Nachbarn des "Wiedenbrücker Tors" beklagen Bauschäden durch Bauarbeiten

Rheda-Wiedenbrück. Anwohner des abgeräumten Areals im Bereich Nordring/Hauptstraße/Mellagestraße befürchten, dass es durch anstehende Bauarbeiten zu Schäden an ihren Häusern kommen kann. Sie hatten einen Bürgerantrag an die Stadt gerichtet, in dem sie ein Beweissicherungsverfahren forderten. Dass diese Forderung der Anlieger ihrer Berechtigung hat, zeigt ein anderes Großbauprojekt. Bei der Realisierung der exklusiven Wohnanlage &bdquo;Wiedenbrücker Tor" an der Ecke Bielefelder und Breite Straße ist es bei mehreren Anliegern während der rund dreijährigen Bauphase zu teils erheblichen Bauschäden gekommen. Darum gehen zwei gut gemeinte Hinweise aus der Breiten Straße in Richtung Neubaugebiet Hauptstraße: Es ist wichtig, den Zustand der eigenen Wohnhäuser festzustellen und gutachterlich bestätigen zu lassen. Für den Fall des Falles schadet es nicht, eine Rechtsschutzversicherung zu haben. Lesen Sie auch: Bagger rücken an: Was verbirgt sich auf diesem Grundstück in Rheda-Wiedenbrück Über die Frage, wer für die Schäden an den Häusern verantwortlich ist und die Kosten für deren Beseitigung übernimmt, ist es zum Streit zwischen drei Anliegern und der Investorengemeinschaft gekommen. Ein Anlieger hat stellvertretend für zwei Nachbarn den Klageweg beschritten. Anhängig ist ein Termin vor dem Landgericht Bielefeld. Der Streitwert liegt bei 70.000 Euro. Ein weiterer Anlieger beziffert seine Schäden auf einen Betrag in etwa gleicher Höhe. Eine Anwohnerin geht von einer Schadenssumme von 48.000 Euro aus. "An den Außenwänden zeigen sich Risse" Die drei Immobilienbesitzer sind verärgert, wie man mit ihnen in der Bauzeit und danach umgegangen ist. Jürgen Wutschke: &bdquo;Es hat zu keinem Zeitpunkt eine Vorstellung oder Kontaktaufnahme von Seiten des Investors gegeben. Das haben wir sehr bedauert." Immerhin wurde der Nachbarschaft des ehemaligen Gewerbegrundstücks (Möbelfabrik Lüning, später Möbelgeschäft &bdquo;Die Wohnung") einiges zugemutet. Anlieger Manfred Becker sagt, dass sich die Bauphase über drei lange Jahre hingezogen habe. "Davon haben wir elf Monate ununterbrochen das Dröhnen der Wasserpumpen gehört." Es folgten Erschütterungen durch das Einrammen von sechs bis sieben Meter langen Stahlplatten in den Boden. Schließlich seien Lärm und Staub durch die Tief- und Hochbauarbeiten hinzugekommen. &bdquo;Das zog sich mitunter den ganzen Tag hin", ergänzt Inge Bultschnieder. Die Arbeiten hätten um 6 Uhr begonnen, an manchen Tagen sei abends noch bei Dunkelheit im Licht von Handylampen die Fassade verputzt worden. Darüber hinaus waren die Anlieger – wie auch weitere Teile der Bevölkerung – durch die mehrjährige baubedingte Sperrung der Breiten Straße in Fahrtrichtung Nordring beeinträchtigt. Das alles hätten die Anlieger noch mit Zähneknirschen als notwendige Begleiterscheinung eines größeren Bauvorhabens hingenommen. Akzeptieren aber werden sie nicht die während der Bauzeit festgestellten Veränderungen an der Bausubstanz ihrer Häuser. Massive Schäden etwa zeigen sich auf dem Grundstück und im Wohnhaus der Familie Becker. &bdquo;Das Pflaster eines Weges hat sich abgesenkt, an den Außenwänden zeigen sich Risse und in vier Zimmern ist der Putz von der Wand gefallen", sagt Manfred Becker. "Davon nehmen wir uns nichts an" Jürgen und Marlies Wutschke beklagen einen materiellen Schaden. Die Eheleute mussten einen Schuppen aus Mauerwerk wegen Einsturzgefährdung nach Rissen im Fundament abreißen lassen. Das Abstützen des an der Grundstücksgrenze liegenden Gebäudes habe der neue Nachbar nicht gestattet. &bdquo;Wir durften sein Grundstück erst nach einer einstweiligen Verfügung betreten", sagt Jürgen Wutschke. Auch an seinem Wohnhaus entstanden neue Risse im Mauerwerk. Von zahlreichen