Gütersloh muss dringend sparen: Jetzt droht wichtigen Einrichtungen die Schließung

Gütersloh. Die Vertreter der Schulen und der Träger von Jugendeinrichtungen sprechen sich massiv gegen Einschnitte bei der Kinder- und Jugendarbeit aus. Die angedachten Konsolidierungsmaßnahmen seien &bdquo;verfehlt und unverantwortlich“, sagte Heidrun Elbracht, Sprecherin der Schulen. Es bestehe die Gefahr, bewährte Strukturen zu zerstören und langfristige Schäden zu verursachen. In der Debatte im Jugendhilfeausschuss schlossen sich Sprecher mehrerer Ratsfraktionen diesen Bedenken an. Wesentliche Beschlüsse wurden vertagt. &bdquo;Was uns hier vorgelegt wurde, übertrifft die schlimmsten Befürchtungen“, sagte Frank Kahle-Klusmeier, Sprecher der freien Träger. Er sprach von einer &bdquo;Dimension der Zerschlagung von Strukturen, die wir in Gütersloh bislang nicht hatten.“ Die Stadtverwaltung bestätigte ihn in dieser Einschätzung. &bdquo;Das hier ist eine neue Kategorie“, sagte Andreas Reinhold, Leiter des Fachbereiches Jugend und Familie. Seit mehr als 20 Jahren sei er in diesem Bereich tätig, habe einige Sparrunden erlebt, &bdquo;aber nun sind wir in einer Situation, die ich in diesem Umfang noch nicht hatte.“ Große Sorgen um das Gütersloher Personal Die in Rede stehenden Kürzungen ergäben in Summe eine Million Euro, das seien 14 Prozent des Etats. Er mache sich vor allem Sorge um das Personal. &bdquo;Viele meiner Mitarbeiter pfeifen schon jetzt auf dem letzten Loch.“ Die aktuellen Debatten trügen nicht zu ihrer Motivation bei. Schulsprecherin Elbracht kritisierte vor allem den vorgeschlagenen Stellenabbau bei der Schulsozialarbeit und der Jugendberufshilfe. &bdquo;Bei der Schulsozialarbeit haben wir es geschafft, alle Schulen in einem so eben ausreichenden Maß auszustatten, schon wird diese absolut notwendige Maßnahme wieder reduziert. Das werde zu einer Überlastung führen und einer veränderten Arbeit führen. &bdquo;Prävention kann nicht mehr geleistet werden, wenn man sich aus der Not geboren, nur mit einigen – und bei weitem nicht allen aktuellen, dringenden Fällen beschäftigen kann.“ Auch eine Kürzung bei den Überganscoaches sei kontraproduktiv. Deren Arbeit werde dann weniger erfolgreich sein. &bdquo;Also noch weniger Auszubildendeund noch mehr orientierungslose Jugendliche“, so Elbracht. Lesen Sie auch: Gütersloh muss dringend sparen - wen es jetzt besonders hart treffen wird Droht bald die Gefahr vom kleinkriminellen Handlungen? Die Kürzungen in den außerschulischen Bereichen wie Streetwork, Jugendtreffs und Parkour seien ebenfalls folgenschwer, so Elbracht. Streetwork sei eingerichtet worden, &bdquo;um soziale Brennpunkte, an denen sich Jugendliche und Kinder aufhalten, beziehungsweise aufhalten müssen, mit einem niederschwelligen Angebot und diskreter Intervention durch aufsuchende Jugendarbeit ein bisschen sicherer zu machen. Zukünftig sollen die Jugendlichen dann wieder alleine klarkommen und angespannte Situationen auf ihre Art regeln. Zurück auf Null.“ Zu den Jugendtreffs und zum Parkour sagte Elbracht, es gebe &bdquo;mehr und mehr Jugendliche, die in ihrer Freizeit nicht wissen, was sie mit sich anfangen sollen. Sie gehören häufig keinem Verein an, die Eltern kümmern sich nicht, beziehungsweise können sich nicht kümmern, oder die finanzielle Situation der Familien erlaubt keinen Besuch der Musik- oder Kunstschule, des Gym oder anderer kostenpflichtiger Einrichtungen.