Besonderer Stellplatz im Kreis Gütersloh - hier müssen Camper nichts zahlen

Rheda-Wiedenbrück. Das ist Gastfreundschaft: Die "schönste Ecke auf dem ganzen Bauernhof" in Batenhorst überlassen Monika Vollmer und ihre Familie Fremden. Und zwar solchen, die mit Wohnmobil, Wohnwagen und Co. kommen und für eine Nacht bleiben möchten. Zahlen müssen sie dafür nichts. Eine Art Eintrittskarte aber brauchen sie. Seit einigen Jahren bekommt Monika Vollmer immer wieder Prospekte von dem Unternehmen "Landvergnügen". Das bietet Campern einen Stellplatzführer samt Vignette und Mitgliedskarte an - ausverkauft für 2021, für 49,90 Euro im nächsten Jahr. In dem Katalog sind Höfe beschrieben, auf denen die Wohnmobilisten einen Platz finden. "Das ist alles selbsterklärend und total unbürokratisch", meint die Bäuerin. Oft sind es Direktvermarkter, die eine Übernachtungsmöglichkeit anbieten. Darum werden die Besucher auch freundlich ersucht, bei ihren Gastgebern das ein oder andere einzukaufen. Verpflichtet sind sie dazu aber nicht. Familie holt sich Urlaubsbekanntschaften auf den Hof Darum zögerte Monika Vollmer zunächst, dem Werbeversprechen, dass sich der Umsatz ihres Bio-Ladens erhöhen würde, zu folgen. "Wir haben ja nicht täglich von 10 bis 19 Uhr geöffnet", sagt die Landwirtschaftsmeisterin. Ihre Meinung geändert hat sie dann wegen der Pandemie, "um den Leuten eine Chance zu geben". Denn Camping ist in, aber viele Campingplätze dürfen aktuell weniger Wohnmobile platzieren. Und "weil man selbst ja kaum irgendwo hinkommt", holt sich die Familie an der Schildstraße nun Urlaubsbekanntschaften auf ihren Hof. Lesen Sie auch: Warum sind Hofläden im Kreis Gütersloh während der Pandemie so beliebt? Zwei von ihnen sind Sonja Lange und Sabine Rose. Weit sind die mit ihrem "Lacki Elmo" getauften Wohnmobil nicht angereist. Sie kommen aus Lippstadt und wollten mit ihren Kindern "einfach mal einen Kurztrip machen". Sie haben sich vorab lediglich telefonisch erkundigt, ob er Platz frei ist. "Das läuft ganz unbürokratisch", sagen sie. Und freuen sich, am Feldrand auf ihren Klappstühlen der Sonne zuzusehen, wie sie schlafen geht. "Das ist ein Mega-Platz, ein Träumchen", sagt Lange. Auf ihrem Tisch steht eine Flasche Wein, zum Abendbrot gab es Radieschen, beides aus Vollmers Bio-Laden. "Das ist ja gewünscht und total okay", finden die Frauen. Sie genießen es, "hier frei für eine Nacht zu stehen, quasi zurück zur Natur". Infos aus erster Hand Ihre Kinder laufen herum. Sie durften helfen, die Kühe in den Stall zu bringen, haben beim Melken zugeschaut und ein Kälbchen gestreichelt. Das ist ein weiterer Grund für Monika Vollmer, bei Landvergnügen mitzumachen. "Schon meine Schwiegereltern haben sich auf die Fahnen geschrieben, gerade auch Kinder auf den Hof zu holen und ihnen Einblicke in die Landwirtschaft zu geben." Bei Vollmer werden Kartoffeln, Backgetreide und etwas Gemüse sowie Futter für die Tiere angebaut. Auf dem Hof leben Milchkühe, Kälber, zwei Schweine "als Resteverwerter", Hühner, Hund und Katzen. Die Kontaktmöglichkeit mit den Campern nutzt die Landwirtschaftsmeisterin, um über das Vieh - "man muss auch mal überlegen, was aus den Tieren wird, deren Milch man trinkt und deren Eier man isst" - zu sprechen. Denn Monika Vollmer bemerkt eine große Disprepanz zwischen den Erzeugern und den Verbrauchern von Lebensmitteln. Das macht sie zum Thema, auch über ökologischen Landbau und freundliche Tierhaltung spricht sie - aber nur, wenn die Gäste das wollen. Einen Pizzaboten fast weggeschickt "Einige möchten hier nur campen, andere auch im Stall zuschauen und quatschen", sagt die vierfache Mutter. Bislang hat sie ein gutes Dutzend Wohnmobilisten auf dem Bauernhof begrüßt. "Alles nur freundliche Menschen." Unkompliziert sind sie auch. Denn viel Schnickschnack gibt es bei den Vollmers nicht. "Den Wassertank kann man bei uns schon auffüllen, aber Dusche, WC und Strom bieten wir nicht." Die meisten Gäste kamen bislang aus der Umgebung, "weil sie mal eben mit den Kindern raus wollen". Ein Paar aus Hamburg hatte die weiteste Anreise. Und "sieben von zehn Gästen sind ganz neu als Camper unterwegs", so die Beobachtung von Monika Vollmer. Beobachtet hat sie eines Abends auch einen Pizzaboten, der suchend über ihren Hof lief. Den wollte sie schon wieder wegschicken, "weil wir so etwas nie bestellen würden", lacht sie. Dann aber kamen winkend die aktuellen Camper angelaufen. Gerade noch rechtzeitig. Sie mussten dann nicht mit leeren Mägen schlafen gehen - am Feldrand, auf der schönsten Ecke des Biohofes Vollmer.

Meistgelesen