Ärger über Pläne für die Gütersloher Innenstadt – 50 neue Wohnungen sollen entstehen

Gütersloh. Heimische Umweltschützer sind in Sorge, dass eine Grüninsel in der Gütersloher Innenstadt verloren geht. Sie beziehen sich auf das Schulpättken am Städtischen Gymnasium. Zwei Neubaukomplexe, die nahe des Pättkens entstehen sollen, hätten zur Folge, dass viele wertvolle Bäume fallen müssten. In einer Stellungnahme zum Bebauungsplan warnt die Gemeinschaft für Natur- und Umweltschutz (GNU, 600 Mitglieder) davor. &bdquo;Wir würden zur Not auch vor Gericht ziehen“, sagt GNU-Vertreterin Ursula Mitchell. Im &bdquo;Maßnahmenplan Klimafolgenanpassung“ habe die Stadt festgelegt, dass in der Innenstadt klimarelevante Privatflächen zu erhalten seien. Das, so die GNU, sei hier der Fall. An anderen Stellen, etwa bei den Schulen oder am Amtsgericht, seien Bäume geopfert worden. Lesen Sie auch: Neue Wohnungen mitten in Güterslohs Innenstadt: Erste Details zu Bauplänen sind bekannt Bei dem Pättken hingegen gebe es keinen dringenden Grund dazu. &bdquo;Die Stadtplanung muss endlich die letzten grünen Zellen wertschätzen und sie möglichst weiterentwickeln, statt sie dem privaten Wohnungsbau zu überlassen.“ GNU: Nur zehn Bäume zu erhalten, reicht nicht Ein &bdquo;grundlegender Fehler“ sei es, den Bebauungsplan im beschleunigten Verfahren durchzuziehen, ohne Umweltverträglichkeitsprüfung. Die GNU verweist auf ein im Oktober 2023 erstelltes Baumgutachten für jene Fläche. Es listet 81 Einzelbäume auf, darunter eine baumhohe Hecke und ganze Baumgruppen bei nur drei abgängigen Gehölzen sowie einem alten Hausgarten. &bdquo;Nur zehn Bäume davon möglichst erhalten zu wollen, reicht überhaupt nicht“, so die GNU. &bdquo;Die ökologische Funktion würde zerstört, wie auch die stadtklimatische, wenn man den Bewuchs auf die paar gärtnerisch besonders wertvollen Bäume zwischen den Wohnblocks reduziert.“ Ausgleichsflächen an anderer Stelle helfen dem Quartier nicht. Das Stadtklimagutachten sei dahingehend eindeutig: Werde das Quartier wie geplant verdichtet, heize es sich auf. Teile des Gebietes seien als Ausgleichsraum mit dem höchsten Schutzbedarf dargestellt. Gerade dort, so das Stadtklimagutachten, &bdquo;liegen schützenswerte Grünflächen beziehungsweise -strukturen, deren Verlust einen weiteren Ausgleich von hitzebedingten Belastungen im Plangebiet verhindern.“ Es sei die einzige Grünfläche dort. Das Gutachten rät daher grundsätzlich von einer baulichen Entwicklung oder vermeidbaren Bebauung ab. Gütersloh benötigt dringend Wohnraum Anfang Dezember waren die Pläne für die Bebauung bekannt worden. Demnach sollen in dem Quartier zwischen Pättken, Schulstraße, Berliner und Friedrich-Ebert-Straße zwei Komplexe mit insgesamt rund 50 Wohnungen entstehen. Der eine ist auf dem Flöttmann-Gelände geplant, der andere in zweiter Reihe hinter den Häusern Berliner Straße 83-85 und 87. Während sich die Flöttmann-Investoren bislang sträuben, ihre Pläne publik zu machen, stellte der Investor der anderen Fläche, das Unternehmen Asset Immobilien, sein Vorhaben im Dezember vor. Lesen Sie auch: Neue Wohnungen mitten in Güterslohs Innenstadt: Unternehmen stellt seine Baupläne vor Die Stadtverwaltung begrüßt die Pläne. &bdquo;In Anbetracht des dringend benötigten Wohnraums sowie der attraktiven Lage in der Innenstadt wird diese Bebauung für angemessen erachtet“, schreibt sie in einer Sitzungsvorlage. Eine Verdichtung, zumal mit kleinen Wohneinheiten, sei sinnvoll. Solcher Wohnraum werde dringend benötigt. Unter beiden Komplexen sind Tiefgaragen vorgesehen, die eine mit Ausfahrt Berliner Straße, die andere mit Ausfahrt Schulstraße. Mit Blick auf den Grünstreifen gibt sich die Verwaltung problembewusst. &bdquo;Entlang des Pättkens ist eine zurückhaltendere Bebauung vorgesehen.