Bekannter Pater aus dem Kreis Gütersloh lebt in beeindruckender Kulisse

St. Georgenberg/Harsewinkel. Wenn es denn wahr ist, dass der liebe Gott im Himmel wohnt, dann ist Pater Gottfried seinem obersten Dienstherrn alleine höhentechnisch ein ganzes Stück näher gekommen. Auf Sankt Georgenberg, dem beeindruckenden Kloster im Tiroler Karwendelgebirge, hat der Geistliche, der fast zwei Jahrzehnte lang Marienfelds Seelsorger war, eine neue Heimat gefunden. Hier oben fühlen sich Gäste, Pilger, Mountainbiker und Tageswanderer, die die barocke Klosterkirche und die zünftige Gastwirtschaft als Ausflugsziel wählen, allem Irdischen, was unten im Inntal lärmt oder auf der Autobahn und in Zügen vorbeirauscht, merklich entrückt. Sind im Anblick der Natur rundum hier oben dem Himmel wirklich näher als der Erde. 400 Höhenmeter über den Pilgerweg Der Ort entfaltet eine Magie, der sich wohl niemand entziehen kann, der das erste Mal hier heraufkommt. Um es die rund 400 Höhenmeter über den Pilgerweg oder mit dem Rad zu schaffen, wie es in dieser Jahreszeit täglich Touristen tun, bedarf es guter Kondition. Erst recht, wer die Route von der Gemeinde Stans durch das Naturwunder &bdquo;Wolfsklamm“ mit seinen atemberaubenden Wasserfällen nimmt. Sonst hilft das geländetaugliche Auto, mit dem Pater Gottfried Gäste in Stans abholt. &bdquo;Gleich erstreckt sich ein wunderbarer Blick über das Inntal“, kündigt er den nächsten Höhepunkt an. Und wirklich: Hinter der nächste Kehre schweift der Blick über das Flusstal hinüber auf die Tuxer Alpen, die als Vorläufer des Alpenhauptkamms aufragen. Auch das Fernsehen war schon da Auf der sich zum Weg verjüngenden Straße winkt Pater Gottfried Meier OSB allen zu. Auch dem Fernsehteam des ORF im roten Sprinter. &bdquo;Die haben am Morgen bei uns gedreht“, erklärt er. Das Heimatportal des Senders stellt Tirol Stück für Stück vor und kommt auch an Sankt Georgenberg (nicht) vorbei. Wenige Sekunden später verstehe ich warum. &bdquo;Jetzt ist St. Georgenberg das erste Mal zu sehen“, sagt Gottfried, als der auf einem exponierten Felsen aufragende Klosterkomplex keine 500 Meter Luftlinie entfernt auftaucht. Es geht erneut in Serpentinen herunter und dann durch ein Waldstück steil hinauf. Noch mehr Pilger kreuzen den Weg, wundern sich ein Moment über das Auto, dann sehen sie Pater Gottfried in seinem schwarzen Benediktinerhabit, der sie freundlich grüßt. Auf den Gesichtern der Menschen erscheint ein Lächeln. Hier knubbeln sich Touristen und Pilger Wir biegen um eine Kurve auf ein steinernes Tor zu. Die dahinterliegende Brücke über der Schlucht steht auf Steinpfeilern aus dem 14. Jahrhundert. Die hölzerne Brücke selbst ist über die Jahrhunderte mehrmals aufgebaut worden. &bdquo;Die sind immer mal wieder abgebrannt“, erklärt Pater Gottfried. Letztmals wurde die Konstruktion im 19. Jahrhundert gebaut, da hatte noch niemand daran gedacht, dass da mal Autos drüber fahren soll. Stabil und breit genug dafür ist das mächtige Bauwerk. Auf dem Klostervorplatz knubbeln sich Touristen und Pilger, die das Gasthaus als Ziel ihrer Wanderung ansteuern. &bdquo;Bis 17 Uhr ist hier geöffnet“, danach wird es ruhig“ erklärt der Mönch, der vor vier Monaten hier ankam. Gottfried hat hier beides: die Ansprache mit den Menschen, die täglich hinauf kommen. An sonnigen Tagen sind es gern 400 bis zu 500, die den beiden Kirchen auf dem Berg einen Besuch abstatten. Der Mönch aus Marienfeld lebt hier mit seinen drei Mitbrüdern keinesfalls in einer Einsiedelei. Doch sie alle genießen nach dem Trubel des Tages den Ort dann wieder als Oase der Ruhe. Schnitzel in der Klostergaststätte Mindestens so attraktiv wie das Kloster ist für die hungrigen Wanderer der reich gedeckten Tisch in der Klostergaststätte. Hier verschwinden große Teller unter noch größeren Schnitzeln. Und kommen wieder zum Vorschein, wenn der größte Hunger gestillt ist. Zur Nachmittagsmesse am Fest der Verklärung des Herrn um drei Uhr finden sich auch einige Wanderer in Stiefeln oder Mountainbiker in Sportmontur ein. Das biblische Thema zieht sich durch vom Morgengebet bis zum &bdquo;Komplet“ dem Nachtgebet. Genau diese Mischung gefällt ihm am neuen Bestimmungsort. Bei den Messen ist Gottfried, der Neuling in diesem kleinen Kreis der Mönche, ganz in seinem Element. Spricht frei und nachdenklich, wie es die Marienfelder gewohnt waren, von der Bedeutung des Christseins und was dieses ausmacht. Die Menschen hören aufmerksam zu. Nach Burnout oder Depressionen Die Gäste, die länger bleiben, erleben das vielschichtige Klosterleben so intensiv, wie sie es selbst für sich bestimmen