Haus im Kreis Gütersloh zwangsversteigert - an diesen Bieter

Rheda-Wiedenbrück. Bis es zur Aufforderung von Angeboten kommt, hat Rechtspfleger Holger Haverkamp vom Amtsgericht Rheda-Wiedenbrück einige Regularien zu verlesen. Es ist Dienstagmorgen, 8 Uhr 42, als es losgeht mit der Hausversteigerung im A2-Forum, wohin das Gericht zum zweiten Mal in diesem Jahr die während der Pandemie angesammelten Zwangsversteigerungen ausgelagert hat. Im Juni hatte das Gericht bereits gute Erfahrungen damit gemacht, dass im Messezentrum die Corona-Regeln, vor allem die Abstände, gut eingehalten werden können. 50 Sitzplätze sind aufgebaut, 35 Plätze sind besetzt, als ein junger Mann das erste Angebot abgibt. Der Verkehrswert für das Haus beträgt laut Gutachten 233.000 Euro Es geht um ein 722 Quadratmeter großes Grundstück in Rheda an der Ringstraße 75, bebaut mit einem Zwei-Familien-Haus mit voll ausgebautem Dachgeschoss, zwei Garagen, Baujahr 1954 und 1962, Dachgeschossausbau 1992, 185 Quadratmeter Wohnfläche. 35.000 Euro verliest Rechtspfleger Haverkamp das Angebot. Zu diesem Preis müssen die Verbindlichkeiten im Grundbuch, also die dort eingetragenen 170.000 Euro zu Gunsten einer Bank, stets im Kopf mit hinzugerechnet werden. Somit hätte der Käufer in diesem Fall 205.000 Euro zu zahlen. Wie Holger Haverkamp zuvor dargelegt hatte, werden aus dem Gesamterlös Verfahrenskosten (1.300 Euro), ein Kostenvorschuss der Vorbesitzer (4.500 Euro), Grundschulden an die Stadt (749,40 Euro) und aufgelaufene Zinsen seit Januar 2020 (25.164 Euro), in Summe also rund 32.000 Euro, abgezogen. &bdquo;Bar zu zahlen" nennt er diese Summe. Die 170.000 plus die 32.000 sind die Mindestforderung des Gerichts. Der Verkehrswert laut Gutachten beträgt 233.000 Euro. Fünf Bieter geben in 30 Minuten ein Angebot ab Es dauert ein wenig, bis nachgelegt wird. 30 Minuten Zeit sind gesetzt, in diesem Fenster geben insgesamt fünf Bieter ein Angebot ab. Sie alle treten vor, hinterlassen am Pult des Rechtspflegers ihre persönlichen Daten sowie einen Scheck über mindestens 23.300 Euro als Sicherheitsleistung. 40.000, 45.000, 100.000 Euro – nach den ersten zögerlichen Schritten geht es in die Vollen. 20 Minuten nach Eröffnung ist ein sechsstelliger Betrag erreicht. 115.000, 120.000. Danach werden die Schritte kleiner. Als die 30-minütige offizielle Bieterzeit zu Ende geht, steht das zwölfte Angebot bei 135.000 Euro. Längst geht es nur noch durch Zuruf von den Bänken zum nächsten Schritt und Holger Haverkamp drückt jetzt auf die Tube. Nur noch zwei Bieter sind übrig Zwei Bieter sind noch übrig. Ein dritter Bieter ist bei 130.000 ausgestiegen. In 1.000er- oder 1.500er-Schritten geht es hoch. Die im Rennen verbliebenen Akteure wirken beide entschlossen. Holger Haverkamp zählt schon. &bdquo;Zum ersten, zum zweiten"; und er will gerade &bdquo;zum dritten", sagen, da räuspert sich der Herr mit Vollbart, der sich in der Mitte des Saals platziert hatte. Sein &bdquo;Kontrahent" sitzt in der letzten Reihe. &bdquo;Wo sind wir?" will er wissen, er ist so aufgeregt, dass er die Summe glatt überhört hat. Mehr zum Thema: Diese vier Immobilien kommen in Rheda-Wiedenbrück unter den Hammer &bdquo;145.500" ruft Rechtspfleger Haverkamp noch einmal in den Raum und der Familienvater legt ein letztes Mal 500 Euro drauf. Zum Dritten: Mit 146.000 Euro Barmeistgebot plus 170.000 Euro Grundschuldübernahme, somit also für insgesamt 316.000 Euro, ersteigert der vollbärtige Herr die erste Immobilie an diesem Tag. 6,5 Prozent Grunderwerbssteuer kommen da noch on top. Die beiden Vorbesitzer des Hauses konnten sich nicht einigen Zwei weitere Versteigerungen sind kurzfristig von der Tagesordnung genommen worden. Das passiere häufiger, wenn sich die Beteiligten einigen oder Schulden abgelöst werden, sagt Rechtspfleger Carsten Scheele. Eine weitere Versteigerung über ein Haus mit Grundstück in Herzebrock folgt erst gegen Mittag. Nötig geworden war die Versteigerung des Hauses in Rheda, weil die beiden Vorbesitzer außergerichtlich keine Einigung hinbekommen hätten, gaben übereinstimmend Rechtsanwalt und Rechtspfleger Einblick in die Hintergründe. Fälle dieser Art führten häufig zu Zwangsversteigerungen, so Scheele. "Ich dachte an die Zukunft meiner Kinder" Er habe das Haus gekauft, um in ein paar Jahren seinem in Rheda arbeitenden 19-jährigen Sohn eine Wohnung bieten zu können, erzählt der Käufer Markus Esen. &bdquo;Ich dachte an die Zukunft meiner Kinder." Der 46-Jährige wohnt mit seiner Frau und fünf Kindern im Verler Stadtteil Sürenheide. Renovierungen will der gelernte Buchbinder, der im Fliesenlegen und in Haushaltsreparaturen geübt ist, vorwiegend selbst erledigen. Durch Mieteinnahmen in den nächsten Jahren die Kaufsumme um 100.000 Euro reduzieren, lautet sein Ziel. &bdquo;Dann könnte mein Sohn das Haus für 250.000 Euro übernehmen." Mehr zum Thema: Erkrankte Vierfach-Mutter sucht seit Jahren verzweifelt eine neue Wohnung Draußen vor dem A2-Forum muss er sich von Bekannten, die ebenfalls mitgeboten haben, anhören, er habe den Preis hochgetrieben. &bdquo;Ich hatte mir meine Grenze gesetzt", sagt er. Viel weiter wäre er wohl nicht mehr gegangen, lässt er durchblicken. Sah Markus Esen während des Bieterwettbewerbs durchaus gelassen und geübt aus, gab er nachher zu, es sei seine erste Versteigerung überhaupt gewesen. &bdquo;Es ist ein komisches Gefühl. Ich habe heute Nacht von dieser Versteigerung geträumt", gibt er offen zu.

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