Rissen in ihrem Gebäude berichtet Inge Bultschnieder. Nach einem Sprung in einer Fensterscheibe sei erstmals Regenwasser in ihr Wohnzimmer eingedrungen. Zudem beklagt die 49-Jährige einen Durchbruch in ihrem Garagenboden und eine abgekippte Grenzmauer. &bdquo;Da ist das Fundament abgesackt", vermutet sie. Im August 2019 hat Manfred Becker die bauausführende Firma Mestekemper auf die Schäden an seinem Haus hingewiesen. &bdquo;In einer ersten Reaktion sicherte der Polier nach der Begutachtung eine Beseitigung zu. Es folgte der Vorschlag, die Tapeten vom betroffenen Mauerwerk zu entfernen." Danach habe es plötzlich geheißen: "Davon nehmen wir uns nichts an. Das liegt am schlechten Fundament." Zum gleichen Ergebnis sei ein von der Baufirma beauftragter Gutachter gekommen. Daraufhin beschritten die Eheleute Becker den Klageweg. Für 2.500 Euro gaben sie ein weiteres Sachverständigengutachten in Auftrag. Im Februar waren die Gutachter vor Ort. &bdquo;Das Ergebnis liegt dem Gericht vor, wir kennen es noch nicht", so Becker. Auch auf den Termin für den Prozess vor dem Landgericht warten sie noch. Sehr enttäuscht sind die Betroffenen, wie man mit ihnen in der Angelegenheit bislang umgegangen ist. "Der Architekt hat uns eine Regulierung der Schäden zugesagt. Darauf haben wir vertraut. Doch jetzt fühlen wir uns betrogen", sagt Jürgen Wutschke. "Gerade in Wiedenbrück ein Riesenthema" Das heimische Bauunternehmen Mestekemper, das den Auftrag für den Rohbau des &bdquo;Wiedenbrücker Tors" hatte, verweist darauf, sich streng an das vom Investor vorgelegte Leistungsverzeichnis gehalten zu haben.&bdquo;Den entsprechenden Leitfaden haben wir exakt eingehalten und abgearbeitet", sagt Bernd Lübbert. Gleichwohl räumt der Bauingenieur grundsätzliche Probleme bei den immer öfter vorkommenden &bdquo;Bauten im Bestandsbereich" ein. &bdquo;Das ist gerade in Wiedenbrück mit der engen Bebauung und den alten Flussbetten der Ems ein Riesenthema", sagt der Geschäftsführer des 1889 gegründeten Familienunternehmens. Um durch Grundwasserabsenkungen und Bauarbeiten verursachte Schäden an vorhandener Gebäudesubstanz bewerten zu können, sei ein Beweissicherungsverfahren im Vorfeld von entscheidender Bedeutung. Das sei seines Wissens auch beim &bdquo;Wiedenbrücker Tor" geschehen. Die Frage, was seine Firma mit dem Wissen von heute künftig anders machen würde? &bdquo;Dafür gibt es keine Allgemeinlösung. Bei jedem unserer Bauvorhaben werden die Arbeiten so geplant, dass vorhersehbare Schäden an Nachbargebäuden ausgeschlossen werden. Aber trotz sorgfältigster Planung kann es gerade an Altbauten in seltenen Fällen zu Schäden kommen. Das wird man nie zu 100 Prozent im Vorfeld ausschließen können", sagt Lübbert. Unberechtigte Forderungen der Nachbarn Dass es vor dem Baubeginn am &bdquo;Wiedenbrücker Tor" ein Beweissicherungsverfahren gegeben hat, bestätigt die Grundstücksgemeinschaft Dresing Ritterbach GbR als Bauherrin. In einem von Ulrich Dresing unterzeichneten Schreiben, das der Redaktion vorliegt, heißt es: &bdquo;Vor Beginn der Bauarbeiten sind umfangreiche Beweissicherungsmaßnahmen an den Gebäuden und Gebäudebestandteilen der umliegenden Nachbargrundstücke durchgeführt worden. Dabei wurden erhebliche Schäden an den Nachbargebäuden festgestellt, die heute von den beteiligten Nachbarn auf die Grundwasserabsenkungsmaßnahmen auf unserer Baustelle unrichtigerweise zurückgeführt werden." Aus diesem Grund, so die Stellungnahme, seien die beteiligte Bauunternehmung und deren Versicherung nicht bereit, unberechtigte und überzogene Forderungen der Nachbarn ohne gerichtliche Prüfung auszugleichen. Gerichtsverfahren seien anhängig. Abschließend teilt die GbR mit: &bdquo;Zu diesen laufenden Verfahren nehmen wir als Eigentümergemeinschaft aus Rechtsgründen keine Stellung."

Meistgelesen