“ Mit einer maximal dreigeschossigen Gebäudestruktur werde der Hinterhof-Charakter der Berliner Straße aufgewertet. Wichtig sei zudem, den Blick auf das denkmalgeschützte Flöttmann-Gebäude zu erhalten. Teile der Grünstruktur sollen gesichert werden In ihrem Text zum Bebauungsplan räumt die Verwaltung ein, dass sich die Innenstadt &bdquo;in historischer Sicht durchaus klimagerecht entwickelt“ habe. Die heutige Überwärmung resultiere &bdquo;in erheblichem Maße aus der massiven Bebauung der nach außen an die Kernstadt anschließenden Bereiche, ohne dass das Offenhalten von ausreichenden Luftschneisen in Richtung City berücksichtigt wurde. Hinzu kommt die Materialauswahl beim Hausbau sowie die heute fast vollständige Versiegelung von Straßen, Wegen und Plätzen.“ Dadurch werde der Abfluss von Niederschlagswasser beschleunigt und jede Möglichkeit der Verdunstung und damit der Entzug von Wärme verhindert. All diese Erkenntnisse seien in die Abwägung eingeflossen – mit dem Resultat, dass in dem Quartier zumindest Teile der Grünstruktur gesichert werden sollen. In welchem Umfang konkretisiert die Stadt indes nicht. Sie schreibt: &bdquo;Ein Teil dieser Bäume soll als Grünfläche planungsrechtlich gesichert und als erhaltenswert bzw. teilweise ortsbildprägend im Bebauungsplan festgesetzt werden.“ Zudem sei Kompensation geplant, &bdquo;mindestens im Verhältnis 1:1“. Auch Dachbegrünung ist vorgesehen. Die Investoren betonen, auf ihren Flächen werde eher ent- als versiegelt. Schule hätte an den Folgen des Verkehrs zu knabbern Die GNU findet das gleichwohl unzureichend. &bdquo;Investoren nur zu bitten, den einen oder anderen Baum stehen zu lassen und ökologische Materialien einzusetzen, reicht da nicht, und Ausgleichspflanzungen an anderer Stelle helfen diesem Quartier genau gar nicht“, heißt es. Manches sei noch gar nicht untersucht worden, etwa zu Artenschutz (&bdquo;z.B. Fledermäuse“) und Biodiversität. Gleiches gelte für die Auswirkungen der Tiefgaragen aufs Grundwasser und das Problem der engen Wege für den Baustellenverkehr. Auch interessant: Liebeserklärung an Gütersloh: Fünf Eigenheiten, die die Stadt so besonders machen Die GNU verweist auch auf die Verkehrsfolgen. Drei Schulen liegen nahebei, mit insgesamt 2.200 Schülern. &bdquo;Wie wirkt sich eine dichtere Bebauung dort wohl auf den Verkehr aus?“, fragt Ursula Mitchell. Die Schulstraße verkehrsrechtlich zu einer &bdquo;Schulstraße“ zu erklären, könne das ebenfalls erschweren. Das Gymnasium werde spüren, wenn Freifläche und Grün verschwinden und sich das Quartier aufheizt. Die GNU wirft derweil einen Blick auf das Gelände, das noch die Freiwillige Feuerwehr belegt. Vielleicht ergebe sich alternativ ja die Chance, eine größere Grüninsel zu schaffen. Offen liegt der Bebauungsplan (Nr. 325) für das Quartier seit dem 30. Juni. Die Unterlagen sind online oder direkt im Rathaus einzusehen. Wegen der Sommerferien wurde die übliche Dauer der Offenlage auf sechs Wochen bis Mitte August verlängert.

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