Gütersloher Gastronom irritiert über neue Regeln: Tischreihe vor Lokal muss plötzlich weg

Gütersloh. Als Blerim Sadiku vor knapp zehn Jahren sein Bistro eröffnete, hatte er im Sinn, ein wenig französisches Flair in Gütersloh zu verbreiten: Im &bdquo;Pastis“ möge man sitzen wie in einem Straßencafé am Montmartre. Doch nun sieht er diesen Charme gefährdet. Die Stadt, so zetert er, mache es ihm auf einmal schwer. Nach all den Jahren verlangte sie von ihm, er möge draußen eine Reihe Tische entfernen. &bdquo;Warum? Wieso ist das plötzlich ein Problem?“ Es geht nur um vier der neun Vierer-Tische draußen, aber Sadiku verzichtet ungern darauf. &bdquo;Das sind 16 Gäste mittags und 16 abends, bei Zweifachbelegungen mehr.“ Gespürt habe er das in den vergangenen Wochen, bei den warmen Tagen. Viele potenzielle Gäste hätten abgedreht, weil sie draußen keinen freien Platz fanden. Er habe dadurch Umsatz verloren – so viel, dass er, sollte sich das Ordnungsamt nicht erweichen lassen, seine Existenz bedroht sieht. Lesen Sie auch: Geheimnis gelüftet: Erste Einblicke in neues Gütersloher Restaurant &bdquo;Ohne diese Tische wird es wirtschaftlich schwierig“, sagt Sadiku. Mitte April hatte er den Brief des Ordnungsamtes bekommen. Darin steht, die Behörde habe Kenntnis erhalten, dass er seine Außengastronomie über die genehmigte Fläche hinaus betreibe. Das habe unverzüglich aufzuhören. Ordnungswidrigkeiten würden mit Geldbußen geahndet. Tischreihe sei all die Jahre offenbar nur geduldet gewesen Sadiku zeigte sich folgsam, entfernte die Tische, ärgerte sich aber. Nachdem Kunden ihn auf die fehlenden Plätze angesprochen hätten, drängt es ihn nun an die Öffentlichkeit. Sadiku bestreitet nicht, keine schriftliche Genehmigung für die vier zusätzlichen Tische zu haben. Allerdings sei ihm das 2014, bei Eröffnung des &bdquo;Pastis“, nicht klar gewesen. Damals hätten ihm alle – Stadt und Bauherr – signalisiert, seine Außengastronomie sei so in Ordnung. &bdquo;Für mich war das ein wichtiger Punkt. Hätte man mir damals gesagt, das geht nicht, wäre ich vielleicht gar nicht erst angefangen.“ Offenbar sei die Tischreihe all die Jahre nur geduldet gewesen. Betreiber will wissen, warum es nicht so bleiben kann, wie bisher Der Sinneswandel der Stadt erstaune ihn. Sein erster Gedanke war, womöglich spreche der Brandschutz gegen das Überschreiten der genehmigten Fläche. &bdquo;Das aber ist nicht der Fall. Die Feuerwehrautos haben genug Platz.“ Auch der Fußgänger- und Fahrradverkehr sei in keiner Weise durch die zusätzliche Tischreihe beeinträchtigt gewesen. Gastronomen wie er seien bemüht, die Innenstadt attraktiv zu machen, sagt der 50-Jährige, der gebürtig aus dem Kosovo kommt. Er habe viele Stammgäste. Zur Hälfte kämen sie aus Gütersloh, zur anderen Hälfte aus Nachbarorten. Seit 32 Jahren ist Sadiku in der Branche unterwegs, zunächst in einem Bielefelder Steakhaus, dann 17 Jahre als Servicekraft im &bdquo;Gütersloher Brauhaus“. Mit dem &bdquo;Pastis“ hatte er sich beruflich erstmals auf eigene Beine gestellt. In anderthalb Monaten feiert sein Lokal das zehnjährige Bestehen. Bis dahin, so sagt er, wüssten er und seine sechs