Von
Delia Kornelsen
30.12.2016 | 30.12.2016, 17:23
Schloß Holte-Stukenbrock
Aus Kult soll Tradition werden
Schloß Holte-Stukenbrock. Am 28. Dezember 1964 wurde die deutsche Filmkomödie erstmals im Fernsehen ausgestrahlt. Genau 52 Jahre später präsentiert der Kinoverein "Rhythmus Filmtheater" seinen Zuschauern den Klassiker aus dem Jahr 1944 mit Heinz Rühmann in der Hauptrolle als Schriftsteller Dr. Johannes Pfeiffer, der seine Schulzeit als Erwachsener in einem Gymnasium nachholt. Das Publikum in der Aula der Realschule wurde vorab aufgefordert, gerne für eine lebendige Atmosphäre während der Filmvorführung zu sorgen.
Schnell wird klar, dass hier wohl jeder "Die Feuerzangenbowle" kennt. Schon bevor der Film überhaupt beginnt, sind am Eingang zur Aula Zitate aus dem Film zu hören. "Pfeiffer mit drei F. Eins vor dem Ei und zwei hinterm Ei!". Zum wievielten Mal die Zuschauer den Streifen schon gesehen haben, ist kaum noch zurückzuverfolgen. "In der Kindheit hat es angefangen. Seitdem habe ich ihn häufiger mit meinen Eltern gesehen", erzählt Rita Laabs. "Ich habe 'Die Feuerzangenbowle' schon länger nicht mehr gesehen. Deswegen ist es jetzt quasi wie ein Aufleben der alten Zeiten", ergänzt Elisabeth Fernitz. Und obwohl Rita Laabs Grundschullehrerin ist, verbindet sie nichts weiter als Vergnügen mit dem Film, in dem das Schulleben ein wenig aufs Korn genommen wird. "Spaß an der Freude", gibt sie lachend zu.
Für ein authentisches Filmerlebnis sorgt auch die selbstgemachte Feuerzangenbowle, die das Team des Kinovereins vor Beginn an die rund 30 Zuschauer verkauft. Das Wintergetränk ist nicht nur zum Aufwärmen gedacht, sondern soll auch während der Vorstellung hörbar zum Einsatz kommen. Die Mitglieder des Kinovereins zeigen den Film nämlich als interaktive Sondervorstellung. Die Zuschauer sollen mit Hilfe von Gegenständen Film- und Toneffekte bestimmter Szenen verstärken. Wenn zu Beginn die Freunde von Johannes Pfeiffer ihre alten Schulstreiche erzählen und mit der Feuerzangenbowle anstoßen, sollen sich auch die Zuschauer zuprosten.
Wenn hingegen Pfeiffers Wecker zu seinem ersten Schultag im Gymnasium läutet, können auch die Handys und Fahrradklingeln des Publikums losgehen.
"Das wird in vielen Universitäten so gemacht. In den Hörsälen wird die 'Feuerzangenbowle' gezeigt und gleichzeitig machen die Studenten in bestimmten Momenten einfach mit", erklärt Reiner Rösch-Lamberts vom Verein.
"Ich selbst habe eine Taschenlampe mitgenommen", fügt er hinzu. Die kommt in dem Moment zum Einsatz, als Pfeiffer einem Kameraden im Unterricht dabei hilft, die Antwort auf eine Frage des Lehrers zu finden.
Auch hier stimmen einige Zuschauer mit ein. Die Atmosphäre während der Vorstellung ist ausgelassen. "Prost" ist wiederholt zu hören, lautes Lachen - und immer wieder werden Sätze der Akteure auf der Leinwand mitgesprochen. Etwa als Professor Schnauz seinen Schülern "einen wönzigen Schlock" Heidelbeerwein aus dem Reagenzglas zu trinken gibt.
Heiter verlassen die Zuschauer nach 97 Minuten Lachen und nostalgischem Schwelgen in Erinnerungen die Realschule. Die Mitglieder des Kinovereins sind zufrieden. "'Die Feuerzangenbowle' zu zeigen, war ein Versuchsballon. Wir werden es aber sicherlich wiederholen", sagt Reiner Rösch-Lamberts. "Es wäre schön, wenn daraus eine Tradition werden könnte, solange wir hier sind."
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