Prominenter Besuch in Gütersloh: Lindner erst bei Hagedorn, dann in der Stadthalle

Gütersloh. Die Sicherheitslage hat sich seit der Abstimmung in Berlin zur Asylfrage noch einmal erhöht. Kreispolizei und BKA sind am Donnerstag vor Ort, Spürhunde haben den kleinen Saal der Stadthalle abgesucht, Handtaschenkontrolle am Eingang, bevor der FDP-Spitzenkandidat und Parteivorsitzende Christian Lindner den Raum betritt. Der weiß mit der heiklen Lage zu kokettieren, blickt sich entspannt im voll besetzten Saal um und sucht nach auffälligen Personen. &bdquo;Hier sieht keiner aus wie ein Klimakleber. Möchte trotzdem jemand etwas loswerden? Eine Torte vielleicht?“ Der Tortenwurf bei seiner Rede in Hoyerswerda neulich, der habe ihn durchaus traumatisiert. Weniger wegen der Gefahr als der Tatsache, dass er Ur-Enkel einer Konditorenfamilie sei. Die Linke habe eben keinen Sinn für Genuss. Die Bühne braucht Lindner nicht. Er bevorzugt den Saalboden auf Augenhöhe. Mit typischem dunklen Rollkragenpulli, Sakko und Jeans spricht er rund 90 Minuten über die politischen Fehler der Vergangenheit und erklärt den mehr als 300 Anwesenden, warum Deutschland auf der Kippe steht. Erster Auftritt nach viel diskutiertet Abstimmung in Berlin Wegen der Asylpolitik zum Beispiel: &bdquo;Der Messerangriff von Aschaffenburg ist leider ein Muster. Wir haben ein Staatsversagen erlebt.“ Es ist Lindners erster Auftritt nach der viel diskutierten Abstimmung am Mittwoch in Berlin. Seine Stellungnahme wird von vielen Anwesenden erwartet. Die FDP hat dem Fünf-Punkte-Plan der CDU zugestimmt. &bdquo;Ich hätte Friedrich Merz das Manöver nicht empfohlen&bdquo; so Lindner, &bdquo;aber wir haben zugestimmt, weil der Antrag in der Sache richtig ist.“ Der eigentliche Skandal sei, dass SPD und Grüne nicht zugestimmt hätten. &bdquo;Die wollen, dass alles so bleibt, wie es ist. Sie sitzen die Probleme aus.“ Liveticker zur Bundestagswahl: Alles zur Abstimmung über das Asylgesetz Man dürfe der AfD nicht die Monopolstellung für eine Problemlösung in der Asyldebatte überlassen. &bdquo;Ich möchte in Deutschland auch keine schwarz-blaue Koalition sehen, weil das die Demokratie verändern kann.“ Die AfD als Partei gelte es zu bekämpfen, erklärt Lindner, die AfD-Wähler gelte es zurückzuholen. Er sei überzeugt, dass das gehe und er wolle sich nicht damit abfinden, dass die AfD bei der Bundestagswahl 20 Prozent der Wählerstimmen erreiche. Und so führt er aus, dass Entwicklungshilfe künftig nur an diejenigen Staaten gezahlt werden sollte, die bereit sind, ihre geflüchteten Staatsbürger wieder entgegenzunehmen. Viele Gründe, die AfD zu wählen, gebe es ohnehin nicht, findet Lindner, schließlich wolle diese Partei aus der Europäischen Union aussteigen. Er selbst bekennt sich deutlich: &bdquo;Gäbe es die EU nicht, man müsste ein EU-Einigungsverfahren starten.“ Zwischen Donald Trump auf der einen, Wladimir Putin und China auf der anderen Seite habe Deutschland nur im europäischen Verbund eine Chance, zu bestehen. &bdquo;Economy first!“ ruft Lindner am Donnerstagabend in Gütersloh aus, denn Umwelt- und Sozialpolitik müsse man sich leisten können. Zu viele Technologien würden subventioniert. &bdquo;Das Problem ist, dass Politik nicht weiß, was Zukunft hat.“ Lindner rät: &bdquo;Wir müssen zurück zur guten alten Marktwirtschaft.“ Vor seinem Wahlkampf-Auftritt in der Gütersloher Stadthalle informierte sich FDP-Spitzenmann Christian Lindner am Donnerstag übrigens bei den Unternehmen Hagedorn und Schüttflix über die Situation in der Baubranche. Er machte sich vor Ort ein Bild davon, wie Kreislaufwirtschaft und Digitalisierung im Bausektor gelebt werden. Thomas Hagedorn, Gründer und geschäftsführender Gesellschafter der Gruppe, empfing den Politiker mit einigen seiner Mitarbeitenden. Gemeinsam stellten sie das Unternehmen vor und formulierten gleichzeitig auch zukunftsorientierte Botschaften der Baubranche in Richtung Politik, heißt es in einer aktuellen Mitteilung. Auf der Agenda stand unter anderem auch ein Rundgang über das Gütersloher Wertstoffzentrum. Betriebsleiter Stefan Siemann zeigte dem Team um Christian Lindner die 50.000 Quadratmeter große Anlage am Hagedorn-Unternehmenssitz und erklärte, wie mittels mobiler Brechanlage Bauschutt zu Recyclingmaterial aufbereitet wird. &bdquo;Wir danken dem FDP-Vorsitzenden Christian Lindner herzlich für seinen Besuch in der Hagedorn- Unternehmensgruppe“, sagte Thomas Hagedorn anschließend, &bdquo;seine Vorhaben, Deutschlands Wirtschaft, insbesondere die Bauwirtschaft, durch Entbürokratisierung und Abschaffung unnötiger, zeitraubender Regularien wieder auf den richtigen Kurs zu bringen, sind mehr als überfällig!“ Der Gütersloher Unternehmer gilt als spendenfreudig. Die CDU profitierte 2022 von einer Unternehmensspende der Hagedorn-Gruppe in Höhe von 100.000 Euro. Der Unternehmens-Besuch macht Eindruck: &bdquo;Thomas Hagedorn hat mir erzählt, seine Baggerfahrer würden gerne mehr als zehn Stunden baggern.“ Das Arbeitszeitgesetz spricht dagegen. &bdquo;Wir brauchen einen Staat, der sich nach unseren Wünschen richtet und nicht umgekehrt“, das sei die Emanzipation des Menschen, der Entscheidungen für sich selbst treffen könne. Christian Lindner in Gütersloh &bdquo;Das a.D. schmerzt noch ein bisschen“ Er plädiert für die Bereitschaft zur Überstunde, fordert eine Imagekampagne für Arbeitsleistung, will Priorität für die Steuerreform, die Zusammenlegung von Wirtschafts- und Arbeitsministerium, die Abschaffung des Bundesumweltamtes (&bdquo;Die Beamten können im Bundesamt für Migration und Flüchtlinge arbeiten, um die Asylanträge schneller zu bearbeiten.“) und eine Verschiebung der Klimaziele von 2045 auf 2050. Lindner kämpft um den Wiedereinzug der FDP in den Bundestag, er kämpft um sein politisches Überleben. Der Finanzminister außer Dienst gibt zu, &bdquo;dass das a.D. noch ein bisschen schmerzt.“ Nicht, weil er vom Bundeskanzler entlassen wurde, &bdquo;sondern weil das nach Rentner klingt und so fühle ich mich nicht.“ Finanzminister in spe gefällt ihm besser, getreu dem FDP-Motto &bdquo;Alles lässt sich ändern.“

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