Olivia-Jones-Familie

Ehrliche Worte in Gütersloh: Bekannte Dragqueen spricht offen über Anfeindungen

Künstlerin Veuve Noire war an der Janusz-Korczak-Gesamtschule zu Besuch. Mit den Jugendlichen sprach sie offen über ihre Diskriminierungserfahrungen.

Künstlerin Veuve Noire bei ihrem Besuch in Gütersloh. | © Andreas Frücht

Danielle Dörsing
12.09.2024 | 12.09.2024, 16:15

Gütersloh. „Ich definiere mich über Persönlichkeit, Pronomen sind mir egal.“: In der Aula der Janusz-Korczak-Gesamtschule in Gütersloh war eine besondere Persönlichkeit zu Gast. Im Rahmen des Informationsprojektes „Olivia macht Schule“ kam die Dragqueen und Künstlerin Veuve Noire mit circa 165 Schülerinnen und Schülern der neunten Jahrgangstufe sowie vielen Lehrkräften ins Gespräch. Die Themen des Nachmittages: Toleranz, Respekt und Vielfalt.

Bei „Olivia macht Schule“ geben Mitglieder der Olivia-Jones-Familie an Schulen und Kitas Nachhilfe rund ums Thema LGBTQI+“, erklärt Lehrkraft und Organisatorin Antje Bordel-Soleimankhani. Nun ist auch die Gesamtschule als einzige Schule im ganzen Kreis ausgewählt worden, bei dem bundesweiten Projekt teilzunehmen.

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Veuve Noire (dt. schwarze Witwe) ist Teil der Kunstschaffenden der Olivia-Jones-Bar auf der Reeperbahn, einer der bekanntesten queeren Show-Bars in Deutschland: „Intoleranz und Homophobie sind Erziehungssache. Niemand kommt engstirnig und voreingenommen auf die Welt“, erklärt die Dragqueen ihrem Publikum. Mit den Jugendlichen spricht sie an diesem Nachmittag offen über ihre Diskriminierungserfahrungen, Schubladen-Denken und gesellschaftliche Rollenklischees.

Coming-Out-Erfahrungen von Lehrkräften standen auf dem Stundenplan

Die Vorbereitungen für die Veranstaltung seien bereits im Juni gestartet. Neben einem Elternabend, sei das Thema „Queerness“ auch im Unterricht thematisiert worden: „Wir haben über Begriffe wie ,normal´ diskutiert, aber auch geklärt, wer Olivia Jones überhaupt ist“, erzählt sie. Auch Coming-Out-Erfahrungen von Lehrkräften standen auf dem Stundenplan.

Die Schülerinnen und Schüler hatten später die Möglichkeit, der Dragqueen Fragen zu stellen. - © Andreas Frücht
Die Schülerinnen und Schüler hatten später die Möglichkeit, der Dragqueen Fragen zu stellen. | © Andreas Frücht

Die Resonanz sei, bis auf wenige Ausnahmen, durchweg positiv gewesen: „Manche Eltern hatten religiöse Vorbehalte, trotzdem sind heute alle Schülerinnen und Schüler hier. Das verbuchen wir schon jetzt als wichtigen Schritt“, erklärt die Organisatorin.

Ziel der Veranstaltung sei es, auch vor diesem Hintergrund, mehr Berührungspunkte zu schaffen: „Queeres Leben ist Alltag. Projekte wie dieses bringen das stärker in das Bewusstsein in ländlichen Regionen“, erklärt sie.

Jede Veranstaltung ist für die queere Aktivistin aufregend

Bei der sich anschließenden Fragerunde durften die Schülerinnen und Schüler ihre Gästin dann noch einmal ausquetschen: „Welches Parfüm benutzt du?“ („Ombre Nomade“), „Seit wann weißt du, dass du schwul bist?“ („Seit wann weißt du, dass du hetero bist?“), „Bist du gläubig?“ („Eher spirituell“) oder „Erfährst du immer noch Diskriminierung?“ („Der Rechtsdruck macht Unmenschlichkeit leider wieder salonfähig.“) sind nur wenige Beispiele für die unzähligen Fragen, die auf Veuve Noire niederprasseln.

Für die queere Aktivistin ist jede Veranstaltung aufs Neue aufregend – trotz Bühnenerfahrung: „Ich kenne weder die Schülerinnen und Schüler, noch ihre Reaktionen. Auch für mich hat das immer etwas von einer Überraschungstüte“, lacht die Dragqueen. Besonders freue sie sich auf die Fragerunde: „Sie waren sehr respektvoll und haben tolle Fragen gestellt. Ich finde es immer spannend, wie sich einzelne Jahrgänge voneinander unterscheiden“, erklärt die Künstlerin.

Schüler loben den Charakter der Dragqueen

„Je jünger das Publikum, desto offener und tiefgründiger sind ihre Fragen – einfach, weil der gesellschaftliche Druck da noch nicht so gegeben ist“, berichtet Veuve Noire. Und die Schülerinnen und Schüler? Die mögen das Konzept: „Es war cool, ihr diese Fragen stellen zu können. Ich bin froh, dass alle so respektvoll waren“, erzählt die 14-jährige Honya.

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Mitschülerin Anna (14) ist ähnlicher Meinung: „Ich habe viel gelacht – sie hat einen tollen Charakter. Ich kannte sie schon aus dem Fernsehen und hab mich deshalb besonders gefreut“, so die Neuntklässlerin.

Auch Schulleiterin Heidrun Elbracht verbucht das Projekt als Erfolg: „Veuve Noires persönliche Geschichte hat dazu angeregt, über die eigene Geschichte nachzudenken. Fragen wie ,Wer bin ich und wer will ich sein?’ werden uns im Nachgang noch beschäftigen.“