Harsewinkel Dringender Corona-Hilferuf eines Einzelhändlers: „Es geht ums Überleben“

Harsewinkel. Sein eigenes Fotogeschäft darf Bernhard Brockmann immerhin noch öffnen, wenn es um systemrelevante Kundenwünsche wie Reisepass oder Personalausweis geht. Nur mit Termin, versteht sich. Wer spontan vor der Tür steht, wie der Mann am Montag, der sich durch die Schneewehen bis zum Fotoparadies gekämpft hat, muss eigentlich unverrichteter Dinge wieder abziehen. Brockmann kann eine Ausnahme machen, weil an diesem verschneiten Montag sowieso niemand kommt. Die Geschäftszeiten hat er verkürzt, wie so viele Einzelhändler, die der zweite Vorsitzende der Harsewinkeler Werbegemeinschaft vertritt. Es sind nicht die Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie, für die hat Brockmann grundsätzlich Verständnis. Schließlich gehe es darum, dass möglichst viele konsequent und verantwortungsvoll handeln, um Fallzahlen nach unten zu drücken und so die Chancen auf ein normalisiertes Leben und ein Öffnen der Geschäfte zu erhöhen. &bdquo;Es geht ums Überleben", sagt er. Was fehlt, sind Perspektiven Was ihm fehlt, sind Perspektiven. Und die Nachvollziehbarkeit der Maßnahmen. Da spricht er vielen Geschäftsleuten aus der Seele, bei denen das Hin und Her von Lockern und Verschärfen an den Nerven zerrt. &bdquo;Das eine Geschäft muss schließen, das nächste darf teilöffnen und Discounter und Drogeriemärkte sind nicht betroffen?", hinterfragt er das Ungleichgewicht. Dabei hätten Händler, Gastronomen oder Friseure mit peniblen Hygienekonzepten alles getan, dass die Kunden zwar eingeschränkt, aber sicher einkaufen könnten. Vergangene Woche machte der Kaufmann seinem Frust wegen der befürchteten Fortsetzung des Lockdowns nach dem 14. Februar und der ungleichen Wettbewerbsbedingungen mit Krisengewinnlern wie Amazon in einem Schreiben an Entscheider Luft, von denen er sich kraft Amt und politischer Couleur Unterstützung erhoffe. &bdquo;Sehr geehrter Herr Altmaier", beginnt sein Schreiben an den Bundeswirtschaftsminister. Auch dessen NRW-Pendant Andreas Pinkwart (FDP), CDU-Fraktionsvorsitzender Ralph Brinkhaus, die SPD-Bundestagsabgeordnete Elvan Korkmaz-Emre und die heimischen Landtagsabgeordneten Wibke Brems (Grüne), Raphael Tigges und André Kuper (beide CDU) sind darunter. Allen macht Bernhard Brockmann gleich im ersten Satz klar, dass es &bdquo;bereits fünf nach zwölf" sei. "Wie soll der stationäre Einzelhandel überleben?" &bdquo;Wie soll der stationäre Einzelhandel überleben, wenn große Lebensmittelmärkte unsere Waren wie Koffer, Decken, Handtücher oder Kleidung ins Sortiment nehmen?", benennt er die Schieflage. Natürlich müsse die Lebensmittelversorgung gesichert sein, aber die Politik schaffe hier mit der lapidaren Vorgehensweise eine erdrückende Konkurrenz, gegen die die Kleinen niemals ankämen. Nur mit großem Aufwand könnten die geschlossenen Geschäfte Bestellungen entgegennehmen. &bdquo;Und dem Kunden nach Absprache vor dem Geschäft quasi vor die Füße werfen, um persönlichen Kontakt zu vermeiden", so Brockbals. &bdquo;Die großen Händler und Ketten graben mit ihrem Vorgehen dem Einzelhändler wortwörtlich das Wasser ab." Erschwerend hinzu käme der Internethandel, der in diesem Land nicht mal Steuern zahle, die für die Genesung der Wirtschaft dringend benötigt würden. Brockmann weiß, wovon er spricht. In der Vorwoche hat er vorsorglich gleich für alle Werbegemeinschaftsmitglieder einen Schwung günstiger Atemschutzmasken eingekauft, die er mit geringem Aufschlag weiterreichte. &bdquo;Für 3.500 Euro", rechnet er vor. Mit dem Solidarakt hat er sich selbst die Luft abgedreht: &bdquo;Weil ich ja einen Umsatz mache, wird mir das prompt bei den Corona-Hilfen abgezogen", erklärt er fassungslos und fragt sich, ob irgendjemand im Finanzamt mal die Fantasie aufbringen könnte, was bei den um die Existenz bangenden Einzelhändlern draußen gerade los sei. Vollsortimenter sollen auf Kerngeschäft eingeschränkt werden Das gelte wohl auch für die Wirtschaftsministerien. &bdquo;Wer kommt auf die Idee, die Förderung um den getätigten Umsatz zu kürzen?", fragt er ketzerisch. Umsatz sei nicht gleich Ertrag. &bdquo;Wenn ich eine Kamera für 500 Euro verkaufe, bleibt mir ein Ertrag von 30", rechnet er vor. Davon muss er Miete, Strom und Mitarbeiter bezahlen. Aber was ist mit dem Unternehmerlohn? Er selbst könne keine Kurzarbeit beantragen, aber müsse Miete, Wassergeld oder Lebensmittel bezahlen. &bdquo;Wovon? Wie schafft die Politik ein bisschen Gerechtigkeit im Handel? Wo soll das Geschäftssterben durch den Lockdown verhindert werden?", lauten seine bangen Fragen Sehr viele seien wortwörtlich am Anschlag. Sein eindringlicher Appell lautet, Vollsortimenter auf ihr Kerngeschäft einzuschränken, damit der stationäre Einzelhändler die Chance habe, Kunden zu halten und ein Minimum an Einnahmen zu generieren. &bdquo;Wenn jetzt nicht gehandelt wird, sind die Aussichten auf ein danach nicht rosig", schließt Brockmann &bdquo;mit sorgenvollen Grüßen".

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