“ Ihnen die Treffpunkte zu nehmen, führe zu Orientierungslosigkeit, zu geringerer Anbindung. Es drohe die Gefahr vandalisierender, kleinkrimineller Handlungen. Elbracht: &bdquo;Wir machen uns große Sorgen darüber, dass wir die Jugendlichen an vielen unterschiedlichen Stellen mehr und mehr sich selbst überlassen und so die Tür weit aufmachen für Einflussnahmen aus Gruppierungen, die unserer freiheitlichen demokratischen Grundordnung sicherlich nicht guttun.“ Lesen Sie auch: Karrierechancen im Kreis Gütersloh: Experte gibt Einblick in den Arbeitsmarkt Scharfe Worte: &bdquo;Schlag ins Gesicht für Kinder in Gütersloh“ Die SPD habe &bdquo;starke Bauchschmerzen“, sagte ihr Sprecher Matthis Haverland. Die Kinder und Jugendlichen hätten schon in der Corona-Pandemie das Nachsehen gehabt, und nun drohe mit den Kürzungen die Gefahr, etwas anzurichten, dass wir nicht wieder herstellen können.“ Eine derart massive Kürzung hätte zur Folge, dass an vielen Stellen gleichzeitig gespart werden müsse. Es sei unausgewogen. Sara Perez de Siles Fernandez (Grüne) sagte, ihr drehe sich alles um. Es würden Menschen zerstört. &bdquo;Das ist ein Schlag ins Gesicht für die Kinder und Jugendlichen in Gütersloh.“ Dennis Selent, CVJM, nannte die Vorschläge &bdquo;inhaltlichen Wahnsinn“. Sie bezeugten eine völlig falsche Denke. Jeder einzelne Punkt spare zwar Kosten ein, aber die gesellschaftlichen Folgekosten seien ungleich größer. Deutliche Budgetkürzungen, Was den Ratsfraktionen vorliegt, ist eine lange Vorschlagsliste an Budgetkürzungen. In mehreren Bereichen sollen Stellen wegfallen, unter anderem bei den Jugendtreffs, den Schulsozialarbeitern, den Übergangscoaches, den Streetworkern, dem Bündnis für Erziehung und der Parkour-Anlage. Außerdem erwägt die Stadt, Betreuungsumfänge in den Kitas zu kürzen und an vielen Stellen die Förder- und Sachkosten zurückzufahren. Betroffen wären eine Reihe von Projekten, auch bei den Hilfen für Erziehung und bei der Elternberatung würde gespart. Freie Träger und auch die Stadt selbst hätten weniger Geld zur Verfügung. &bdquo;In der Vergangenheit wurde viel über Konsolidierung gesprochen. Jetzt wird in der Öffentlichkeit langsam klar, was das bedeutet“, sagte CDU-Sprecher Nils Wittenbrink. Es werde weh tun, es werde schmerzhaft. Auch seine Fraktion habe Bauchschmerzen bei all den Maßnahmen, die die Jugend träfen. &bdquo;Aber ich kann Stand heute nicht sagen: Wir machen es nicht. Es wäre nicht ehrlich, zu viele Hoffnungen zu machen. Ich sehe nicht, wo der Geldregen herkommen soll.“ Endgültige Entscheidung fällt wohl erst im März Der Schulsprecherin Elbracht hielt Wittenbrink vor, sie mache es sich einfach. Die Parteien aber trügen die Verantwortung auch für andere Bereiche. &bdquo;Es ist nicht so, dass wir gegenüber den Folgen blind sind, aber wir müssen uns eingestehen, dass wir uns einfach nicht mehr alles leisten können.“ Für die Stadtverwaltung machte Sozialdezernent Henning Matthes deutlich, dass sich die Stadt in einem Spannungsfeld zwischen der finanziellen Notlage und der Notwendigkeit der Jugendförderung bewege. &bdquo;Wir als Verwaltung waren aufgefordert, Möglichkeiten aufzuzeigen, wo man sparen könnte.“ Das Wort &bdquo;Vorschläge“ sei somit falsch. Vielmehr habe die Verwaltung bei allen Punkten klar gemacht, dass sie derzeit mit Standards arbeite, die fachlich absolut geboten seien. Jegliches Streichen unterlaufe diese Standards. Klar sei aber auch: Sollten sich die Ratsfraktionen entscheiden, manche der aufgezeigten Möglichkeiten abzulehnen, müssten sie Deckungsvorschläge liefern. Die nächste Sitzung des Jugendhilfeausschusses ist am 6. März. Dann dürfte es auf Entscheidungen hinaus laufen. Ende März will der Rat den Haushalt verabschieden.

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