Depressionen im Kreis Gütersloh: Dieses Angebot hilft Betroffenen zu Hause

Gütersloh/Halle. Das Baby liegt satt und sauber in der Wiege und schläft - ein Bild des Glücks. Und doch fühlt sich die junge Mutter tieftraurig, hoffnungslos, unendlich erschöpft. &bdquo;Etwa 400 Mütter leiden im Kreis Gütersloh jährlich an einer postpartalen Depression, einer Wochenbett-Depression“, sagt Klaus-Thomas Kronmüller, Ärztlicher Direktor des LWL-Klinikums Gütersloh. Bei einer vollstationären Behandlung könnten diese Frauen ihr Neugeborenes nicht mitnehmen - bei einer vergleichbaren Therapie Zuhause schon. Stationsäquivalente Behandlung (kurz: StäB) ist der Fachbegriff für ein Angebot, das es in Gütersloh seit 2022 gibt, quasi ein Klinikaufenthalt in den eigenen vier Wänden. &bdquo;Die StäB ist gleichwertig mit einer vollstationären Behandlung“, erläutert Pflegedirektor Michael Löhr. Das mobile Behandlungsteam bestehe - genau wie in der Klinik - aus Vertreterinnen und Vertretern aller Berufsgruppen, die für eine qualifizierte Therapie erforderlich sind, so Kronmüller. Ärzte, Psychologen, Pfleger, Sozialarbeiter, Ergotherapeuten - jeden Tag kommt einer der Mitarbeiter zu dem Patienten nach Hause - auch am Wochenende. Außerdem besteht eine 24-Stunden-Rufbereitschaft. Der tägliche Kontakt dauert etwa eine Stunde. &bdquo;Die Patienten berichten, dass sie das als viel intensiver empfinden“, erzählt Susanna Flansburg, die das StäB-Team als pflegerische Leitung des Ambulanzzentrums mit aufgebaut hat. Außerdem sei eine engere Einbeziehung von Angehörigen oder anderen Bezugspersonen möglich, wenn die Patienten das wünschen, sagt die Fachärztin für Psychiatrie im StäB, Anisa Mima. Behandlungsform zeigt erste Erfolge &bdquo;Die Kostenträger waren zunächst skeptisch“, sagt Jan Hendrik Unger, kaufmännischer Direktor. Doch die Ergebnisse zeigen, dass diese Behandlungsform erfolgreich sei. Bundesweit werden nach und nach stationsäquivalente Behandlungen angeboten. &bdquo;Wir sind einer der wenigen, die das auch im ländlichen Bereich anbieten.“ Bisher gibt es 15 Behandlungsplätze am LWL-Klinikum Gütersloh, von hier aus wird der gesamte Kreis Gütersloh versorgt. &bdquo;Nun verdoppeln wir die Kapazitäten“, so Unger. Fünf zusätzliche Plätze werden in Gütersloh geschaffen, zehn weitere an einem neuen Standort in Halle. Hintergrund: Hilfe bei Winterdepression: Gütersloher Experte erklärt, wie Sie sich am besten schützen Die multiprofessionellen Teams, die vor Ort bei den Patienten arbeiten, haben ihre Büroräume, um sich zu besprechen und auszutauschen, dort an der Moltkestraße, unweit der dortigen LWL-Tagesklinik und der LWL-Institutsambulanz in Halle. Jährlich erkranken bis zu 25 Prozent psychisch &bdquo;Die noch immer nicht zufriedenstellende psychische Versorgung gilt insbesondere für den Norden des Kreises Gütersloh“, sagt Klaus-Thomas Kronmüller. Hier komme eine nervenärztliche Praxis mit Standort in Werther auf 100.000 Menschen. Als Pflichtversorger für den gesamten Kreis Gütersloh trage das LWL-Klinikum eine besondere Verantwortung für die psychiatrische Versorgung der Region. &bdquo;Wir haben nach wie vor viele unbehandelte Menschen“, so der Ärztliche Direktor, der zu bedenken gibt, das jährlich etwa 17 bis 25 Prozent aller Menschen in irgendeiner Form psychisch erkranken. &bdquo;Und etwa vier Prozent aller Menschen mit einer psychischen Erkrankung behandeln wir im LWL-Klinikum“, sagt er. Nach wie vor sei die typische Depression die nicht behandelte Depression. Für wen eignet sich die Zuhause-Behandlung? Die Zuhause-Behandlung in psychischen Krisen sei eine Alternative zum stationären Aufenthalt. Sie solle sie aber nicht ersetzen. &bdquo;Oft ist es bei einer psychischen Erkrankung wichtig, aus einer toxischen Familie oder einer toxischen Arbeitssituation herauszukommen“, sagt Kronmüller. Dann könne die Klinik vor dem Alltag schützen und sei ein Rückzugsort, um wieder zu sich selbst zu kommen. &bdquo;Wir finden ein individuell abgestimmtes Therapiekonzept für den Patienten und seine Situation“, verspricht Susanna Flansburg. Es gebe Erkrankte, die zu Hause Kinder oder Tiere zu versorgen haben. Oder die eine stationäre Behandlung ablehnen. Lesen Sie auch: Mutiger Gütersloher spricht öffentlich über schlimmen Schicksalsschlag in seiner Familie &bdquo;Es gibt auch Patienten, die die Landschulheim-Atmosphäre, die Gemeinschaft, nicht aushalten“, so Kronmüller. Und er erwähnt auch ältere Menschen, denen bei längerem Aufenthalt weg von der vertrauten Umgebung eine Verschlimmerung der Erkrankung oder eine zunehmende Demenz droht: Diese Patientinnen und Patienten müssen in akuten psychischen Erkrankungen dank des StäB-Angebotes nicht auf die Vorteile einer stationären Behandlung verzichten. Eine Empfehlung für eine stationsäquivalente Versorgung erhalten Patienten durch Überweisungen vom Hausarzt oder Facharzt oder durch direkte Kontaktaufnahme mit dem LWL-Klinikum. Flyer mit Informationen liegen in den Arztpraxen im Kreis aus.

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