Biergarten trotz Corona-Verbot geöffnet: "Nicht nur illegal, auch illegitim"

Rietberg. &bdquo;Ein Zeichen setzen" wollten Sabine und Frank Goller, als sie am Gründonnerstag ihr Café Päusken in Rietberg öffneten und damit gezielt gegen die Coronaschutzverordnung verstießen. &bdquo;Wir kämpfen um unsere Existenz, die durch nicht nachvollziehbare Maßnahmen gefährdet ist", hatte das Betreiberehepaar auf Facebook sein Verhalten begründet. Seitdem erfahren die Gollers deutschlandweit Unterstützung. Manchen erscheinen sie gar als Vorbild, als Beispiel für zivilen Ungehorsam, dem möglichst viele Gastronomen folgen sollten. Auch mich rührt ihr Schicksal, ihr Handeln aber ärgert mich. Dass das Handeln der Gollers illegal war, steht außer Frage. Der legale Rahmen wird durch die Coronaschutzverordnung vorgegeben, gegen den die Gollers mit ihrer Öffnung bewusst verstoßen haben. Dass sie damit staatliches Handeln herausforderten, gehörte zu dem Zeichen, dass sie setzen wollten. Doch war es auch legitim? Ob eine Handlung legitim ist, hängt vom Kontext und dem bewerteten Gegenstand ab. Wer gegen die Verordnung verstößt, hat zu Recht die Konsequenzen zu tragen Zum Vergleich ein Gegenbeispiel, die Proteste gegen den Tagebau Hambach: Während ein überwiegender Teil der Bevölkerung einen schrittweisen Ausstieg aus dem Braunkohletagebau laut repräsentativer Umfragen befürwortet und eine breite gesellschaftliche Front friedlich gegen die Rodung des Hambacher Forsts vor Ort protestiert, setzen die Landesregierung und die RWE AG die – legale – Rodung durch. Doch weil sie gegen national und international festgeschriebene Klimaziele sowie ökonomische wie ökologische Vernunft verstößt, bin ich geneigt, ihre Legitimität in Frage zu stellen. Die legale (Staats-)Handlung macht eine demokratische Notkorrektur durch zivilen Ungehorsam aus meiner Sicht notwendig. Dieses Fallbeispiel angewendet auf das Päusken, wäre der Gegenstand die durch die Coronaschutzverordnung festgelegten Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung, gegen die sich die einsame Aktion des Ehepaars richtete. Und diese Aktion war nicht nur illegal, sondern auch illegitim, weil das Ziel, nämlich Infektionsvermeidung, von einem Großteil der Bevölkerung weitgehend getragen wird. Wer gegen die Verordnung eigenmächtig und vorsätzlich verstößt, hat zu Recht die Konsequenzen daraus zu tragen. Kritik an einzelnen Maßnahmen ist erlaubt Das bedeutet aber nicht, dass man nicht Kritik an den einzelnen Maßnahmen äußern dürfte. Tatsächlich enthält die Verordnung mit ihren Löchern, Inkonsequenzen und Ungerechtigkeiten genug Kritikwürdiges. Die NW und nw.de sind Orte, in denen verschiedenen kritischen Positionen Raum gegeben wird. So etwa der Äußerung Rainer Schorchts, dass der Einzelhandel gegenüber Drogerien und Supermärkten in einem ungerechten Wettbewerb stehe. Diese würden 60 Prozent des Handels ausmachen. &bdquo;Der harte Lockdown betrifft die restlichen 40 Prozent zumeist inhabergeführten Fachgeschäfte", so der Gütersloher Einzelhandelssprecher. Auch die gescheiterte Bewerbung der Stadt Gütersloh als Modellkommune zählt zu den Dingen, die in der NW hinterfragt werden. Die Gütersloher Bundestagsabgeordnete Elvan Korkmaz-Emre kritisiert zu Recht die intransparenten Auswahlkriterien. Das Bambikino hatte ebenfalls Hoffnung auf kontrollierte Öffnungsstrategien und wurde bitter enttäuscht. Das Kurzfilmfestival wird dieses Jahr allenfalls digital stattfinden. In den "Lichtergang" reihen sich auch Coronaleugner ein All diese Stimmen kommen in der NW und auf nw.de vor. Das heißt: Kritik ist möglich, auch ohne gegen Verordnungen zu verstoßen und die Gesundheit Unbeteiligter zu gefährden. Auch die nachvollziehbare Existenznot der Gollers und ihre Unterstützerstimmen finden hinreichend Platz in unserer Berichterstattung. Dass sich am Montag allerdings ein &bdquo;Lichtergang" durch Rietberg formieren will, in den sich wohl auch &bdquo;Querdenker" und Coronaleugner einreihen werden, ist ein Vorgang, den ich kritikwürdig finde. Nicht nur, weil zu befürchten ist, dass gegen Hygienemaßnahmen verstoßen wird. Vielmehr befürchte ich, dass die Gollers jene fragwürdige Unterstützung finden, von der sie sich wiederholt öffentlich distanziert haben. Die Gesellschaft, so hat es Sabine Goller selbst auf Facebook treffend formuliert, sei schon gespalten genug. Den &bdquo;Irrlichtern" am Montag zu folgen, wird diese Gräben allerdings vertiefen. Das ist sicherlich ein falsches Signal.

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