Angst vor Schulden? Expertin im Kreis Gütersloh verrät, wer besonders gefährdet ist

Harsewinkel. Die Diakonie habe lange gesucht, erklärt Manuela Bergmann. Die Leiterin der Schuldnerberatung bei der Diakonie im Kirchenkreis Halle ist schließlich im eigenen Hause fündig geworden: Irene Eckstein, Mitarbeiterin im Personalbüro der Diakonie, hat zum 1. August eine 16-Stunden-Stelle im eigenen Haus übernommen. Die 50-Jährige studierte Juristin übernimmt ab sofort einmal pro Woche Termine in der Schuldnerberatung in Harsewinkel im Büro am Mühlenwinkel 11. Hat der Beratungsbedarf im Kreis Gütersloh zugenommen? &bdquo;Diese Frage wird mir seit Corona jedes Mal gestellt“, sagt Manuela Bergmann – und verneint. Gerade werde die Statistik für das Jahr 2024 fertiggestellt. Zitieren mag sie daraus noch nicht. Gefühlt habe die Beratungsnachfrage nicht zugenommen. Die dritte halbe Beratungsstelle sei deshalb neu besetzt worden, weil jemand vor längerer Zeit bereits ausgeschieden sei, erklärt Bergmann. Lesen Sie auch: Immer mehr Schulden anhäufen? Gütersloher Experte warnt vor gefährlichem Tiktok-Trend Wie lange muss man auf einen Beratungstermin warten? Immerhin vier Wochen Wartezeit auf eine Beratung gibt es in Harsewinkel. &bdquo;Daher ist die Anmeldung zwingend erforderlich. Erste Fragen können auch schon am Telefon geklärt werden“, erläutert Manuela Bergmann. Die Beratung erfolge vertraulich und ist kostenlos. Wer einen Beratungstermin benötigt, kann diesen in der Telefonsprechstunde dienstags zwischen 14 und 15 Uhr unter 05201 18473 verabreden. Wer ist besonders anfällig? Auffällig sei, dass zuletzt verstärkt ehemalige Selbstständige oder Alleinunternehmer zur Insolvenzberatung kämen, sagen die beiden Fachfrauen. Unternehmer berät die Diakonie allerdings nicht, das sei Aufgabe von Anwälten und der Industrie- und Handelskammer (IHK). Sobald eine Person aber nicht mehr unternehmerisch tätig sei, könne diese als Privatperson wiederum von der Diakonie beraten werden, klärt Bergmann auf. Die Diakonie bietet seit 1994 Schuldnerberatungen an und verfügt über entsprechende Erfahrungen. Ist der frühere TV-Berater Peter Zwegat ein gutes Vorbild für die Zunft? &bdquo;Zwegat hat mit einem Fernsehteam im Rücken gut verhandeln können“, ordnet Manuela Bergmann die Wirkung des im Vorjahr gestorbenen TV-Schuldnerexperten ein. Dagegen führen sie und Irene Eckstein die Verhandlungen mit Gläubigern unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Der Druck sei in einer geschlossenen Runde für alle Beteiligten natürlich bedeutend geringer. Gibt es ein Persönlichkeitsprofil für anfällige Schuldner? Am ehesten treffe es Menschen ohne Ausbildung oder ohne Schulabschluss, sagt Manuela Bergmann. Oft zögen sich Verfahren über Monate und Jahre hin. &bdquo;Selten gibt es nur einen Gläubiger“, sagt sie. Wie läuft eine Beratung ab? Das Vorgehen ist häufig gleich. Zunächst nehmen die Beraterinnen eine Bestandsaufnahme vor. &bdquo;Wie viele Schulden sind es überhaupt?“, laute die erste Frage. Diese Forderungen Dritter unterscheiden sie nach Kategorien. Mit &bdquo;bösen Schulden“ wie Miete, Strom und Gas oder Geldstrafen, die unmittelbaren Konsequenzen nach sich ziehen könnten, setzen sie sich sofort auseinander. Dann beginnen Verhandlungen zwischen Schuldner und Gläubiger. Schließlich stellen Schuldner und Berater einen Tilgungs- und Haushaltsplan auf. &bdquo;Möglichst alle Gläubiger sollten zustimmen“, lautet die Zielsetzung. Andernfalls drohe die Gefahr, dass zu viele Einzelheiten nachjustiert werden müssten. Sobald sich allerdings zeige, dass der Weg aus den Schulden aus eigener Kraft nicht mehr zu schaffen sei, folge der Gang in die geordnete Insolvenz. Die Zeiten für Privatinsolvenzen haben sich seit 2020 von sechs auf drei Jahre verkürzt. Das bedeutet, dass der Schuldner nach drei Jahren unter Aufsicht des Gerichts von den Restschulden befreit sei. Voraussetzung für diesen Schnitt sei, dass das Verfahren sauber durchlaufe. Für die Gläubiger erhöht die verkürzte Phase den Druck, eher einem Vergleichsvorschlag zuzustimmen. Andersherum gehen die Beraterinnen mit den Schuldnern offen um. Man könne niemanden in die Insolvenz drängen, sagt Manuela Bergmann. Der Schuldner müsse das Verfahren schon selbst wollen. Hin und wieder würde der Antrag auf Privatinsolvenz allerdings auch von außen gestellt, erklärt sie. Etwa vom Finanzamt, den Banken, von Versorgern oder Händlern. Lesen Sie auch: Gütersloher Unternehmer kämpft sich nach Insolvenz zurück

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