Großbrand im Kreis Gütersloh: Jetzt sprechen die beschuldigten Jugendlichen

Rheda-Wiedenbrück. Es war einer der verheerendsten Großbrände, die sich in den vergangenen Jahren in der Region ereignet haben. Rund 400 Einsatzkräfte des Umlandes bekämpften in der Nacht von Samstag, 11. Februar, bis zum Sonntag ein Feuer bei dem Unternehmen &bdquo;Nolte Produktenwerk GmbH“. Drei große Lagerhallen standen komplett in Brand. Aus dem Flammenmeer stiegen giftige Rauchwolken und zogen vom Bosfelder Weg Richtung Osten. Erst am Sonntagmorgen wurde Entwarnung gegeben. Es war ein Glück, dass niemand verletzt wurde, auch nicht bei den Einsatzkräften, die professionell bei den Löscharbeiten vorgingen. Schnell war den Experten klar, dass es sich um Brandstiftung handeln musste. Die Ermittlungsarbeit der Polizei war schnell erfolgreich. Bereits am Sonntag nahm sie einen 18-jährigen Tatverdächtigen fest. Er hatte Bilder und ein Video seines Zündelns in der Halle in soziale Netzwerke gestellt, die der Polizei aufgefallen waren. In den folgenden Tagen wurden fünf weitere, mutmaßliche an der Tat mitbeteiligte Jugendliche zwischen 17 und 18 Jahren identifiziert. Jugendliche lassen Feuerlöscher mitgehen Während sich der mutmaßliche Brandstifter in einem gesonderten Prozess ab Anfang Dezember vor Gericht verantworten muss, saß Dienstag das Quintett, 17- und 18-Jährige, auf der Anklagebank des Saals 105 im Amtsgericht Gütersloh. Die Jugendlichen machten neben ihren Strafverteidigern einen etwas bedröppelten Eindruck. In der von der Staatsanwalt verlesen Anklageschrift wird ihnen der besonders schwerer Fall des Diebstahls sowie unterlassene Hilfeleistung vorgeworfen. Die Angeklagten hätten den Brand weder zu löschen versucht, noch hätten sie die Feuerwehr gerufen. Außerdem hätten sie sich gemeinschaftlich eine fremde, bewegliche Sache angeeignet, weil sie in den Geschäftsraum des Unternehmens einstiegen. Gemeint ist ein Feuerlöscher, den die Jugendlichen mitgehen ließen. In der Halle sei ihre Suche nach Wertgegenständen erfolglos geblieben. Später hätten sie einen Karton mit leicht brennbarem Granulat umgestoßen. Lesen Sie auch: Mehr als 300 Rettungskräfte bekämpfen Großbrand im Kreis Gütersloh Angeklagter: &bdquo;Wir wollten ein bisschen Spaß haben“ Mit einem mitgeführten Feuerzeug, so der Staatsanwalt, hätte der mutmaßliche Brandstifter Viktor S. (Name geändert), der sich im Dezember zu verantworten habe, das Granulat angezündet. Einer aus dem Quintett, Colin S., habe gelöscht. Dann hätten die jetzt Angeklagten die Halle verlassen. Viktor S. habe sich noch einmal ins Gebäude begeben und erneut gezündelt. Das Quintett habe den Ort verlassen, ohne die Feuerwehr zu alarmieren. Ohne lange herumzureden, sagte der heute 18-jährige Angeklagte Colin S. umfassend aus. Vermutlich wurde er von seinem Strafverteidiger Andreas Trylla dahingehend beraten, mit seiner Einlassung die Tat aufzuklären. &bdquo;Wir haben uns alle in der Nähe der Kopernikusschule zum Chillen aufgehalten und eine Flasche Whiskey konsumiert. Als die Flasche leer war, zeigte Viktor S. schon erhebliche Ausfallerscheinungen wegen des Alkohols. Er trank die Hälfte der Flasche auf ex und kam dann auf die Idee, doch einmal bei dem großen Unternehmen nachzuschauen, ob es dort etwas zu holen gibt. Wir wollten ein bisschen Spaß haben. Wir wussten, dass wir uns leicht durch den Spalt eines Schiebetors quetschen können. In der Halle standen nur Kartons rum. Einen stießen wir um, der Inhalt landete auf dem Boden. Viktor S. nahm sein Feuerzeug und zündete das leicht brennbare Material an. Das hatte ich vorher auf einem Karton gelesen. Es war zunächst eine kleine Flamme, dann eine große Stichflamme. Ich ging zum Feuerlöscher, habe das Feuer gelöscht. Dann rief ich zum Aufbruch. Alle sechs verließen die Halle, wir machten draußen eine Rauchpause. Viktor S. verschwand noch mal im Gebäude, kam kurze Zeit später zurück und vertraute mir an, dass er noch einmal gezündelt habe“ erzählt Colin S.. Reue ist erkennbar - nichts wirkt auswendig gelernt Und weiter: &bdquo;Durch eine Art Milchglas konnten wir schemenhaft Licht, vermutlich Feuerschein, erkennen. Dann sind wir weggelaufen. Unterwegs kam uns eine Gruppe Menschen entgegen. Wir baten sie, die Feuerwehr zu rufen. Warum niemand aus der Gruppe die Feuerwehr verständigt hat, weiß ich auch nicht. Wir waren total überfordert mit der Situation. Vielleicht hatten wir Angst, erwischt zu werden. Wir hatten alle ein schlechtes Gewissen, wir haben es auch Viktor S. gesagt, was wir davon halten. Unser Leben ist am Arsch, denn wir sahen die Flammen, und die Feuerwehr“, erklärte der Angeklagte. Seine Reue ist erkennbar. Nichts mutet wie auswendig gelernt. Die vier weiteren Angeklagten ließen ihre Erklärung zum Tatgeschehen von ihren Strafverteidigern vorlesen. Nahezu deckungsgleich waren die Schilderungen, wie es zu dem verheerenden Brand kam. Kleine Ergänzungen rundeten das Bild von der Tatnacht ab. Die unterlassene Hilfeleistung, weil kein Anruf bei der Feuerwehr erfolgt war, wollten die Strafverteidiger nicht gelten lassen. Es gebe Zeugen, die nach einer Rauchentwicklung aus dem Dach der Industriehalle die Einsatzkräfte gerufen hätten. Das Quintett sei noch auf der Flucht gewesen, als bereits die Martinshörner der Einsatzkräfte zu hören waren. Vermutlich hätten die Angeklagten unter Schock gestanden, als die das Ausmaß des Feuers erkannten. Am Dienstag, 21. November, wird die Verhandlung fortgeführt und vermutlich auch das Urteil gesprochen.

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