Prozess um Sekte im Fitnessstudio: Zum Auftakt fehlt der Hauptdarsteller

Harsewinkel/Bielefeld. Eine Viertelstunde lang wartet das Gericht am Dienstag auf zwei der drei Beschuldigten im Prozess um das ehemalige Fitnessstudio in Harsewinkel und die dort angesiedelte Sekte &bdquo;Erbengemeinschaft Jakobs". Um 14.15 Uhr sind der Betreiber des seit eineinhalb Jahren geschlossenen Studios und ein weiterer dort agierender Mann immer noch nicht erschienen. Das Verfahren gegen die beiden Männer, in dem es vor allem um Rauschgiftdelikte geht, wird abgetrennt. Die beiden fehlenden Beschuldigten haben zuvor in Videobotschaften die Rechtmäßigkeit des Verfahrens in verschiedenen Internetmedien angezweifelt. Ihre Stühle bleiben leer. Seit Dezember in Untersuchungshaft Übrig bleibt einer, der sich dem Zugriff der Justiz nicht so einfach entziehen kann. Der 46-Jährige, der am Dienstagnachmittag auf der Beschuldigtenbank Platz nehmen muss, sitzt seit dem 3. Dezember in Untersuchungshaft. Am späten Nachmittag verlässt er als freier Mann das Landgericht. Weil er kooperiert, eine umfangreiche Aussage macht und die Mehrzahl der ihm zur Last gelegten Delikte zugibt, kommt er mit einer Bewährungsstrafe von 16 Monaten, ausgelegt auf drei Jahre, davon. "Ich habe dort die Marihuana-Plantage betreut" Der Mann hat ebenfalls eine Vergangenheit in Harsewinkel und bringt zumindest ansatzweise ein wenig Licht ins Dunkel, was sich in der Immobilie am Prozessionsweg in den vergangenen 24 Monaten abgespielt hat. &bdquo;Ich bin als stellvertretender Geschäftsführer des Fitnessstudios nach Harsewinkel gekommen", erklärt der 46-Jährige, der aus Österreich stammt. Während unten die Kunden an den Geräten die Muskeln wachsen lassen, wächst anderswo im Gebäude etwas ganz anderes heran. &bdquo;Ich habe dort die Marihuana-Plantage betreut", gibt der Mann, der angeblich aus therapeutischen Zwecken seit 20 Jahren kifft, unumwunden zu. Drogen habe er selbst nicht im Umlauf gebracht. Die Plantage habe einer der fehlenden Beschuldigten vorfinanziert und aufgebaut. Ob zum Eigenkonsum der Sektenmitglieder oder Handeltreiben? Der Richter bekommt hier kein klares Bild. Es soll noch mehr Opfer geben Eine 40-jährige Zeugin aus Gera, bei der der Beschuldigte im Sommer auf- und untergetaucht war, richtet mit ihrer Aussage den Fokus auf einen Mann, der zwar gar nicht Teil des Verfahrens ist, im Hintergrund aber wohl die entscheidende Rolle spielt – Ulf D. Diesen und seine krude Verschwörungstheorien verbreitende Sekte hatte die Frau (&bdquo;Ich bin empfänglich für so was") im Internet kennengelernt. D. war als angeblicher Messias im Frühjahr 2018 mit der Erbengemeinschaft in das Studio eingezogen. &bdquo;D. ist ein bösartiger, zwiespältiger Mensch", sagt die Frau, die sie nach ihrer Aussage massiv bedroht habe. Sie ist sich sicher, dass D. vorhatte, Rituale an ihr vorzunehmen. Es gebe noch mehr Opfer, die er so behandelt habe. Genauer wird sie an der Stelle nicht. D. hatte auch, so nimmt die selbst &bdquo;ab und zu" einen Joint rauchende Zeugin an, den 47-Jährigen wohl zu ihr nach Gera geschickt. Dieser sei mit einer ganzen Dose bei ihr aufgekreuzt. Wann beginnt das Verfahren? &bdquo;So viel Gras auf einmal habe ich noch nie gesehen", beschreibt die arbeitslose Mutter das angebliche Begrüßungsgeschenk. &bdquo;Der hat sich regelrecht bei mir eingenistet", beschreibt die 40-Jährige die immer unerträglicher werdende Situation.Nach drei Tagen sei sie aus der Wohnung geflüchtet und habe die Polizei gerufen. Die habe den Mann in Gewahrsam genommen, aber wieder laufenlassen. Erst am 3. Dezember im Zuge der Vollstreckung eines Zahlungsbefehls gegen den Studiobetreiber wird er in Harsewinkel wegen Rauschgiftbesitzes festgenommen und sitzt seither in U-Haft. Bis Dienstagnachmittag. Wann das Verfahren gegen die Männer aus dem Fitnessstudio beginnt, ist noch offen.

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