Festangestellten gerne, warum nicht alles so bleiben könne wie vorher. Neue Satzung macht detaillierte Vorgaben etwa zu Sonnenschirmen Die Stadt äußerte sich am Mittwoch auf Anfrage nicht. Sie bereitet derzeit eine neue &bdquo;Sondernutzungssatzung“ vor, die Regeln unter anderem für Elektroroller, Leihräder, Altkleidercontainer und Außengastronomie vorsieht. Die alte ist von 2014 und mittlerweile in vielen Punkten überholt. Für die Gastronomen sollen demnach neue Vorschriften gelten, was die Gestaltung ihres Draußen-Bereiches betrifft. Zum Beispiel hinsichtlich der Sonnenschirme: Hier möchte die Stadt ein buntes Durcheinander vermeiden. Die Schirme sollen nicht allzu viel von der Häuserfront verdecken, sie sollen in Farbe und Größe möglichst einheitlich sein. Ausnahmen für mehrfarbige Schirme seien möglich, die Schirme seien dann aber &bdquo;in dezenter, warmer, gedeckter, abgetönter Farbgebung zu gestalten“. Bierzeltgarnituren sind schon seit längerer Zeit untersagt Künftig, so die neue Satzung, müssen sich die Gastronomen das Aufstellen und die Art der Schirme genehmigen lassen. Ausschließlich Einzelschirme seien erlaubt, keine Zwillingsschirme. &bdquo;Nach Möglichkeit“ seien die Schirme durch Bodenhülsen im Pflaster zu fixieren. Diese Hülsen seien fachgerecht einzubauen und später, falls nicht mehr gebraucht, ersatzlos zu entfernen; das Straßenpflaster sei dann wieder in seinen Ursprungszustand zu versetzen. Ferner wird das Aufstellen von Pflanzkübeln, frei stehenden Leuchten und sonstigen Einrichtungen verboten; Ausnahmen seien mit der Stadt abzustimmen. Festgelegt ist schon lange, dass Bierzeltgarnituren nicht erlaubt sind. Das gilt auch für Vollkunststoffmöbel, frei stehende Markisen, Lichterketten, Zäune, Windschutzelemente und dergleichen. Die Stadt verfolgt mit all den Vorgaben das Ziel, einen &bdquo;städtebaulich positiven Anblick“ zu wahren. Von einer Gebührenerhöhung bleiben die Wirte explizit verschont Zudem will die Stadt klarstellen, dass die Gehwege nicht mit Mobiliar und Dekoration zugestellt werden. Die Sicherheit des Verkehrs müsse gewahrt bleiben, straßen- und planungsrechtliche Vorgaben seien einzuhalten. Auch seien die Belange der direkten Geschäftsnachbarn im Blick zu behalten. Lesen Sie auch: Bistro mitten im Nirgendwo: Das Erfolgsgeheimnis dieser Gastronomie im Kreis Gütersloh Ob das alles so kommt, entscheiden die Fraktionen. Sie beraten über die neue Satzung zunächst in den Fachausschüssen, schließlich im Rat. Umstritten ist etwa die geplante Gebührenerhöhung für E-Scooter, die auf 300 Euro pro Jahr und Roller steigen soll - das Unternehmen Tier, mit 350 Rollern im Stadtgebiet vertreten, hat angekündigt, sich dann eventuell aus Gütersloh zurückzuziehen. Während auch andere Gebühren steigen sollen, will die Stadt die Gastronomie davon verschonen; die Wirte seien durch die Pandemie und den Fachkräftemangel schon genug gebeutelt. Die neuen Gestaltungsrichtlinien möchte sie hingegen gerne durchsetzen. Sie will eine Übergangsfrist gewähren; bis Ende des Jahres sollen die Gastronomen Zeit bekommen, die neuen Vorgaben umzusetzen.

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