wollen. &bdquo;Der Benediktinerorden hat eine große Weite “, betont Gottfried die gelebte Toleranz. An den Klosterhof mit seinem Brunnen und den von Pater Engelmar gewissenhaft gepflegten Beeten fügt sich ein vor drei Jahren angebauter Gästetrakt in die Architektur ein. Hier finden sich Zimmer mit herrlichem Ausblick auf die Berge. Es ist ein behutsames Ankommen. Ein sanftes, unaufdringliches Hineingleiten in den Klosteralltag der Benediktiner, der durch die Gebetszeiten und die Messe strukturiert ist. Hier ist wirklich jeder willkommen: Menschen, die ihren inneren Kompass ausrichten wollen, nach Burnout und Depression zur Ruhe kommen und sich neu finden. Oder die psychologisch ein schweres Päckchen mit sich herumtragen. Und auch Menschen, die mit der Amtskirche hadern und dennoch nach einem tieferem Lebenssinn suchen. Bleibt ein Blick zurück in Zorn? Vielleicht wie Gottfried selbst, dem die ungewollte Demission aus Marienfeld lange Zeit schwer zugesetzt hatte. &bdquo;Abt Jeremias Schröder hat mich gefragt, ob ich mir vorstellen könnte, hierhin zu gehen. Nach meinem ersten Besuch und vielen Gesprächen stand der Entschluss fest“, sagt er. Bereut hat er ihn nicht. &bdquo;Ich bin dankbar, dass ich hier sein kann“, sagt der Mönch. Bleibt ein Blick zurück im Zorn? Eher einer mit reflektiertem Kopfschütteln. Dass ihm der Bischof im letzten Gespräch &bdquo;gute Arbeit“ in Harsewinkel beschieden habe, wirkt im Nachgang wie Hohn und Bestätigung zugleich. Der Bischof habe sogar überlegt, diese Entscheidung noch einmal zu revidieren, davon sei ihm aber dringend abgeraten worden. &bdquo;Er hat mir auch bestätigt dass ich ein Opfer struktureller Fehler geworden bin“, sagt Gottfried. Und lässt es damit auf sich beruhen. Gäste aus der alten Heimat Die Erinnerung an Marienfeld schwingt insbesondere in den Gesprächen mit den Gästen, die ihn aus der alten Heimat besuchen, mit. Erst in dieser Woche besucht ihn Diakon Gottfried Scharpenberg. Die Familie von Kantor Andreas Müller hat hier Urlaub gemacht. Eva und Klaus Strotmann aus Greffen kommen auf dem Rückweg ihrer Ferien am Gardasee vorbei. &bdquo;Wir wollten wissen, wo du gelandet bist. Wenn es dir nicht gefallen würde, nehmen wir dich wieder mit“, sagen sie nach einer meditativen Andacht und einem schmackhaften Abendessen in geselliger Abendrunde, ehe sie nach einer erholsamen Nacht mit ihren E-Bikes zurück zum Auto im Tal fahren. &bdquo;Dieses geistliche Lebens ist für mich das einzig akzeptable“ Die Sorge, das nehmen sie alle mit auf den Weg, müssen sie sich um ihren Pater nicht machen. &bdquo;Diese Form des mönchischen Lebens ist für mich persönlich noch die einzig mögliche innerhalb der katholischen Kirche“ sagt er mit Blick auf die Institution, die sich durch vermeintliche strukturelle Zwänge von der Basis entferne. In vielen kleinen Dingen ist zu spüren, wie sehr ihn hier seine Aufgaben erfüllen. Die Gebete zu den Mahlzeiten, die Kapitel aus der Ordensregel des heiligen Benedikt, das Vorbereiten der Messen. Als Stellvertreter des Abtes, der gerade ein Kloster in Kuba besucht, ist Gottfried noch mehr gefragt. Er ist Kantor und singt Psalmen und Gesänge aus dem benediktinischen Antiphonale vor. Für seine Mitbrüder ist er nicht nur in dieser Hinsicht ein Segen und eine echte Verstärkung. Corona, Lungenentzündung und Embolie überstanden &bdquo;Wir sind sehr froh, dass er zu uns gekommen ist, er bereichert unser Leben“, sagt Pater Anselm. Dessen Gesang, Predigten, seine intellektuelle Auseinandersetzung mit Bibel und Kirche flöße dem Kloster Leben ein. Der 84-jährige ehrwürdige Mönch ist der Dienstälteste hier oben. Corona, eine Lungenentzündung und eine Embolie hat der mit einem feinen Humor gesegnete Geistliche in diesem Jahr bereits überstanden. Zu den Privilegien der Mönche und ihre Gäste gehört die Küche, die ihnen Josef Seebacher kredenzt. Der ehemalige zweifache Haubenkoch stieg irgendwann aus dem Knochenjob in einem der edelsten Tiroler Restaurants aus und nahm die deutlich weniger lukrative Stelle als Küchenchef im Kloster an. Für maximal 15 Leute zu kochen ist für ihn, der früher mehr als 100 Plätze am Abend exquisit bedient hat, reine Erholung. Fünfmal in der Woche stiefelt er zu Fuß den Berg hinauf, um für die Mönche und deren Gäste zu kochen. An einem Tag pro Woche nimmt er das Auto zum Einkaufen. Am Ende des Aufenthalts stellt das Kloster eine Rechnung aus. Der sehr gastfreundliche Betrag spielt dabei keine Rolle: Jeder, der auf den St. Georgenberg kommt, geht ohnehin reicher zurück als er gekommen ist.

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