Mit Fotos: Hunderte feiern den Karnevalsauftakt im Kreis Gütersloh

Rietberg/Rheda-Wiedenbrück. Am 11. November lassen unter anderem die Rietberger bekanntlich die Sau raus. Doch es ist 11.11 Uhr und noch ist keine Feier auf den Straßen zu sehen. Wer kann denn schon wissen, dass man den Karnevalsumzug auch einfach verschieben kann? Das regnerische Wetter macht es möglich. Eine halbe Stunde nach dem ersten, kräftigen &bdquo;Rietberg Tendondria Helau“ machte sich die Parade auf den Weg durch die Gässchen der Stadt, um gemeinsam den Karnevalsauftakt zu feiern. Der volle Platz zwischen Rathaus und Kirche zeigt: Auch bei frühwinterlichen Temperaturen und Nieselregen lassen es sich die Rietberger Narren und Jecken nicht nehmen, gemeinsam die fünfte Jahreszeit einzuläuten. Musikalisch begleitet werden die Karnevalisten dabei von den Rietberger Jägern und dem Fanfarenchor. Ganz nach dem Motto &bdquo;Beim Paukenschlag die Sau flippt aus, es wackelt jedes Fachwerkhaus“ zeigen sie ihre tatkräftige Feierlaune schon beim ersten gemeinsamen Schunkeln und beim ersten gemeinsam gesungenen Lied. Lesen Sie auch: 36.000 feiern bunten Rosenmontag im Kreis Gütersloh - mehrere Polizeieinsätze am Abend Diese Feierlaune sei laut Holger Hanhardt, Präsident der Grafschaftler Karnevalsgesellschaft Rietberg, aber auch nötig. &bdquo;Deutschland steckt in einer Art Midlife-Crisis“, erklärt er in seiner Festrede. Schaue man sich die Probleme der Welt an, dann schätzen die Menschen die Gegenwart viel zu wenig, sagte er. Genau dafür sei Karneval jedoch da: um das Hier und Jetzt zu genießen und dem Alltag für eine Weile zu entfliehen. Und dafür müsse es auch nicht immer &bdquo;Kölle“ sein, wie das bekannte Karnevalslied besagt. Der Stein der Weisen wird blitzblank Auch das diesjährige Prinzenpaar, Kathrin I. und Julian I., richtet ein paar Worte an die närrische Gefolgschaft. Und auch einen Orden können die beiden noch vergeben. Der Schloßorden - der höchste Orden für Externe Unterstützer der Grafschaftler - geht an Andreas Göke. Nun ist es jedoch erst mal an der Zeit, alte Traditionen - und fünfzig Jahre alte Steine - zu bedienen. &bdquo;Nach dem Putzen und der Schunkelrunde wird weiter gefeiert - was für eine frohe Kunde“, erklärt Oberbürgermeister Andreas Sunder als nächster Redner seinen Närrinnen und Narren. Im Reim erklärt er: &bdquo;Der Stein der Weisen, er lockt euch her, ihn richtig zu putzen, das fällt euch schwer. Deswegen lasst ihr nur Spitzenbeamte an den Stein, denn dann wird er wirklich blitzeblank sein. Oberbürgermeister, das war ich gestern, heute bin ich Meister Propper - mit ein bis zwei Schwestern.“ Und dann wird der Stein auch schon in Windeseile von oben bis unten geschrubbt. Alle Traditionen erledigt, verlegten die Junker ihre Feier vom kalten, nassen Rathaushof in die Gaststätte Henke-Blomberg, wo das Singen und Schunkeln noch weitergeht. Auch in Rheda-Wiedenbrück startet der Karneval nicht pünktlich Aber nicht nur in Rietberg, auch in Rheda-Wiedenbrück kommt es zu leichten Verzögerungen. Als Martin Schroedter in seiner Funktion als Vorsitzender des Rosenmontagskomitees am späten Montagmorgen die Sekunden bis 11.11 Uhr herunterzählen will, ist er einen Hauch zu spät dran. Doch die Sekundenverzögerung tut der guten Stimmung beim Start in die neue Karnevals-Session keinen Abbruch – im Gegenteil. Nach einem Schmunzeln im weiten Rund schallt es hundertfach &bdquo;Rheda-Wiedenbrück Helau“ durch die Deele des Hohenfelder Brauhauses in Wiedenbrück. &bdquo;Und jetzt präsentieren wir das Schönste und Beste, was