Gütersloher Unternehmen stoppt Millionen-Projekt – Pläne für neue Bäckerei geplatzt

Gütersloh. Fünf Millionen Euro wollte die Bäckerei Glasenapp aus Gütersloh in die Zukunft investieren und das Unternehmen mit einem Neubau auf einem städtischen Grundstück an der Osnabrücker Landstraße weiterentwickeln. Doch nun ist das bereits fortgeschrittene Projekt, das mit der kalkulierten Investitionssumme das größte Vorhaben in der in der mehr als 90 Jahre alten Firmengeschichte gewesen wäre, geplatzt. &bdquo;Letztlich hat eine Summe vieler Faktoren dazu geführt, dass wir unsere Pläne leider nicht realisieren können und das Grundstück nicht kaufen werden“, erklärt Bäckermeister Axel Glasenapp. Bereits Mitte Juni hatte der 60-Jährige die Gütersloher Stadtverwaltung sowie alle politischen Fraktionen in einem Schreiben über seinen Schritt informiert, mit dem er vor allem seiner unternehmerischen Verantwortung gerecht werden wolle. Rahmenbedingungen waren damals besser Vor fast vier Jahren hat die Suche nach einem geeigneten Grundstück für eine neue Backstube des Familienbetriebs aus dem Gütersloher Stadtteil Isselhorst (80 Mitarbeiter, neun Filialen) begonnen. &bdquo;Doch damals waren die Rahmenbedingungen deutlich besser. Diese haben sich mittlerweile so verändert, dass wir die Reißleine ziehen mussten“, erklärt Axel Glasenapp. Zu groß sei mittlerweile das Risiko, mit dem Projekt Schiffbruch zu erleiden. Allein der Erwerb der 4.000 Quadratmeter großen Fläche wäre für sein Unternehmen mit 340.000 Euro zuzüglich Nebenkosten zubuche geschlagen. Baukosten, Zinsniveau und Energiekosten hätten sich zudem in letzter Zeit gravierend verschlechtert. Fachkräftemangel ein Hauptgrund für die Entscheidung &bdquo;Ein wesentlicher Punkt ist auch die besondere Situation der Fachkräfte, die man auf dem Markt nicht mehr findet“, erläutert Axel Glasenapp einen weiteren Beweggrund, der dazu geführt hat, das Vorhaben vorerst auf Eis zu legen. Der Erwerb des Grundstücks in Nachbarschaft des Blechtechnik-Spezialisten Prodekon wäre mit der vertraglich eingeräumten Zeit von drei Jahren bis zur Baufertigstellung verbunden gewesen. &bdquo;Die Gesamtsituation wird sich nach unserer Auffassung innerhalb dieser Zeit aber nicht zum Positiven entwickeln“, erklärt Axel Glasenapp. Das Gelände jetzt zu kaufen und möglicherweise über eine Zeit lang brach liegen zu lassen, sei keine Option. Deshalb habe man &bdquo;nach intensiver Planung und Kostenermittlung“ bewusst die wirtschaftlich tragfähige Entscheidung getroffen. Grundsätzlich sieht der Gütersloher Bäckermeister seinen Betrieb mit Filialen in Gütersloh (4), Isselhorst (2) Avenwedde (2) und Friedrichsdorf am Markt zufriedenstellend positioniert. &bdquo;Wir sind gut aufgestellt“, sagt Axel Glasenapp. Mit seinen Söhnen Mario (31) und Nico (29), beide Bäckermeister, arbeitet bereits die vierte Generation mit. Während der dritte Sohn Eric (21) als Elektroniker in einer anderen Branche tätig ist, gehört Ehefrau Ursula (57) ebenfalls zur Belegschaft des Familienbetriebs. Entschluss schweren Herzens im engsten Kreis gefasst Auch das bedauerliche Aus der Zukunftspläne sei im engsten Kreis abgesegnet worden. &bdquo;Den Entschluss haben wir gemeinschaftlich und einstimmig, schweren Herzens in unserer Familie gefasst“, heißt es in dem Schreiben an die Stadt und die