Insekten lieben die Moosheide in der Senne

Schloß Holte-Stukenbrock. Das Naturschutzgebiet &bdquo;Moosheide" wird im Vergleich zu anderen Naturschutzgebieten (NSG) stark touristisch genutzt. Denn es hat einige Ausflugsattraktionen zu bieten. Allen voran die &bdquo;großen Drei": die Emsquellen, die Senner Pferde und im Spätsommer die Heideblüte. Es ist ein Rückzugsort für Tiere und Pflanzen – und sehr artenreich. Der Biologe Christian Venne spricht von &bdquo;eher stabilen Verhältnissen" für Fauna und Flora. Das große Insektensterben gebe es dort nicht. Anfang des Jahres 2016 haben Insektenkundler aus Krefeld, der entomologische Verein, mit ihrer Langzeitstudie ein mediales Interesse ausgelöst. Sie haben seit 1987 die Zahl der Insekten ermittelt, vorwiegend im Rheinland, aber auch in anderen Bundesländern. Die Tiere wurden in Fallen gesammelt, der Fang wurde gewogen. Der Befund: An einigen Sammelstellen stellten die Wissenschaftler einen Insektenschwund von bis zu 80 Prozent fest. Viele heimische Arten seien im Untersuchungszeitraum ausgestorben. Der Biologe Christian Venne hält diese Studie für wichtig, man könne die Ergebnisse aber nicht verallgemeinern. Venne arbeitet in der Biologischen Station Kreis Paderborn-Senne. Die Aufgaben der Mitarbeiter umfassen erstens die Untersuchung und das Dokumentieren von Fauna und Flora im Gebiet – das sogenannte Monitoring –, zweitens die praktische Landschaftspflege wie die Mahd des Land-Reitgrases, das andere Arten sonst verdrängen würde, und drittens die Öffentlichkeitsarbeit und die Aus- und Weiterbildung von Naturführern. Hohe Artenvielfalt in der Moosheide &bdquo;In der Studie wurde ein Phänomen in ein Zahlenkleid gegossen", sagt Venne. Subjektive Beobachtungen wie die mittlerweile nahezu insektenfreie Autowindschutzscheibe lassen längst vermuten, dass die Zahl der Insekten drastisch zurückgeht. Trotzdem sind derartige Untersuchungen nicht ohne Weiteres auf andere Regionen übertragbar, manchmal fehle es einfach an Vergleichszahlen. In der Moosheide sammelt die Biologische Station seit Anfang der 90er Jahre Daten, betrachtet aber nur einen Ausschnitt des Lebensraums Senne. Dazu noch einen geschützten. Christian Venne schildert zwei Methoden: Eine 25 mal 50 Meter große Probefläche wird dauerhaft markiert und dann regelmäßig der Bestand gezählt. Oder ein 50 Meter langer Streifen wird ebenfalls in regelmäßigen Abständen abgelaufen, dabei lauschen die Biologen unter anderem, wie viele männliche Heuschrecken rechts und links zirpen. Streckenbegehung heißt das Verfahren. Einen dramatischen Insektenrückgang kann Christian Venne in der Moosheide nicht feststellen. Aber für die Tagfalter gilt: Die Anzahl der Individuen sind rückläufig, und die Arten werden seltener. Venne nennt es einen Ventileffekt. Ein Teil der Falter wandert in die Umgebung ab, aber von dort kommen wenig neue herein. Obwohl die Bedingungen in der Moosheide wegen des angrenzenden Truppenübungsplatzes und des vielen Grünlands noch vergleichsweise günstig seien. Es gibt alleine 240 Arten von Stechimmen Bei aktuellen Erfassungen hat Venne eine hohe Artenvielfalt festgestellt: 240 Arten von Stechimmen, 22 Arten von Heuschrecken (davon neun auf der Roten Liste der bedrohten Tiere), 35 Arten von Libellen (davon elf auf der Roten Liste), 34 Arten von Tagfaltern (davon 16 auf der Roten Liste). Der Heidefalter besitzt in der Moosheide &bdquo;das letzte wirklich große Vorkommen". Rund 100 Vogelarten leben in der Moosheide, zwei Drittel sind Brutvögel. Der Bestand an Schwarzkelchen hat sogar zugenommen, obwohl die Bedingungen in der Moosheide gleich geblieben sind. 430 Pflanzenarten wurden bei der jüngsten Erfassung festgestellt. Als interessantes Ergebnis bezeichnet Christian Venne die Beweidung der Landschaft mit den Senner Pferden seit dem Jahr 2000. Die Pferde sind nicht nur schön anzusehen, sie gestalten mit ihrem selektiven Verbiss die Landschaft um. Gras bleibt hier lang und dort kurz stehen, das fördert die Artendiversität, weil manche Insektenarten langes, andere kurzes Gras als Lebensraum bevorzugen. Der Heidegrashüpfer legt seine Eier am kurzen Gras ab. Die relativ schweren Pferde treten Stellen aus und wälzen sich, das begünstigt wiederum Lichtkeimer wie die Besenheide. Verwirrend muten mitunter die vielen Schutzbezeichnungen an. Den höchsten Schutzgrad hat der Nationalpark. Davon gibt es in NRW nur den Nationalpark &bdquo;Eifel". Dann folgen die Naturschutzgebiete. Davon gibt es in NRW 3.181, 42 im Kreis Gütersloh. Der Kreis weist die Naturschutzgebiete aufgrund der Landschaftsplanung aus. Schloß Holte-Stukenbrock ist an sechs NSG beteiligt. Die Moosheide ist nicht nur Naturschutzgebiet, sondern gehört auch zum europäischen Schutzgebietsnetz &bdquo;Natura 2000" und ist Flora-und-Fauna-Habitat (FFH) und Vogelschutzgebiet. Seit 38 Jahren unter Naturschutz Am 26. Februar 1979 wurde die Moosheide unter Schutz gestellt. Neben den Emsquellen gelten das Kastental der Ems, die bewaldeten Binnendünen, die Trockenrasen- und Heideflächen und das Feuchtgrünland als erhaltenswerte Landschaften. Etwa 930 Hektar des Stadtgebietes, oder ungefähr 13 Prozent, stehen unter Naturschutz. Kreisweit sind 4.350 Hektar geschützt. Die Moosheide ist mit etwa 154 Hektar nach dem Holter Wald das zweitgrößte Naturschutzgebiet in SHS, dabei ist die Moosheide noch größer, denn drei Fünftel des Areals befindet sich auf dem Gebiet des Kreises Paderborn. Die Stadtführer SHS sind mehrmals im Jahr mit Gruppen in der Moosheide unterwegs.

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