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Kommunalwahl

Mit Video: So wollen die drei Gütersloher Landratskandidaten Wohnen bezahlbarer machen

Der Mieterbund OWL hat Ina Laukötter, Marco Mantovanelli und Marie Hauhart in der Gütersloher Stadthalle bei der Wohnungspolitik auf den Zahn gefühlt.

Marie Hauhart (v.l.), Marco Mantovanelli und Ina Laukötter möchten Sven-Georg Adenauer im Amt des Landrats beerben. | © Stefan Derschum

Anja Hustert
05.09.2025 | 05.09.2025, 17:11

Gütersloh. Bezahlbarer Wohnraum ist rar - in Gütersloh sind laut Mieterbund OWL die Mieten seit 2021 um 17 Prozent gestiegen. Anlass für die Mieterbund-Vorsitzende Regina Kopp-Herr im Vorfeld der Kommunalwahl die drei Anwärter für die Nachfolge von Landrat Sven-Georg-Adenauer an einen Tisch zu holen. In der Gütersloher Stadthalle präsentierten Ina Laukötter (CDU), Marco Mantovanelli (Grüne) und Marie Hauhart (SPD) ihre Ideen für die Wohnungspolitik im Kreis. Per Livestream konnten NW-Leser die Diskussion mitverfolgen.

Wohnen müssen wir alle. Und auch die drei Wahlkämpfer haben ganz unterschiedliche Erfahrungen damit. Ina Laukötter beispielsweise ist vor einem Jahr mit ihrem Partner in ein Eigenheim in der Nähe des Gütersloher Kreishauses gezogen. „Wir brauchten ein zweites Büro“, erzählt die 45-Jährige, die in leitender Funktion beim Küchengerätehersteller Miele tätig ist.

Marco Mantovanelli wohnt mit seiner Familie zur Miete in einer Doppelhaushälfte in Avenwedde. Der 59-Jährige ist Vater von fünf Kindern. „Meine Tochter hat gerade eine Wohnung in München gesucht, das ist die absolute Katastrophe. Sie zahlt für eine Zwei- bis Drei-Zimmer-Wohnung mehr als ich für meine Doppelhaushälfte“, erzählt der Softwareentwickler.

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Marco Mantovanelli möchte eine Wohnraumkonferenz

Auch Marie Hauhart wohnt zur Miete - in einer 65-Quadratmeter-Wohnung in einem Acht-Familienhaus in Steinhagen. Nur „über Vitamin B“ sei sie an diese Wohnung gekommen, nachdem sie in ihrer vorherigen Wohnung in Halle die Eigenbedarfskündigung erhalten habe, erzählt die 28-jährige stellvertretende Personalleiterin in Bethel. „Dort beschäftige ich mich jeden Tag mit den Schicksalen von Menschen, die am Rande der Gesellschaft stehen.“

Moderatorin Melanie Faulhaber von Radio Gütersloh will wissen, welche Bedeutung die drei Landratskandidaten dem Thema Wohnen auf ihrem zukünftigen Posten einräumen wollen. Die Priorität sei sehr hoch, versichern die Wahlkämpfer. „Das ist Chefsache“, findet Marco Mantovanelli.

Er sieht sich als Koordinator und Initiator einer „Wohnraumkonferenz“, um unter anderem potenzielle Investoren und kommunale Baugesellschaften zusammenzubringen, um beispielsweise auch interkommunale Baugebiete anzustoßen.

Ina Laukötter fordert schnellere Bauanträge für den Kreis Gütersloh

Als positives Beispiel im Kreis nennt er den „Olden Hof“ in Harsewinkel, wo in den nächsten zwei Jahren drei Mehrfamilienhäuser mit bezahlbarem Wohnraum für etwa 80 Menschen entstehen. Denkbar ist laut Mantovanelli auch ein Leerstands-Kataster, wie es die Stadt Karlsruhe erfolgreich führe.

Ina Laukötter möchte zunächst die Bedarfe analysieren. „Im Kreis Gütersloh fehlen 3.500 Wohnungen“, sagt sie. Sie setzt beim Thema Bauen weniger auf kommunale Ansätze als mehr auf die freie Wirtschaft. „Die Stadt oder der Kreis ist nicht der bessere Bauherr. Wir müssen das Bauen für Investoren wieder attraktiver machen.“

Sie möchte als zukünftige Landrätin Bauanträge beschleunigen, dafür die Digitalisierung und die Chancen der KI nutzen. „Das dauert jetzt alles furchtbar lange.“ Sie nannte als Beispiel den Paderborner Landrat: Wenn hier nicht binnen einer Frist von drei Monaten über einen Bauantrag entschieden werde, gelte die Anerkennung als erteilt. „Warum sollten wir das nicht auch ausprobieren? Wir müssen ins Machen kommen!“, fordert Ina Laukötter. Weitere Möglichkeiten, um Wohnraum zu schaffen, sieht sie auch in dem Projekt „Jung kauft Alt“.

