Harsewinkel

Jugendliche aus Harsewinkel probieren Berufe aus

750 Jugendliche aus Harsewinkel und Umgebung stellten sich bei Unternehmen nicht mit Bewerbungsschreiben, sondern mit ihren Talenten vor

An der Nähmaschine: Andrea Schneiker, Ausbildungsleiterin bei Gerry Weber, zeigt der 13-jährigen Schülerin Celine, wie sie eine kleine Tasche mit Reißverschluss. | © Melanie Wigger

Melanie Wigger
02.03.2017 | 02.03.2017, 15:13

Harsewinkel. Nicht im Gespräch, sondern in der Praxis zeigt sich, ob jemand für eine Tätigkeit geeignet ist. Und deshalb herrscht auf dem Berufsparcours in der Mehrzweckhalle Harsewinkel emsiges Treiben.

Die Acht- und Neuntklässler der Gesamtschule und des Gymnasiums Harsewinkel sowie von der Von-Zumbusch-Gesamtschule Herzebrock-Clarholz strömen verteilt auf mehrere Gruppen durch die Halle. Dort können sie mit 62 Betrieben aus der Region Kontakt aufzunehmen und mehr als 100 Berufe kennenlernen – sei es im Gespräch, spielerisch oder mit ersten Handwerksproben.

Geschminkt: Die angehende Kosmetikerin Olivia Keyser malt die Lippen der 13-jährigen Karolin mit einem Pinsel nach. - © Melanie Wigger
Geschminkt: Die angehende Kosmetikerin Olivia Keyser malt die Lippen der 13-jährigen Karolin mit einem Pinsel nach. | © Melanie Wigger

Neben den 700 Schülern wurden 50 junge Flüchtlinge, in Zusammenarbeit mit der AWO, zu der Veranstaltung des Kreises Gütersloh und der Kommunen Harsewinkel und Herzebrock-Clarholz eingeladen. „Der Ablauf klappt gut, weil so viele an einem Strang ziehen", so Organisator Michael Trödel vom Kreis Gütersloh. Auch Schüler der Gesamtschule helfen und kümmern sich um das Catering.

Unternehmen müssen für sich werben

„Es wirkt zwar zeitweise chaotisch, aber es klappt", sagt die Schirmherrin, Bürgermeisterin Sabine Amsbeck-Dopheide. Nach wie vor biete die Veranstaltung einen guten Einblick in einzelne Berufe. „Selbst wenn man mehrfach dabei ist, entdeckt man immer wieder etwas Neues", stellt sie anhand ihrer eigenen Erfahrungen mit dem zum neunten Mal stattfindenden Berufsparcours fest.

Information

Ziele

  • Zum neunten Mal fand gestern der Berufsparcours in Harsewinkel statt. Vorgestellt wurden unterschiedlichste Berufe von A wie Altenpfleger bis Z wie Zimmerer. Ausbildungsberufe, aber auch Bachelorstudiengänge zählten dazu.
  • Ziel ist es, den Schülern bei der Berufsorientierung zu helfen. Laut Veranstalter, der „Arbeitsgruppe Übergang Schule", sollen die Jugendlichen bei der Berufsorientierung unterstützt werden, indem sie die Berufsbereich praktisch erleben.
  • Zudem sollen Firmen bei der Anwerbung geeigneter Auszubildender unterstützt werden und neue Methoden anwenden, um ihre beruflichen Inhalte jugendgerecht zu vermitteln.

„Das liegt natürlich auch daran, dass sich die Unternehmen immer wieder etwas Neues überlegen müssen, um auf sich aufmerksam zu machen", so die Bürgermeisterin. Früher sei es mehr darum gegangen, dass die Schüler im Anschluss bei den Betrieben einen Fuß in der Tür hatten. „Heute müssen die Unternehmen für sich Werbung machen."

Das Modeunternehmen Gerry Weber aus Halle versucht es mit einer Praxisübung zum Mitnehmen: Die Schüler können gemeinsam mit Ausbildungsleiterin Andrea Schneiker ein Etui samt Markenetikett nähen. Der Zulauf am Aktionstag sei sehr gut – doch einen Bewerbersturm erwartet Schneiker deshalb nicht. „Einige sind nur wegen der Täschchen am Stand", sagt sie augenzwinkernd. Kein Grund zur Sorge – in den Vorjahren wurden alle Ausbildungsplätze zum Textil- und Modeschneider besetzt.

Schüler sammeln sechs Stempel für den Laufzettel

Fast überrannt fühlen sich die Aussteller des Berufskollegs Halle an ihrem Infostand über den Friseur- und Kosmetikerberuf – trotzdem werde es immer schwerer, Schüler für diese Berufe zu gewinnen, berichtet Ulrike Dietrich, Saloninhaberin aus Harsewinkel. „Vielleicht wegen der damit verbundenen Vorurteile."

Um die Schüler zu motivieren, auch auf fremde Unternehmen zuzugehen, müssen sie einen Laufzettel beim Parcours ausfüllen. Mindestens sechs Aussteller sollen ihnen darauf abstempeln, dass sie sich an den Ständen informiert oder Tätigkeiten getestet haben. Stößt der Erstkontakt auf Gegenliebe, reichen die Schüler eine „Personalkarte" bei dem Betrieb ein, der sich im Idealfall zurückmeldet.

Ob die Veranstaltung im Nachhinein tatasächlich zu Ausbildungsverträgen führt, sei laut Trödel nur in Einzelfällen bekannt. Der Organisator: „Aber es ist ein erster Baustein zur Orientierung für die Schüler." Darüber hinaus finde der Berufsparcours kurz vor den Praktikumsphasen der Schulen statt und helfe den Teilnehmern, Ideen für Praktikumsplätze zu sammeln.

Für den Erfolg aus Sicht der Unternehmer spreche laut Amsbeck-Dopheide die regelmäßige Teilnahme zahlreicher Aussteller. Nicht ohne Grund würden sie dafür Personal für mehrere Stunden freistellen. Darunter sind auch viele Auszubildende – zum Teil sogar ehemalige Schüler, die dort selbst in den Vorjahren Berufe getestet haben.