Abschied nach 30 Jahren in Gütersloh: Generationen von Schülern kennen die Bielefelderin

Gütersloh. Eigentlich ist sie schon Rentnerin. Im Mai hätte sie gehen können, nur gilt für Lehrer die Regelung, dass im laufenden Schuljahr nicht Schluss gemacht wird. Und so sitzt Claudia Damian noch in ihrem Büro in der Grundschule Isselhorst und erledigt ihren Dienst als Schulleiterin bis die Ferien kommen. Schlimm? Die 66-Jährige verneint, zögert keine Sekunde und sagt: &bdquo;Ich mach’s mit Leidenschaft. Zu unterrichten macht mir Freude. Immer noch.“ Seit 30 Jahren leitet sie die Grundschule im Gütersloher Norden mit derzeit 260 Schülern und einem 20-köpfigen Lehrerteam. Drei Jahrzehnte an einer Stelle, hat das in Gütersloh schon mal jemand geschafft? &bdquo;Ich kenne keinen“, sagt Damian. Sie lächelt über das ganze Gesicht in der ihr eigenen, freundlich und zurückhaltenden Art. &bdquo;Einmal“, erklärt sie, &bdquo;habe ich darüber nachgedacht in die Lehrerausbildung zu gehen.“ Mit dem bevorstehenden Ende des Schulalltags hadert sie Aber der Gedanke daran, nicht mehr aktiv unterrichten zu können, habe sie abgeschreckt. &bdquo;Ich wollte die Kinder nicht loswerden. Also bin ich hier kleben geblieben.“ Sie steht gerne im Klassenraum, unterrichtet Deutsch und Sachkunde. Keine Sehnsucht nach Pension? &bdquo;Ne!“, sagt sie prompt, &bdquo;es wächst einem alles ans Herz. Ich habe mich hier immer sehr wohl gefühlt.“ Deshalb hadere sie mit sich bei dem Gedanken, dass dieser Alltag in Schule bald vorbei sei. Und so würde Claudia Damian wohl am liebsten weitermachen, während andere nicht schnell genug wegkommen können. &bdquo;Als ich damals an diese Schule kam“, erinnert sich Damian, &bdquo;wurde die erste Klasse noch in Schichtzeiten unterrichtet, weil es nicht genügend Räume gab.“ Die Schule war auf zwei Klassenzüge ausgelegt, drei aber waren tatsächlich an Bord. Das Thema Raumnot hat sie ihr ganzes Berufsleben begleitet &bdquo;Unterricht in Zeitfenstern, so etwas ist heute gar nicht mehr vorstellbar. Die Eltern würden Sturm laufen.“ Der Gedanke bringt Claudia Damian zum Schmunzeln, nicht zuletzt deshalb, weil das Thema Raumnot inzwischen 30 Jahre alt ist. Es hat sie ihr gesamtes Arbeitsleben hindurch begleitet. Lesen Sie auch: Gütersloher Schulleiterin hört auf – Abschied nach neun Jahren Als Konrektorin wird sie 1995 von der Josefschule nach Isselhorst geholt. Zwei Jahre später geht Rektor Gerd Husemann in den Ruhestand, sie rückt auf. Die Bielefelderin gilt als unkonventionell und pragmatisch. &bdquo;Irgendjemandem hat wohl gefallen, was ich tue“, sagt Damian und winkt ab. Sich selbst in den Mittelpunkt zu rücken, ist schlicht nicht ihre Art. &bdquo;Als ich anfing, war das hier eher eine Dorfschule.“ Beschaulich, niedlich, sittsam beschreibt sie die Umstände und fügt an: &bdquo;Das hat sich geändert.“ Die Schülerschaft sei bunter geworden. Die Schulbezirksgrenzen wurden aufgehoben, der offene Ganztag eingeführt, das gemeinsame Lernen eingeführt. &bdquo;Früher war die Schule um 13.30 Uhr leer, heute werden die letzten Kinder um 16.30 Uhr abgeholt.