Gütersloher Eltern haben mit ungewöhnlichem Spendenaufruf Erfolg – das steckt dahinter

Gütersloh. Der Welthit &bdquo;Back for Good“ der britischen Popgruppe Take That feiert in diesem Jahr Jubiläum. Seit 30 Jahren besingen die Teenie-Schwärme Robbie Williams und Gary Barlow die Hoffnung, eine heiß geliebte Person zurückzugewinnen. Die Turnerinnen des TuS Friedrichsdorf aus Gütersloh haben aktuell einen anderen sehnlichsten Wunsch: endlich neue Sportanzüge. Ihre aktuellen Outfits stammen zwar nicht direkt aus 1995, sehen aber fast so aus, sitzen nicht mehr richtig und sind sichtbar in die Jahre gekommen. Mütter und Väter haben sich deshalb etwas einfallen lassen und auf der Internet-Plattform &bdquo;Gofundme“ einen Spendenaufruf gestartet. Ihre Kampagne sorgt für Aufsehen, denn sie fällt aus dem Rahmen. Unter dem Suchbegriff &bdquo;Turnanzüge der Verzweiflung“ wenden sich Initiator Marius Burger (46) und Ehefrau Andrea (47) in einem höchst unterhaltsam formulierten Hilferuf an &bdquo;liebe Menschen mit Herz, Humor und PayPal-Konto“ und begegnen der Situation mit Witz und Hang zum Drama. &bdquo;Am Rand des modischen und emotionalen Zusammenbruchs“ Ihre Tochter Sienna (13) ist Teil des Teams der knapp 35 Mädchen aus der Abteilung Geräteturnen des TuS Friedrichsdorf. Sie trainieren regelmäßig in der &bdquo;Alten Ziegelei“ und nehmen an Wettkämpfen teil, stünden gegenwärtig aber &bdquo;am Rande des modischen und emotionalen Zusammenbruchs“. Ihre Turnanzüge ließen sich kaum noch als solche bezeichnen. &bdquo;Was einst glitzerte wie die Träume junger Sportlerinnen“, schreibt Marius Burger, Verfasser des kuriosen Online-Aufrufs, &bdquo;hängt heute an den Schultern wie die Hoffnung in der Steuererklärung eines Alleinverdieners“. Kein Wunder: Schon die meisten der Trainerinnen um Cheftrainerin Christina Schröder steckten zu eigenen Jugendzeiten selbst in den schwarzen, mittlerweile verblassten Stretch-Teilen. Lesen Sie auch: 55.000 Euro für Abiball und Co.: Schüler im Kreis Gütersloh mit cleverem Konzept Die 60-Jährige engagiert sich seit 35 Jahren, ist das Herz der Geräteturnabteilung und weiß: &bdquo;Unsere Wettkampfanzüge sind zwischen 18 und 20 Jahre alt.“ Aufgetragen werden sie von ihren Schützlingen, denen längst nicht mehr &bdquo;Jacke wie Hose“ ist, in welcher Montur sie über die Matten fliegen. 1.800 Euro haben sich die Turnerinnen als Ziel gesetzt Der Gütersloher Marius Burger schreibt über bewegende Einzelschicksale. Die 14-jährige Zümra weine jeden Abend, weil ihr Anzug &bdquo;beim Strecken Geräusche macht, die laut Physiklehrer eigentlich nur von reißendem Polyester kommen könnten.“ Ihre kleine Cousine hätte bereits aus Mitleid die Pailletten ihrer Barbie-Kleider abgezogen und angeboten, damit Zümra wieder schön glänzen könne. Den Anzug von Johanna (13) würde ihre Mutter mit Zahnseide stopfen, da normales Garn längst nicht mehr halte. Und Sienna trainiere tapfer weiter, obwohl ihr Dress mittlerweile mehr offene Stellen habe, als die Turnhalle Steckdosen. Natürlich sind die Worte mit Humor und nicht ganz ernst zu betrachten, doch die Absicht der am Freitag, 14. November, gestarteten Kampagne ist von Relevanz und klar formuliert. 1.800 Euro haben die TuS-Turnerinnen als Ziel. 34 Spender habe sich bereits beteiligt und für 1.332 Euro gesorgt. Sie wünschen sich Anzüge, die nicht aus Take-That-Zeiten stammen &bdquo;Das Budget ist knapp und als Randsportart haben wir es sehr schwer, Sponsoren zu bekommen“, erklärt TuS-Abteilungsleiter Benedikt Kleeberg-Biegerl (44), weshalb man den Versuch mit der Crowdfunding-Aktion unternimmt. Die neue Turnsaison hat gerade begonnen. &bdquo;Wenn wir nichts tun, treten unsere Mädchen in etwas auf, das entfernt an Lycra (elastische Fasern, Anm.d.Red.) erinnert, aber eher an einen schlecht gewaschenen Wischmopp grenzt.“ Diese Vorstellung ist für Marius Burger so schwer auszuhalten, dass er öffentlich an potenzielle Geldgeber appelliert: &bdquo;Mit eurer Spende können wir endlich wieder Turnanzüge beschaffen, die nicht aus der Zeit stammen, als Take That noch aktuell war.“ Jede noch so kleine Spende würde die Turnerinnen dem Stoff ihrer Träume näher bringen: &bdquo;Ein Sprung, ein Salto – und kein Riss in der Naht!“ Ohne Unterstützer würde nur eines bleiben – das Grauen, schreibt Burger mit einem Augenzwinkern: &bdquo;Und eine Gruppe Kinder, die aussieht, als würde sie eher Müll trennen als Medaillen gewinnen.“ &bdquo;Gofundme“ ist die größte Fundraising-Plattform der Welt Die Aktion der Eltern vom TuS Friedrichsdorf ist eine von derzeit 137 Spendenaufrufen, die bei der Suche unter dem Stichwort &bdquo;Gütersloh“ auf der Online-Plattform auftauchen. &bdquo;Gofundme“ ist die größte Crowdfunding-Plattform der Welt, über die Menschen für eine Vielzahl von Zwecken Geld sammeln. Hintergründe sind oft Unterstützungen bei Krankheiten sowie anderweitigen Notsituationen wie Beerdigungskosten oder humanitären Katastrophen. Gesammelt wird aber auch für Bildung, Freiwilligenarbeit oder Sport. Nach eigenen Angaben der Fundraising-Plattform haben bereits über 200 Millionen Menschen mehr als 35 Milliarden Euro an Spenden gesammelt.

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