Trotz fieser Sprüche in Kindheit: Selbstbewusste Frau aus Kreis Gütersloh meistert Alltag

Rheda-Wiedenbrück. Wer mit Silke Heckemeier spricht, erlebt eine fröhliche und aufgeräumte Frau, die gerne lacht und viel zu erzählen hat. Etwa über das schmucke Fachwerkhaus in der Wiedenbrücker Altstadt, in dem sie mit ihren beiden Töchtern und ihrem Partner lebt und das, weil es sich über drei Etagen erstreckt, &bdquo;beim Saugen und Wischen echt viel Arbeit macht“. Oder über die vielen Sportarten von A bis Z, die sie als Kind und Erwachsene alle mit viel Elan und noch mehr Spaß betrieben hat. Oder über ihre &bdquo;Herzensstadt Wiedenbrück, die mir ein Gefühl von Zuhause gibt und in der ich mich sehr wohl fühle“. Dass die 47-Jährige ein äußerlich sichtbares Handicap hat, bemerkt ihr ins Gespräch vertieftes Gegenüber wenn überhaupt erst auf den siebten oder achten Blick. Lesen Sie auch: Völlig aus der Bahn geworfen: Frau aus dem Kreis Gütersloh leidet unter seltener Krankheit Für Heckemeier ist das alles ohnehin so normal, dass es hierfür nicht vieler Worte bedarf. Sie ist in Langenberg aufgewachsen. Kita, Grundschule, Hauptschule, Höhere Handelsschule, Berufsausbildung zur Finanzwirtin – das alles hat sie quasi mit nur einem Arm bewältigt. Genauso wie ihre Partnerschaften, die Geburt und Erziehung der Zwillinge Marie und Carla, mehrere Ortswechsel, den Job im Finanzamt am Sandberg und ihre selbstständige Tätigkeit im Kosmetik-Networkmarketing als, wie sie selbst sagt, &bdquo;Beautyfee“. Frau aus dem Kreis Gütersloh weiß sich im Alltag zu helfen Dass ihr linker Arm kurz unterhalb des Ellenbogens endet, spielte bei all den großen und kleinen Dramen, die das Leben bereithält, immer nur eine Nebenrolle. &bdquo;Ich habe immer das gemacht, worauf ich Lust hatte. Und wenn das wegen des Arms nicht geklappt hat, habe ich nach Lösungen gesucht.“ Das kann der Knauf am Lenkrad ihres Autos sein oder die Greifzange, wenn es ums Parkscheinziehen geht. Oder ganz pragmatisch das Schweißband, das beim Drachenbootfahren das Paddel am Arm fixiert. Im Beruf nutzt sie Einhandtastatur, E-Locher und E-Tacker. Und als ihre Töchter noch ganz klein waren, konnte die Finanzwirtin schon zu einer Zeit im Homeoffice arbeiten, als es das Wort in Deutschland noch gar nicht gab. &bdquo;Damals hieß das Telearbeitsplatz und jeder hat gesagt, dass sich das niemals durchsetzen wird“, sagt Heckemeier lachend. Dysmelie lautet der Fachbegriff für eine angeborene Fehlbildung an Gliedmaßen wie Arme, Hände oder Beine. &bdquo;Die Ärzte konnten keine Ursache für meine Fehlbildung feststellen. Man vermutet, dass sich die Nabelschnur im Bauch um meinen linken Arm gelegt haben könnte und dieser dann nicht mehr weitergewachsen ist“, erzählt Heckemeier. In der Partnerschaft ist das Handicap kein Thema Ihre Eltern unterstützten sie von Anfang an bei allem, was die kleine Silke schon wieder in Sachen Aktivitäten ausgeheckt hatte. &bdquo;Was möglich war, wurde umgesetzt. Familie und Freunde standen immer hinter mir.“ Auch in ihren Partnerschaften sei ihr Handicap nie ein Thema gewesen. Das gilt auch für Marie und Carla, beide heute 19 Jahre jung, die ihre Mama unterstützen, wo es nur geht. &bdquo;Dass die beiden immer an meiner Seite sind, darauf bin ich sehr stolz“, sagt Silke Heckemeier. Und: &bdquo;Die beiden haben sich wegen meiner Behinderung bestimmt schon den einen oder anderen Spruch anhören müssen.“ Denn auch das gehört zur Wahrheit: Vor allem als Kind musste die 47-Jährige auch mal fiese Schimpfwörter über sich ergehen lassen. Lesen Sie auch: DJ aus dem Kreis Gütersloh besiegt schwere Krankheit und kämpft sich zurück ins Leben Heckemeier: &bdquo;Eigentlich mag ich es, wie offen und unverblümt Kinder auf den Arm reagieren – ganz anders als viele Erwachsene, die plötzlich ein Fragezeichen im Gesicht haben. Aber Kinder können eben auch grausam sein.“ Klar sei sie dann traurig gewesen. &bdquo;Es gab Phasen, in denen ich nicht mehr zur Schule gehen wollte. Aber meine Eltern haben mich getröstet und mir Mut gemacht. Mir ist erst später bewusst geworden, was die beiden geleistet haben, dass ich so ein starker Mensch geworden bin.“ Frau aus dem Kreis Gütersloh fühlt sich mit Prothese unwohl Heckemeier hat übrigens als Kind und noch einmal kurzzeitig vor gut drei Jahren eine Prothese getragen. &bdquo;Das hat beim Essen oder beim Fahrradfahren geholfen. Für die Ärzte war es wichtig, dass ich so eine bessere Körperhaltung habe. Aber ich habe mich damit nie wohlgefühlt. Prothesen sind einfach nicht mein Ding“, sagt sie. Umso wichtiger ist auch heute noch der Besuch im Fitnessstudio, um Verspannungen und Rückenproblemen vorzubeugen. Und bei den Jacken wird der linke Ärmel eben fein säuberlich nach innen oder außen gefaltet oder zur Änderungsschneiderei gebracht, damit &bdquo;Ärmchen“ zu seinem Recht kommt. &bdquo;’Ärmchen’ – so nenne ich meinen linken Arm“, sagt die 47-Jährige schmunzelnd. Denn: Einem Handicap mit Humor zu begegnen, ist noch nie eine schlechte Idee gewesen.

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