Schinkenmarkt in der Gütersloher Innenstadt dauerhaft gestrichen - die Gründe

Gütersloh. Kein Hauch von Geräuchertem und Bratwurst mehr in der Luft. Kein herzhafter Biss mehr in die legendär dick belegte Schinkenstulle am Stand von Ludger Fischer. Der Gütersloher Schinkenmarkt ist Geschichte. Die 35. Ausgabe im vergangenen Oktober war auch die letzte, wie Jürgen Behnke vom Vorstand des ausrichtenden Gütersloher Verkehrsvereins mitteilt. &bdquo;Die Entscheidung ist uns nicht leicht gefallen, zumal die Veranstaltung bis zuletzt in der Bevölkerung beliebt war. Sie war alternativlos.“ Behnke führt unter anderem finanzielle Gründe für das Aus der Traditionsveranstaltung an. Lesen Sie auch: Event-Stopp auf beliebtem Gütersloher Platz? Druck auf die Stadt wächst Der 130 Mitglieder starke Verein könne den Zuschussbedarf zur Durchführung des Schinkenmarktes nicht mehr leisten. Kosten für Genehmigungen, GEMA-Gebühren, Aufbau der Bühne, Anschlüsse für Wasser und Strom und weiteres seinen in den vergangenen Jahren kontinuierlich gestiegen. Gleichzeitig sei es schwerer geworden, in wirtschaftlich schwierigen Zeiten neue Sponsoren zu finden oder Standgebühren zu erhöhen. Ein Grund ist die Neuregelung für den Wochenmarkt Diese Entwicklung habe sich vor allem in den beiden letzten Jahren seit Corona zugespitzt, das Defizit im unteren fünfstelligen Bereich aufsummiert. Eine perspektivische Entspannung der Situation sah der Verkehrsverein nicht. Im Gegenteil. Durch die geplante Neuregelung für den Wochenmarkt habe sich die Aufbaufläche für den Schinkenmarkt weiter reduziert. Der Wochenmarkt soll zukünftig bei Großveranstaltungen auf dem Berliner Platz nicht mehr auf andere Bereiche ausweichen müssen. Diese Regelung kann Jürgen Behnke zwar nachvollziehen. Konkret bedeute es aber, 15 Stände weniger aufbauen zu können, also auch entsprechende Mindereinnahmen hinnehmen zu müssen. Der Verein habe zwar im Arbeitskreis zur Sicherung des Wochenmarktes wiederholt auf die Konsequenzen dieser Regelung für den Schinkenmarkt hingewiesen. Die Bedenken seien aber lediglich zur Kenntnis genommen worden. &bdquo;Ich kann aber verstehen, dass man eine neue Regelung nicht sogleich durch eine Ausnahme wieder aufweichen kann“, sagt Behnke auf Nachfrage. Schinkenmarkt ist eine Innenstadtveranstaltung Ein Ausweichen auf andere Standorte habe man überlegt, aber wieder verworfen. &bdquo;Der Schinkenmarkt war seit jeher eine Innenstadtveranstaltung. Ich bezweifle, dass man ihn anderswo erfolgreich hätte weiter veranstalten können“, sagt Behnke. &bdquo;Der Schinkenmarkt war nie darauf ausgerichtet, einen Überschuss für den Verkehrsverein zu erzielen“, führt Behnke weiter aus. Er sei 1987 ins Leben gerufen worden, um die Innenstadt für die Bürger wie auch für Gäste attraktiver zu gestalten. &bdquo;Andererseits darf ein Festhalten am Schinkenmarkt aber nicht dazu führen, dass andere Aktivitäten des Verein wie zum Beispiel der Gütersloher Sommer oder die Michaeliswoche wegen der finanziellen Auswirkungen des Schinkenmarktes gefährdet werden.“ Doch es sind nicht nur die gestiegenen Kosten, die den Verein bewogen haben, die Reißleine zu ziehen. Tatsächlich sei es in den vergangenen Jahren, verstärkt durch die Coronakrise, immer schwieriger geworden, neue Standbetreiber für den Schinkenmarkt zu finden. &bdquo;Wir haben jahrelang versucht, eine Fischräucherei ans Land zu ziehen, ohne Erfolg“, nennt Behnke ein Beispiel. Die Zahl der Stände sei daher von fast 50 auf zuletzt 33 geschrumpft. Standbetreibern fehlt die wirtschaftliche Perspektive &bdquo;Für viele Standbetreiber schien der Schinkenmarkt offenbar nicht mehr attraktiv. Gleichzeitig wollten wir die Standgebühren nicht weiter erhöhen, weil dies dazu geführt hätte, die Kosten auf immer weniger Schultern zu verteilen“, erläutert Behnke. Im Gegensatz zum Weihnachtsmarkt hätten die Standbetreiber nicht vier bis sechs Wochen Zeit, ihre Kosten wieder zu erwirtschaften, sondern lediglich vier Tage. Und das bei einer Veranstaltung, die in die witterungsunbeständige Herbstzeit falle. Nicht zuletzt sei es auch der Personalnot im eigenen Verein geschuldet, das Format aufzugeben. &bdquo;Es wird immer schwieriger, Menschen für ehrenamtliche Arbeit im Verein zu gewinnen, auch diese Arbeit verteilt sich auf immer weniger Schultern“, sagt Behnke. Er gehört bereits seit 27 Jahren dem Verkehrsverein an, der aktuelle 1. Vorsitzende Ralph Strothmann sogar seit 30 Jahren. Der Verein gehört mit 145 Jahren zu den ältesten der Stadt. So habe man in den letzten Jahren nicht nur wegen der Kosten, sondern auch wegen des Aufwands den Schinkenkranz nicht mehr aufgestellt, lange Jahre ein Symbol des Schinkenmarkts. Erfinder des Marktes vor einigen Wochen verstorben Dass der Gütersloher Verkehrsverein lange über diese Entscheidung nachgedacht hat, wird noch verständlicher, wenn man bedenkt, dass einer ihrer Vorsitzenden den Schinkenmarkt erfunden hat. Es war der vor wenigen Wochen im Alter von 90 Jahren verstorbene Hans-Dieter Musch, der den Schinken als typisch für Gütersloh und Ostwestfalen erkannt und daraus mit dem Schinkenmarkt eine Marke erzeugt hatte, mit der sich viele Gütersloher identifizieren konnten. Mehr dazu: Trauer um prägenden Gütersloher: Früherer Stadtsprecher gestorben Mit dem Schinkenmarkt hat auch der von Musch als städtische Symbolfigur eingeführte &bdquo;Gütersloher Fuhrmann“ seinen Hauptauftrittstermin verloren. Zuerst von Heinz-Peter Conredel dargestellt, wird er seit 2009 von Guido Stöckmann verkörpert. Schinkenmarkt und Fuhrmann gehörten bei jeder Eröffnung des Marktes mit Fassanstich untrennbar zusammen. Auch das ist nun Geschichte.

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