unsere Stadt zu bieten hat“, sagt Schroedter noch, ehe der Jubel immer lauter wird. Gemeint sind Sandra I. und Klaus I. Rickmann, die als amtierendes Stadtprinzenpaar am Elften im Elften natürlich eine Hauptrolle spielen. &bdquo;Die Krise im Bundestag wird bei den Narren vertagt“, reimt der Prinz in seiner Rede zum Vergnügen der Jecken, die eng an eng im Saal stehen. Auch das Kinderprinzenpaar Ben I. Bücker (11) und Cheyenne I. Beil (10) hat die Lacher auf seiner Seite. &bdquo;Wir sind richtig froh, dass der Karneval wieder losgeht – und dass wir heute Schule schwänzen können“, sagen die beiden mit einer beeindruckenden Souveränität. Genehmigung zum Schwänzen vom Schulleiter Wie das mit dem Schwänzen funktioniert? Ganz einfach: &bdquo;Wir haben den Schulleiter gefragt, ob er uns beurlauben kann“, erzählt Ben. Wer könnte Majestäten schon diesen Wunsch abschlagen? Kurz darauf folgt der spannende Moment, als die beiden Prinzessinnen mit Hilfe goldener Seile das Motto der diesjährigen Session enthüllen: &bdquo;Ob Festzelt, Kneipe oder Saal. . . in allen Straßen Karneval!“, heißt er. &bdquo;Das Motto ist auch dadurch inspiriert, dass wir gerade viele Baustellen und Umleitungen in der Stadt haben, die auch bei unserem Umzug eine Rolle spielen werden“, so Martin Schroedter. Das ist doch wohl keine augenzwinkernde Spitze gegen das Rathaus? Spätestens als die Rheda-Wiedenbrücker Hausband &bdquo;De halven Hähne“ aus Delbrück live und in Farbe ihr kölsches Liedgut zu Gehör bringt, ist für alle Jecken klar: Jetzt wird gefeiert, geklönt und gelacht. Jessica Markmann hat ihre beiden Kinder mitgebracht – Nachwuchspflege ist eben auch im Karneval wichtig. &bdquo;Ich bin durch meinen Bruder eine Närrin geworden. Er war damals Kinderprinz. &bdquo;Zusammen feiern geht immer“ Später haben wir bei den Herzdamen getanzt“, sagt die Helü-Aktivistin und schaut ihre Freundin Iris Eickholt an, die eine ähnliche jecke Karriere hingelegt hat. &bdquo;Das Miteinander, das Zusammensein – das ist das Faszinierende am Karneval“, sagt Iris Eickholt. &bdquo;Auch wenn man sich das ganze Jahr nicht sieht – zusammen feiern geht immer“, ergänzt Jessica Markmann und nimmt Josefine (4) und Johannes (1,5) auf den Arm. Am Nachbartisch steht Christoph Baumhus in seiner roten Karnevalskluft umringt von jungen Frauen in grünen Uniformen. So etwas nennt man wohl Hahn im Korb. Oder Farbtupfer. Dass rot für die KG Helü und grün für Grüne Funken steht, spielt hier keine Rolle. &bdquo;Die Farben sind egal, bei uns in der Stadt wird immer zusammen gefeiert“, sagt Baumhus. Wie zum Beweis steht Freundin Theresa Grönebaum ganz in grün daneben. Lesen Sie auch: Die schönsten Fotos: 15.500 feiern Karneval im Kreis Gütersloh - Polizei greift ein Sie und ihre Kolleginnen tanzen gemeinsam in der Damengarde. &bdquo;Wir haben uns kennengelernt, als jeder von uns schon im jeweils anderen Verein aktiv war“, erzählt Christoph Baumhus, während die Partnerin verschmitzt lächelt. &bdquo;Die Damengarde hat letztes Jahr auf meinem Geburtstag getanzt – das war Bombe“, sagt eine Närrin noch im Vorbeigehen, bevor sie im Getümmel verschwindet. Wichtige Pflege des Brauchtums im Kreis Gütersloh Dass das gemeinsame Feiern auch auf anderer Ebene funktioniert, beweist die Tatsache, dass Abordnungen sämtlicher Schützenvereine im Brauhaus vorbeischauen. &bdquo;Es ist schön, zu sehen, dass der Austausch zwischen Schützen und Karnevalisten immer intensiver wird“, betont Martin Schroedter. &bdquo;Wir brauchen uns gegenseitig zur Pflege des Brauchtums in unserer Stadt.“

Meistgelesen