Von
Eugenie Kusch
18.09.2015 | 18.09.2015, 13:53
Rheda-Wiedenbrück
Kinderkonzert: Jean Guillous "Alice im Orgelland"
Rheda-Wiedenbrück. Da hat sich der 85-jährige Franzose Jean Guillou, ein Star unter den zeitgenössischen Organisten, ebenso Komponist, Pianist und Musikpädagoge, etwas vorgenommen: Am Mittwoch wurde in der St. Clemenskirche sein stark didaktisch geprägtes Orgelwerk "Alice im Orgelland" präsentiert. Ansprechen soll es Erwachsene und Kinder, die Interesse haben, in die unüberschaubare Welt der Pfeifen und Klangmischungen der Orgel einzutauchen.
Eine glückliche Entscheidung war es, den 35-jährigen belgischen Organisten Étienne Walhain dafür nach Rheda einzuladen, der über zehn Jahre mit Guillou zusammenarbeitete und daher eine mustergültige Interpretation des komplexen Werkes brachte. Die Kinder und ihre Begleiter, die vorher durch Kantor Harald Gokus begrüßt und auf die Orgelbühne geführt wurden, durften meist zum ersten Mal ganz von Nah den Orgelklang erleben und über das makellose Spiel mit Händen und Füßen staunen.
Guillous Musiksprache - ein bewanderter Lehrer wusste es - ist gespickt mit scharfen Dissonanzen, geballten Klangtrauben, rhythmischer Verzwicktheit und wird es alleine nicht schaffen, neue Sympathisanten für die Orgel zu gewinnen. So holte sich Guillou "Alice aus dem Wunderland" zur Hilfe, die schon seit 150 Jahren Kinder bezaubert. "Lewis Carroll hat euch nicht alles erzählt". Mit dem Hut des verrückten Hutmachers auf dem Kopf versicherte Gokus es dem vorwiegend jungen Auditorium und las überzeugend die abenteuerliche Reise der "neuen" Alice vor.
Sie begibt sich diesmal in den Pfeifendschungel und wird nahezu fortwährend von allerhand Orgelklängen begleitet. Es war leider nicht immer möglich, den gar nicht einfachen Text zu verstehen, denn das laute Instrument konkurrierte erfolgreich mit dem gesprochenen Wort. Eine enorme Konzentration war daher angebracht, um die Reise zu den röhrenförmigen, einbeinigen Pfeifengestalten, die zusammen mit den Namen Bourdons, Rankett, Aliquoten, Bombarden, Cymbeln auftraten, voll auszukosten.
Es half auch die schwarze Katze Kitty nicht, wenn dann das mit "Freund Krummhorn" angesprochene Zungenregister, "zitternd und zagend" die Aufmerksamkeit "der Herren Prinzipale" (das Hauptregister der Orgel) erregte. Dafür durften die Kinder nach dem Konzert die Rhedaer Orgellandschaft mit einem bunten Plan voller Pfeifen betreten und anschließend Fragen stellen, auf die Gokus glänzend zu antworten wusste.
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