Marie Hauhart wünscht sich ein Azubi-Wohnheim für junge Menschen

Auch Marie Hauhart möchte alle Bau-Beteiligten an einen Tisch im Kreishaus holen, damit nicht jede Kommune alleine das Problem stemmen muss. Um gerade für junge Menschen bezahlbaren Wohnraum zu schaffen, setzt sie sich für ein Azubi-Wohnheim ein, wie es bereits schon einmal auf der Tagesordnung des Kreistages stand, aber immer noch nicht realisiert wurde. „Und wir müssen vermeiden, dass Menschen ihre Wohnung verlieren“, setzt sie bereits im Vorfeld auf Beratung, falls jemand wegen Mietschulden die Kündigung droht.

SPD-Landratskandidatin Marie Hauhart setzt sich für ein Azubi-Wohnheim für junge Menschen ein. - © Stefan Derschum
SPD-Landratskandidatin Marie Hauhart setzt sich für ein Azubi-Wohnheim für junge Menschen ein. | © Stefan Derschum

Besonders Menschen mit Migrationshintergrund oder ausländischen Namen haben es oft schwer, eine Wohnung zu finden, stellt Moderatorin Melanie Faulhaber fest. Was könne man gegen diesen Alltagsrassismus tun? „Eine soziale Wohnraum-Agentur könnte als Zwischenmieter und damit als fester Ansprechpartner und sicherer Geldgeber für den Vermieter fungieren“, schlägt Marie Hauhart vor. Zwei Kommunen im Kreis hätten auch schon einen „Mieter-Führerschein“ eingeführt - sie zeigen den neuen Mietern die deutschen Gepflogenheiten von Mülltrennung bis hin zum richtigen Lüften.

Wo soll künftig bezahlbarer Wohnraum herkommen?

Das Thema Wohnen treibt die Menschen um - das haben die drei Landratskandidaten (Faulhaber: „Sie haben derzeit ja mehr Termine als Taylor Swift!“) bei ihren Wahlkampfauftritten im Kreis erfahren. Aber auch im Publikum der Mieterbund-Veranstaltung gibt es zahlreiche Anmerkungen und Fragen dazu.

Marco Mantovanelli verweist beim Thema bezahlbarer Wohnraum auf den Neubau der Concept GT an der Rolandstraße. - © Stefan Derschum
Marco Mantovanelli verweist beim Thema bezahlbarer Wohnraum auf den Neubau der Concept GT an der Rolandstraße. | © Stefan Derschum

Jan Sassenberg, Leiter der Wohnungslosenhilfe im Kreis Gütersloh, mahnt: „Von 5.200 Sozialwohnungen im Kreis Gütersloh fallen in den kommenden Jahren fast 3.000 aus der Mietpreisbindung. Wo soll dann bezahlbarer Wohnraum herkommen?“ Da müssten sich die Kommunen weiter engagieren, sind sich die drei Wahlkämpfer einig und nennen weitere Positiv-Beispiele aus dem Kreis.

Gerade erst habe die Concept GT bei ihrem Neubau an der Rolandstraße „Dichtfest“ gefeiert, so Marco Mantovanelli. Im Norden des Kreises gründeten sich derzeit auch einige Wohnungsbaugenossenschaften, bermekt Marie Hauhart. Jüngstes Beispiel ist die Gemeinde Steinhagen, die gemeinsam mit ihren Gemeindewerken und der Pyramis-Entwicklungs-GmbH ein 2.500 Quadratmeter großes Grundstück bebaut. Bei der Pyramis ist unter anderem der ehemalige Gütersloher Oberkreisdirektor Günter Kozlowski tätig.

Mehrgenerationen-Projekt findet kein Grundstück

Mitglieder des Vereins für Mehrgenerationenwohnen „Kobel“ beklagen, dass sie seit fast zehn Jahren auf der Suche nach einem geeigneten Grundstück für ihr geplantes Wohnprojekt seien. „Wenn wir etwas in Aussicht haben, kommt immer irgendein Investor, der uns ausbootet“, sagt ein Vereinsmitglied frustriert. „Ich erinnere mich an ihren Besuch bei uns in der Fraktion“, so Ina Laukötter. Man habe das Thema inhaltlich positiv begleitet. „Haben Sie denn schon mit der Stadt gesprochen?“, motiviert sie die Vereinsmitglieder, an dem Thema dran zu bleiben.

Ina Laukötter motiviert Mitglieder des Vereins für Mehrgenerationenwohnen "Kobel" an der Suche nach einem Grundstück dran zu bleiben. - © Stefan Derschum
Ina Laukötter motiviert Mitglieder des Vereins für Mehrgenerationenwohnen "Kobel" an der Suche nach einem Grundstück dran zu bleiben. | © Stefan Derschum

Ein Zuhörer berichtet, er plane ein Mehrfamilienhaus, das Projekt liege aber nach Lärm-Bedenken aus der Nachbarschaft brach. „Ich baue Ihnen in fünf, sechs Monaten ein Einfamilienhaus. Aber ich brauche mehr als anderthalb Jahre, um das in die Wege zu leiten“, beklagt er die überbordende Bürokratie.

Klimaschutz-Ziele, Grunderwerbssteuer, Kreisumlage - die knapp zwei Stunden Diskussionszeit reichten nicht aus, um allen Fragen aus dem Publikum oder dem Live-Chat gerecht zu werden. Alle drei Landratskandidaten versprechen jedoch, sich in ihrem Amt dem Thema Wohnen engagiert anzunehmen.

Rückblick: Sehen Sie sich hier die komplette Diskussion im Video an