“ Rattenplage und Schimmelbefall mussten bewältigt werden Schulsozialarbeiter, Sozialpädagogen, Erzieher - neben dem Lehrerteam gebe es einen bunten Strauß an Professionen. &bdquo;Das ist gut!“ kommentiert Claudia Damian. Die Herausforderungen an der Schule seien größer geworden. Hier unterscheiden sich die Isselhorster nicht von anderen Grundschulen. Wann ihr eigener Schultag endet? &bdquo;In der Regel bin ich nicht vor 18 Uhr zu Hause.“ Als Schulleiterin hat sie in den vergangenen drei Jahrzehnten so manche Aufgabe bewältigt - inklusive Rattenplage. Die ganze Schule musste entkernt werden. Dazu Schimmelbefall in größerem Ausmaß. &bdquo;Vor 25 Jahren habe ich die Verantwortlichen gefragt, ob wir nicht einfach neu bauen können. Größer und schöner.“ Das hätte viele Probleme auf einen Schlag erledigt. Ernst genommen hat man die Rektorin mit ihrer Idee aber wohl eher nicht. Sie habe entsprechende Kommentare zu ihrem Vorschlag erhalten. &bdquo;Freue mich für die Schule, dass das endlich alles klappt“ Wenn Claudia Damian aus ihrer Bürotür tritt, blickt sie auf den neuen Anbau. Die Holzfassade ist angebracht, der Zeitplan steht. Mit Beginn des nächsten Schuljahres im August hat die Grundschule vier neue Klassenräume. &bdquo;Dann haben wir endlich mehr Platz“, schwärmt sie und entschuldigt sich für das &bdquo;wir“, das sie nur schwerlich lassen könne. Lesen Sie auch: 960 Schüler? Sie kannte oft alle Namen: Gütersloher Schulleiterin geht in Ruhestand Weitere Umbauten seien im Altbau geplant. Eine richtige Mensa solle es geben. Dann könne das Provisorium in der Turnhalle nach 15 Jahren endlich aufgelöst werden. &bdquo;Jetzt wird’s schön“, erklärt Damian, &bdquo;ich freue mich für die Schule, dass das endlich alles klappt.“ Sie hat viele Themen für die Grundschule Isselhorst umgesetzt und mit dem Schulträger durchgekämpft und wirkt dennoch, als könne sie so schnell nichts aus der Ruhe bringen. Turbulenzen scheinen zu verdunsten. Wie das geht? &bdquo;Man sieht Dinge kommen und gehen und man entwickelt mit den Jahren eine Gelassenheit.“ Schon Ende Juni gibt es eine Abschiedsfeier Mittags, sagt Claudia Damian, schimpfe sie bisweilen ein wenig vor sich hin. Mehr brauche es nicht, um ausgeglichen zu bleiben. Sie sei dankbar für die große Unterstützung im Kollegium. &bdquo;Auch wenn äußere Umstände oft widerspenstig sind, kann man damit im inneren weiter entwickeln.“ Claudia Damian hat drei eigene Kinder, drei Enkelkinder. &bdquo;Ich bin viel in Familie unterwegs“, sagt sie von sich selbst. Ob sie Pläne für die Zukunft habe? Sie schmunzelt wieder. Ihre Fortbildung zum Coach &bdquo;Neue Autorität“ sei bald abgeschlossen. Die Grundschule Isselhorst arbeitet bereits nach dem Erziehungskonzept. &bdquo;Ich könnte mir vorstellen, andere Schulen in dem Konzept zu coachen.“ Bis Ende Juli aber sei sie offiziell noch Rektorin und somit im Dienst. Eine Abschiedsfeier gibt es trotzdem schon früher. Sie ist geplant für Freitag, 27. Juni. Es gebe wegen dieser Veranstaltung derzeit viel Geraschel und Getuschel, erklärt Damian. &bdquo;Alle wissen offenbar Bescheid, nur ich nicht.“ Auch hierüber kann sie schmunzeln.

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