Rheda-Wiedenbrück

84-jähriger Auswanderer findet in Kalifornien sein Glück

Norbert Kissenbeck zog vor 63 Jahren aus reiner Abenteuerlust nach Nordamerika - trotzdem ist er noch immer gut informiert über seine Heimatstadt Wiedenbrück

02.01.2019 | 02.01.2019, 16:30
Norbert Kissenbeck (r.), gilt im Deutschen Club von Santa Barbara als Spezialist für Bratkartoffeln. - © Rainer Stephan
Norbert Kissenbeck (r.), gilt im Deutschen Club von Santa Barbara als Spezialist für Bratkartoffeln. | © Rainer Stephan

Rheda-Wiedenbrück. Im kalifornischen Santa Barbara hat Norbert Kissenbeck vor vielen Jahren eine neue Heimat gefunden. Doch noch immer ist der 84-Jährige eng mit seiner Geburtsstadt verbunden. Im Herzen ist er ein Wiedenbrücker geblieben.

Geboren und aufgewachsen ist Kissenbeck in der Innenstadt. Am Klingelbrink 5 steht sein Geburtshaus. Nach der Bahnhofschule lernte er bei Rüschenpöhler (heute: Sudbrock) Bäcker und Konditor. Ein Unfall zwang ihn, beruflich umzusatteln. Kissenbeck wurde Elektriker bei Westfalia. „Wenn du etwas machst, mach es gleich richtig", hatte ihm sein damaliger Lehrherr als Leitspruch mit auf den Berufsweg gegeben. Kissenbeck hat ihn in seinem Leben stets beherzigt und ist damit in Amerika bestens gefahren.

Eigenheim in Strandnähe, Wohnmobil und einen Pickup

Norbert Kissenbeck hat ein BMW-Motorradgespann von 1958. - © Rainer Stephan
Norbert Kissenbeck hat ein BMW-Motorradgespann von 1958. | © Rainer Stephan

Seine Kenntnisse und Erfahrungen als deutscher Handwerker waren in seiner neuen Heimat bei mehreren Baufirmen gefragt. Gegen Ende seiner Berufslaufbahn hat der gebürtige Wiedenbrücker gemeinsam mit einem Partner den Schritt in die Selbstständigkeit gewagt – und es dabei zu beachtlichem Wohlstand gebracht. So zählt Kissenbeck ein schmuckes Eigenheim in Strandnähe, ein stattliches Wohnmobil, einen Pickup Marke Ford und einen Mercedes der E-Klasse sein Eigen.

Der ganze Stolz von Norbert Kissenbeck sind indes die beiden BMW-Motorräder mit Beiwagen – „damit ich nicht umkippe". Darunter ist auch ein tiptop gepflegtes Modell aus dem Jahr 1958. Zu Weihnachten chauffierte er damit in einem Korso Kinder aus einkommensschwachen Familien durch die Stadt, um ihnen eine Freude zu machen.

Oktoberfest im German Club

Das erzählt er in Santa Barbara: In einem Park der 55.000-Einwohner-Stadt am Pazifik, unweit von Los Angeles, feiert der German Club Oktoberfest. Mittendrin der gebürtige Wiedenbrücker, der vor 63 Jahren aus Abenteuerlust mit seinem älteren Bruder in die USA ausgewandert ist. Frauen und Mädchen tragen Dirndl, Männer und Jungen Lederhosen. Eine Combo spielt alpenländische Volksmusik. Ab und zu erklingt ein „Prosit der Gemütlichkeit". Die deutsche und die amerikanische Fahne wehen leicht im Wind. Es gibt Fassbier, Grillwürstchen, Sauerkraut und Bratkartoffeln.

Der 84-Jährige ist bei seinen Clubkameraden der Spezialist für Bratkartoffeln. Kiloweise hat er sie am Vortag gekocht und geschält, Speck und Zwiebeln gewürfelt. Auf dem Fest duften sie in zwei gusseisernen Pfannen verlockend. „Bei der Zubereitung kann man viel verkehrt machen" weiß Kissenbeck. Wie man es richtig anstellt, hat er beim ehemaligen „Fuchshöhlen"-Wirt Josef Beckschäfer abgeschaut.

Alle vier Jahre nach Deutschland

Den Kontakt zur alten Heimat pflegt Norbert Kissenbeck auch nach Jahrzehnten in der Fremde. Anfangs flog er alle vier Jahre nach Deutschland. Später kam er jährlich, um Verwandte, alte Nachbarn und Freunde wiederzusehen. Der montägliche Stammtisch im Café Westhoff in der Birnstraße gehörte dabei zu seinem Pflichtprogramm. Über aktuelle Vorgänge und Personalien aus seinem Geburtsort hält sich Kissenbeck in der Ferne durch Telefonate auf dem Laufenden. Wer ihn in Santa Barbara besucht – und das waren in der Vergangenheit zahlreiche Wiedenbrücker – der ist erstaunt, wie top informiert Kissenbeck ist.

Verheiratet ist Kissenbeck seit 58 Jahren mit Hiltrud, einer gebürtigen Badenserin. Er hat die damals 17-Jährige während seiner 18-monatigen Dienstzeit in der US-Armee beim Karnevalsauftakt in Weinheim kennen gelernt. Aus der ein halbes Jahr später in Heddesheim geschlossenen Ehe sind eine Tochter und zwei Enkel hervorgegangen.

Auch wenn Kissenbeck im Herzen ein Wiedenbrücker geblieben ist und noch immer nur die deutsche Staatsbürgerschaft besitzt – eine Rückkehr in die alte Heimat kommt für ihn nicht in Betracht. „Santa Barbara", sagt er, „ist mein Paradies, und der Deutsche Club die ‚community‘, in der ich mich am wohlsten fühle."