Nach 13 Jahren: Schulleiterin im Kreis Gütersloh verabschiedet sich von besonderer Schule

Rheda-Wiedenbrück. &bdquo;Ich war gerne Bössin“, sagt Anette Düllmann. Den Titel hat ihr einst ein Schüler verpasst. 13 Jahre lang leitete sie die Regenbogenschule an der Heidbrinkstraße. Heute hat sie ihren letzten Arbeitstag an der einzigen Schule mit dem Förderschwerpunkt Sprache im Kreis Gütersloh. Düllmann ist 64 Jahre alt, das sei passend für den Ruhestand. Sie gehe mit dem Gefühl, alles richtig gemacht zu haben und eine gute Schule zu hinterlassen. &bdquo;Es war für mich ein maximal sinnerfüllter Beruf.“ Zu ihrem letzten Schultag hat sie ihren Schreibtisch aufgeräumt. Ihre Kolleginnen haben schon ein Abschiedsfest mit dem Motto &bdquo;Für Frauen ist das kein Problem“ organisiert. Lesen Sie auch: Unternehmer eröffnen Privatschule im Kreis Gütersloh: Neue Details für Eltern Die Pädagogin freut sich, künftig viel mit dem Rad zu erledigen und nicht mehr täglich Auto fahren zu müssen. Das war bisher unumgänglich für die Frau, die in Werther lebt. Doch gestört hat sie das nie. Denn auch ihre Schülerinnen und Schüler kommen aus dem ganzen Kreis Gütersloh und sitzen bis zu einer Stunde im Kleinbus. Schule hat mehr Anfragen als Plätze Düllmann war es wichtig, mit den Menschen auf Augenhöhe zu sein – mit ihren 27 Kolleginnen, den Eltern und den 210 Kindern der Regenbogenschule. &bdquo;Ich habe immer versucht zu leiten, aber nicht zu bestimmen.“ Blickt die gebürtige Lingenerin zurück, war nach dem Umzug der Regenbogenschule 2017 von Gütersloh in die ehemalige Heidbrinkschule die Corona-Pandemie die größte Herausforderung. Das sei enorm anstrengend gewesen, da niemand wusste, wie und wann diese Zeit enden würde. Nach ihrem Sonderpädagogik-Studium mit der Fachrichtung Sprache-Kommunikation und Lernen sowie dem Unterrichtsfach Geschichte/Politik absolvierte Düllmann ihr Referendariat in Wiesbaden. Ihre erste Planstelle hatte sie in Bielefeld. Von 2009 bis 2012 war sie Fachberaterin der Bezirksregierung Detmold zur Entwicklung von Diagnostikstandards und Fortbildungsmoderatorin für alle Förderschulen Sprache im Regierungsbezirk. Dass ihre Regenbogenschule heute viel mehr Anfragen als Plätze hat, liege nicht an Flüchtlingskindern. &bdquo;Nicht ausreichende Deutschkenntnisse sind kein Kriterium für den Besuch einer Förderschule“, erklärt Düllmann. Vielmehr sind dort Kinder, die Aussprachestörungen haben, Laute weglassen und sich darum nicht klar ausdrücken können, die Regeln der Grammatik sprachlich nicht anwenden können, die sich Wörter nicht merken können, die stottern oder poltern, die einen starken Rededrang haben und die nicht zuhören können. Viele Kinder wechseln in eine Regelgrundschule Der Kreistag hat wegen der starken Nachfrage beschlossen, 2027 in Versmold eine zweite Förderschule Sprache zu eröffnen. Die würde die Regenbogenschule entlasten. Denn räumlich wie personell sei man am Anschlag in Rheda-Wiedenbrück. Wer Düllmanns Nachfolge antritt, ist offen. Vorerst wird ihre Stellvertreterin Kirsten Jung kommissarische Schulleiterin. Lesen Sie auch: Ungewöhnliches Konzept: Das ist Güterslohs kleinste Schule Vieles habe sie bewirken können, meint die scheidende Schulleiterin. Dazu gehöre in der ersten und zweiten Klasse das jahrgangsübergreifende Arbeiten. Das Konzept des gemeinsamen Lernens lege den Fokus auf Selbstständigkeit. &bdquo;Starke Kinder kommen schnell voran, Schwächere lernen langsamer, bis es klickt.“ 17 Kinder sind in einer Klasse bei doppelter Lehrerbesetzung. Der Charme sei, dass Kleine von Große lernen und es &bdquo;kein Sitzenbleiben gibt“. Rund 60 Prozent der Regenbogen-Kinder können in oder nach der dritten Klasse in eine Regelgrundschule wechseln, weil sie intensiv gefördert wurden. &bdquo;Bei uns ist jedes Kind herzlich willkommen. Wir alle meinen, dass es besser ist, früh zu fördern, als später zu reparieren.“ Schulleiterin hat offenen Ganztag eingeführt Das Selbstwertgefühl der Mädchen und Jungen zu stärken und jeden zu akzeptieren – das sei das Credo ihrer Schule. Als deren Leiterin wollte Düllmann immer einen Ort schaffen, der den Schülern ein hohes Maß an individuellen Förder- und Unterrichtsangeboten bietet. Die Digitalisierung habe sie mit ihrem Team voran gebracht und sich dafür eingesetzt, den offenen Ganztag einzuführen. 105 Kinder nutzen die Nachmittagsbetreuung. Die wirkt wie ein weiteres pädagogisches Angebot. Beim gemeinsamen Mittagessen gelten Regeln, werden Rücksichtnahme, Höflichkeit und Benehmen spielerisch gelernt. Lesen Sie auch: Überraschende Entscheidung in Gütersloh: Kirchengemeinde schließt zwei Kitas Düllmann mag ihre Schützlinge. Sie lobt sie und nennt sie großartig. &bdquo;Kinder, die von weit her jeden Morgen zu uns kommen, haben das Beste verdient“, sagt die 64-Jährige. Für sie war die Regenbogenschule immer eine Haltung. Nun will sie mit ihrem Mann, der bis vor zwei Jahren die Hundertwasser-Schule in Gütersloh geleitet hat, radelnd schöne Orte entdecken. Österreich ist das erste Ziel.

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