marcus Müller (42) lief nach draußen, schnappte sich einen Schlauch, musste aber schnell erkennen, &bdquo;dass ich damit nichts mehr ausrichten konnte“. Zunächst, erzählt der Vertriebsangestellte eines großen Versicherers, &bdquo;sind wir nicht davon ausgegangen, dass das Feuer aufs Haus übergreift“. »Mitten im Dachstuhl wurde es orange« Die Flammen breiteten sich jedoch in rasender Schnelle aus. &bdquo;Mitten im Dachstuhl wurde es auf einmal orange.“ Das Dach aller drei Reihenhäuser brannte, denn die Dämmwolle fraß sich offensichtlich durch den Dachstuhl. Auch ein angrenzendes Carport zur Kolpingstraße fing Feuer. Katherina Müller holte in heller Aufregung die schlafenden Söhne aus dem Bett, griff reflexartig noch den Autoschlüssel und lief barfuß aus dem Haus. Da war die Feuerwehr bereits eingetroffen. Marcus Müller wies die Einsatzkräfte auf eine Dachbodenluke hin, &bdquo;die wir als einzige in unserem Reihenhaus hatten“. Die Feuerwehr drang mit einer Spezialleiter nach oben vor, öffnete sie und löschte nun auch von dort aus. Folge: Das Löschwasser lief durch das komplette Treppenhaus bis hinunter in den Heizungskeller. Rauch und Ruß überall kamen hinzu. Das Haus war unbewohnbar, die beiden anderen ebenfalls. &bdquo;Wir konnten vom Dach durch die schwarzen Balken in den Himmel gucken.“ Die vierköpfige Familie stand ohne irgendetwas da und erlebte fortan eine Welle der Hilfsbereitschaft. Katherina Müller, Ingenieurin in Elternzeit, und ihr Mann Marcus waren mit den beiden Söhnen Bastian (4) und Felix (1) vor sechs Jahren in das neu erbaute Reihenhaus am Albert-Schweitzer-Weg in Stukenbrock gezogen. Der Brand machte sie und die Mietparteien der zwei weiteren Reihenhäuser vorübergehend obdachlos. &bdquo;Unsere Familie lebt in Dorsten, Hannover und Monheim am Rhein.“ Zu weit weg also, als dass man dort schnell hätte unterkommen können. &bdquo;Wir waren immer schon fasziniert, wie bescheiden und bodenständig die Menschen hier sind“, betont Marcus Müller. Die große Hilfsbereitschaft, die sie bereits während und unmittelbar nach dem Brand erlebten und immer noch erleben, macht sie aber sprachlos. &bdquo;Wir können gar nicht beschreiben, wie dankbar wir sind.“ Jasmin und Tobias Lienen, die in der Nähe leben, stellten für die erste Nacht spontan ihr Gästezimmer zur Verfügung. Noch in der Nacht rief Philipp Grothaus an. Der Hotelfachmann spielt mit Marcus Müller bei den Alten Herren des FC Stukenbrock Fußball. Er und seine Familie luden die Müllers ein, in ihrem Gasthof zu wohnen. Zunächst in einem Zimmer, dann im Penthouse. &bdquo;Das war selbstverständlich“, betont Chef Jörg Grothaus und die Müllers sind unendlich dankbar. &bdquo;Wir haben sogar einen Kühlschrank ins Zimmer gestellt bekommen.“ Anfang Juni wird die Familie in eine Ferienwohnung an der Lindenstraße umsiedeln. Philipp Grothaus stellte den Kontakt her. »Wenn was ist, sagt Bescheid« Sämtliche Kleidung inklusive der Kuscheltiere wurde abgeholt, um sie reinigen zu lassen. Die Wäscherei Dierks vermittelte die passende Stelle. Rita Wölke von der örtlichen Bäckerei lud die Familie zwischendurch zum Frühstück ein, Nachbarn brachten Kleidung und Spielsachen. &bdquo;Hilfe wurde uns auch von Menschen angeboten, die wir vorher gar nicht kannten“, erzählt Marcus Müller etwa von einem Mann mit Hund, der ihnen im Vorbeispazieren anbot: &bdquo;Wenn was ist, sagt Bescheid.“ Das, sagt Marcus Müller, sei &bdquo;wirklich der Wahnsinn“. So eine Art von Hilfsbereitschaft und Zusammenhalt hätten er und seine Frau früher nicht kennengelernt. &bdquo;Das ist in dieser Form schon außergewöhnlich.“ Die Anteilnahme helfe weiter. &bdquo;Man merkt, dass man das nicht alleine durchstehen muss.“ Tatsächlich hat die Familie gar nicht alle Sachspenden annehmen können, denn derzeit ist ihr Platz beschränkt. Dankbar sind sie dennoch allen, die ihnen zur Seite gestanden haben. Für sie selbst gab es unglaublich viele Dinge rund um den Brandschaden zu regeln und Gespräche zu führen. Was in Corona-Zeiten nicht immer einfach war. Glücklicherweise kann Bastian in die St.-Elisabeth-Kita gehen. &bdquo;Da ist eine Ausnahmelösung gefunden worden, bis wir in die Ferienwohnung ziehen“, sagt Katherina Müller. Für den Vierjährigen bietet diese Möglichkeit Ablenkung, denn ebenso wie sein kleiner Bruder hat er den Schrecken noch nicht verarbeitet. Ein Feuerwehr-Seelsorger wird sich demnächst kümmern. Das Reihenhaus der Müllers ist mittlerweile komplett leer geräumt worden. Ein Sanierungsunternehmen reinigt jedes einzelne Teil, ein Juwelier den Schmuck. Alles sei im Moment umständlich, aber die Müllers sehen es so: &bdquo;Wir sind gesund, haben ein Dach über dem Kopf, andere erleben noch viel Schlimmeres.“

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