Paderborner Drag Queen: Dieser Mann ist die Kunstfigur Yoncé Banks

Paderborn. Vier Stunden dauert es etwa, dann ist Savvas verschwunden. Anstelle des jungen, gut aussehenden, bärtigen Mannes aus Paderborn sitzt dort am Ende des Verwandlungsprozesses nun eine stark geschminkte, extravagant gekleidete Frau. Genauer gesagt: eine Diva. Yoncé Banks sorgt derzeit in der ProSieben-Show "Queen of Drags" für Furore und gilt nach drei von Publikum und Jury gefeierten Auftritten als eine der Favoritinnen auf den Sieg. Für den 26-jährigen Friseur Savvas (der seinen Nachnamen nicht öffentlich machen möchte) ist der momentane Erfolg in der Heidi-Klum-Sendung die Bestätigung eines langen und gewiss nicht immer leichten Weges. Er sei schon immer "etwas anders" gewesen, erinnert er sich an seine Kindheit. Als Junge spielte er mehr mit Mädchen, hatte wenige Jungs als Freunde und auch mit Fußball und anderen "typisch männlichen" Dingen nichts am Hut. In der Grundschule sei er oft geärgert worden, weil er "nicht normal" gewesen sei. Das setzte sich auch in der Pubertät fort. Mit 13 oder 14 Jahren merkte Savvas dann, dass er schwul ist. Zunächst wollte er sich das jedoch nicht eingestehen, bis er es schließlich akzeptierte. Mit 16 Jahren outete er sich gegenüber einer Freundin, mit 19 sagte er es schließlich seiner Mutter. "Die hat so super reagiert", erinnert sich Savvas. "Was die sagen, ist egal. Du musst dich selbst mögen" Doch auch als Heranwachsender machte er schlechte Erfahrungen. "Irgendwie bin ich immer aufgefallen", sagt er. Viele Dinge, die heute normal seien, seien es früher nicht gewesen. In der Stadt sei er deshalb oft komisch angeschaut worden, Leute hätten ihm "Schwuchtel" hinterhergerufen. Er habe immer auf andere geachtet, sei es in der Fußgängerzone oder in der Disco. "Aber das hat mich stärker und selbstbewusster gemacht", sagt Savvas heute über diese Zeit. Sein Motto lautet: "Was die Leute über dich sagen, ist egal. Du musst mit dir selber im Reinen sein und dich selbst mögen." Er betont aber auch, dass Paderborn mittlerweile toleranter geworden sei. In diese Zeit legte Savvas den Grundstein für seinen aktuellen Erfolg. Zum Fußball ging er - wie seine Altersgenossen - nicht. "Ich hätte lieber getanzt." Doch einen Kurs besuchte er nicht. Aus Angst, dass ihn alle ein Mädchen nennen würden. Also tanzte der kleine Junge vor dem Fernseher und lernte so von seinem großen Idol. "Ich habe Beyoncé nachgetanzt!" Außerdem habe er immer genau darauf geachtet, wie Frauen sich verhalten und sich bewegen. So wurde Yoncé geboren Tänzer war aber nie sein Berufswunsch. Stattdessen machte er eine Ausbildung zum Friseur und arbeitet seit 2014 in einem Paderborner Salon. Dann fragte ihn ein Freund, ob er beim Auftritt einer Drag Queen in Hamburg Background-Tänzer sein wolle. "Da musste ich erst mal nachlesen, was genau das ist", blickt Savvas mit einem Schmunzeln zurück. Die Erfahrung war prägend: "Ich fand es beeindruckend, wie ein Mann sich verändern kann." Und so fing er 2015 selber mit Drag an. Dabei wusste er sofort, in welche Richtung es gehen sollte: "Meine Drag Queen ist eine Diva - und so soll sie auch wirken." Überfeminin, feurig und sexy, so beschreibt Savvas sein Alter Ego, das er natürlich nach Superstar und Vorbild Beyoncé benannte. Dass er als Yoncé Banks viel nackte Haut zeigt, hat übrigens nicht nur mit der Show (O-Ton Heidi Klum: "Mega-heiß") zu tun. Er wolle das Frauenbild stärken und deutlich machen, dass Frauen sich zeigen dürfen, wie sie wollen, ohne dafür verurteilt zu werden. So wird Savvas zu Yoncé: Von Anfang an hat er die stundenlange Verwandlung komplett selbst gemacht. Rasur, Make-Up, Perücke, Fingernägel... es braucht Zeit, Geduld und Geschick, um aus Savvas Yoncé Banks zu machen. Doch die Transformation ist nicht nur äußerlich, auch im Wesen ist die Drag Queen eine eigene Persönlichkeit. Und so hat Savvas auch eine Veränderung an sich selbst wahrgenommen. Er lebe nun all seine Feminität in der Figur aus: "Seit ich Yoncé geschaffen habe, bin ich als Mann beruhigter, geerdeter und erwachsener." Anfangs blieb der große Erfolg für die Drag Queen jedoch aus, sie wurde nur selten gebucht. Höhepunkt der bisherigen Karriere war ein Auftritt im Finale von "Germany's Next Top Model". Bis sich in diesem Jahr ProSieben erneut meldete. Ob Yoncé Interesse an einem Drag-Format habe? Natürlich hatte sie und flog nach dem Casting als eine von zehn Kandidatinnen mit in die USA. Was die Sendung so besonders macht Dort wurde die Show rund einen Monat lang in Los Angeles gedreht. Für Savvas/Yoncé hat sie eine doppelte Bedeutung: Zum einen sei "Queen of Drags" endlich eine Plattform, um sich auf großer Bühne zu präsentieren. Zum anderen ist sie die erste Show mit Protagonisten aus der LGBT-Community (Lesbisch, Schwul, Bisexuell und Transgender), die in Deutschland zur Hauptsendezeit zu sehen ist. "Das macht mich auch stolz." Bei allem Glitter, Glanz und Gezicke werden auch immer wieder ernste Themen wie etwa Probleme beim Outing, Diskriminierung oder Bodyshaming angesprochen. Für diese Möglichkeit ist er Heidi Klum sehr dankbar. Und es berührt ihn sehr, dass ihn nach der Ausstrahlung viele Kinder und Jugendliche schreiben und ihre Erfahrungen schildern. Er sehe sich ja eigentlich nur als "Savvas, der Friseur, der halt Drag macht." Aber für viele Menschen sei es offenbar sehr viel mehr. "Das bedeutet mir sehr viel."

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