Kreis Gütersloh

Der nächste ARD-Chefredakteur kommt aus dem Kreis Gütersloh

Seine journalistische Karriere begann im Kreis Gütersloh, im Mai nächsten Jahres wird der Haller neuer Chefredakteur der ARD. Er hat bis jetzt eine beachtliche Laufbahn hingelegt.

Den Fernsehzuschauern aus "Bericht aus Berlin" bekannt: Oliver Köhr, stellvertretender Leiter des ARD-Hauptstadtstudios, führte in diesem Jahr ARD-Sommerinterviews mit mehreren Politikern. | © picture alliance/dpa

07.10.2020 | 07.10.2020, 19:45

Halle. In einem Reporterleben, so erzählen oft die, die in dem Geschäft schon ein bisschen was erlebt haben, braucht es auch Reporterglück. Im richtigen Moment am richtigen Platz zu sein, zufällig die Menschen zu treffen, die etwas zu drehen haben. Oliver Köhr, 44, hat nie auf dieses Momentum gewartet – er hat es erzwungen.

Anfang der 90er-Jahre kam er als junger Mann, damals noch als Schüler des Kreisgymnasiums, zum Haller Kreisblatt. Er hatte Biss, er hatte Talent und „er kam nie ohne eine Geschichte zurück in den Verlag", sagen die, die ihn schon als jungen Schreiber kannten. Dieses Stehvermögen bringen in einem Alter, in dem andere Dinge wichtiger werden, nur wenige mit. Er blieb bis zum Abitur 1996 beim Haller Kreisblatt, studierte dann in Leipzig Journalistik und Politik, volontierte beim MDR und bestand seine erste journalistische Reifeprüfung, das Elbe-Hochwasser 2002, mit Bravour. Wo andere zu Hause blieben, stand Köhr an den Sandsäcken in Sachsen. Die Öffentlichkeit nahm Notiz vom damals 25-jährigen Haller.

Im Nächsten Jahr neuer ARD-Chefredakteur

Die Karriere von Oliver Köhr ist beachtlich: Erst Redakteur und Moderator beim MDR, dann Planer und Chef vom Dienst bei MDR Aktuell und von 2008 bis 2011 Studioleiter des MDR im ARD-Hauptstadtbüro. Im Januar 2019 folgte Köhr dann Thomas Baumann als stellvertretender Leiter des ARD-Hauptstadtstudios sowie stellvertretender Chefredakteur Fernsehen nach. Ab 1. Mai nächsten Jahres, das ging kürzlich durch die Medien, wird Köhr dann neuer Chefredakteur der ARD sein. Es ist eine der wichtigsten Aufgaben des Rundfunkverbundes.

Köhr koordiniert und verantwortet in der ARD-Programmdirektion dann aktuelle Sendungen wie Tagesschau oder Tagesthemen, politische und Verbraucher-Magazine, Dokumentationen, Reportagen und Sondersendungen wie den Brennpunkt oder ARD extra und auch die Talksendungen. Es ist einer der größten Stühle des deutschen Journalismus, bald besetzt von einem Haller. Entsprechend glücklich und auch stolz waren die Gastgeber der 18. Haller Wirtschaftstreffens, diesen Mann im Landhotel Jäckel begrüßen zu dürfen.

Es war jedoch nicht nur wegen Oliver Köhr ein besonderes Treffen. Noch-Bürgermeisterin Rodenbrock-Wesselmann gedachte unter Anwesenheit ihres Nachfolgers Thomas Tappe (CDU) mit Gerhard Weber („Das Imperium-Weber") und Altbürgermeister Jürgen Wolff zweier Persönlichkeiten, wie sie prägender für eine Stadt kaum hätten sein können. Beide auf so unterschiedliche Weise.

„Auch der öffentlich-rechtliche Rundfunk wird nicht verhindern, dass Menschen Populisten wählen"

Köhr bot an diesem Abend als Vollprofi einen würdigen Rahmen. In seinem einstündigen Exkurs durch die aktuelle Politberichterstattung bezog er klare Kante, unterstrich die hohe Verantwortung, die der öffentlich-rechtliche Rundfunk bei der Meinungsbildung habe, und schränkte sogleich ein: „Auch der öffentlich-rechtliche Rundfunk wird nicht verhindern, dass Menschen Populisten wählen."

Er referierte über Ausgewogenheit in der Berichterstattung, Reisen im Regierungsflieger, die man mit keinem Geld der Welt kaufen könne, die anstehenden Wahlen in Amerika – und seinen wohl liebsten Interviewpartner. „Robert Habeck vielleicht, der verhaspelt sich bei mir gern mal", sagt Köhr über den Grünenpolitpopstar, der im gemeinsamen Sommerinterview bei Fragen zur Bafin und Konik-Pferden auf einmal menschelte. Die dicken Fische – Oliver Köhr wusste schon früh, wie er sie irgendwann kriegt. Hochwasser hin oder her.