Politik. Man wolle das Erreichte und die damit verbundenen Arbeitsplätze schließlich nicht aufs Spiel setzen. Mit dem Rückzug von den zukunftsweisenden Plänen für die Osnabrücker Landstraße will Axel Glasenapp auch frühzeitig den Weg für weitere Bewerber auf die reizvolle Möglichkeiten bietende Gewerbefläche freigeben. Sechs weitere potenzielle Käufer hatten in der Vergangenheit ihr Interesse an dem kommunalen Areal erklärt. Noch im Januar hatte der Gütersloher Stadtrat zugestimmt, das letzte noch freie städtische Gewerbegrundstück an der Osnabrücker Landstraße an Glasenapp zu verkaufen, mit dem der Betrieb seine Produktionsfläche von 400 auf 1.500 Quadratmeter hätte ausbauen können. Monate später folgte die Absage. &bdquo;Die Reaktion der Stadt war natürlich verhalten, aber durch unsere Begründung eben auch von viel Verständnis geprägt“, erklärt Axel Glasenapp. Traditionsbäckerei will Hauptsitz in Isselhorst optimieren Die Unternehmensgeschichte der Gütersloher Traditions-Bäckerei begann in den 30er-Jahren. In Köslin/Pommern gründeten Maria und Walter Glasenapp den Betrieb. Gegen Ende des Zweiten Weltkriegs musste das Ehepaar flüchten und fand in Gütersloh eine neue Heimat. Dort übernahm es 1954 die Bäckerei Schäfferling an der Berliner Straße 100, dem Standort des heutigen Hotels Holiday Inn. Seit 1968 befindet sich der Hauptsitz mit Backstube am Kirchplatz im Herzen des Gütersloher Stadtteils Isselhorst. Familienwohnhaus und Produktionsstätte gehen dort ineinander über. Zwar seien die Kapazitäten in Isselhorst weitestgehend ausgereizt, so Axel Glasenapp. Gleichwohl würden sich nach dem Aus der Neubau-Pläne die Bemühungen nun auf eine Optimierung des Stammsitzes konzentrieren, schildert der Bäckermeister, ohne konkrete Details zu nennen. Auch die Fortentwicklung des vorhandenen Geschäftsnetzes stünde im Fokus. &bdquo;Wir wollen unsere neun Filialen auf dem neuesten Stand halten“, sagt der Bäckermeister. Erst vor kurzem habe man die Zweigstelle an der Avenwedder Straße 44 komplett kernsaniert. Trotz der aktuell verworfenen Neubau-Pläne hat Axel Glasenapp auch die Zukunft weiterhin im Blick und kündigt an: &bdquo;Wenn sich die Rahmenbedingungen verbessert haben, werden wir einen neuen Anlauf beim Neubau einer Backstube starten.“ Einen neuen Anlauf bei der Vergabe der Gewerbefläche an der Osnabrücker Landstraße muss die Stadt Gütersloh indes nicht mehr starten. Stadt Gütersloh hat das Grundstück an der Osnabrücker Landstraße verkauft &bdquo;Das Grundstück ist bereits schon an jemand anderen verkauft worden“, bestätigte Albrecht Pförtner, Dezernent für Bauen, Mobilität und Umwelt, am Mittwoch, 9. Oktober, gegenüber der &bdquo;Neuen Westfälischen“ den Verkauf, der am Tag zuvor erfolgt ist. Eine neue Bewerbungsrunde sei dafür nicht erforderlich gewesen. Den entsprechenden Beschluss habe man sich umgehend nach Bekanntwerden des Glasenapp-Rückzugs geholt. Der Zweite aus der Runde der sechs Interessenten habe den Zuschlag bekommen. Dabei soll es sich um ein mittelständisches Gütersloher Unternehmen handeln. Konkrete Angaben machte Albrecht Pförtner nicht. Vorbehaltlich eines erfolgreichen Bauantrags geht der Dezernent davon aus, dass Anfang 2025 die Bauarbeiten auf dem Areal an der Osnabrücker Landstraße starten könnten.

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