Ärger mit Reifenpanne: Gütersloher Werkstatt bearbeitet im Schnitt acht Fälle pro Tag

Gütersloh. Ein langgezogenes &bdquo;Ffffft“ bahnt sich langsam, aber fortwährend den Weg ins Ohr. Das unschöne Geräusch aus der Bodennähe verheißt beim Aussteigen aus dem Auto nichts Gutes. Als Ursache entpuppt sich eine Schraube, die sich wohl während der Fahrt in den Reifen gebohrt hat und nun geradezu kakophonisch die Luft entweichen lässt. Das scheint in Gütersloh gar nicht so selten zu passieren. &bdquo;Wir haben in unserer Werkstatt im Durchschnitt täglich sieben bis acht Reifenpannen“, gibt Dennis Brand, Inhaber von Reifen Kamps an der B 61, einen Einblick. Ist ein Autoreifen beschädigt, muss nicht immer gleich ein neuer her. Bei ein bis zwei Fällen pro Tag kann das Unternehmen von der Berliner Straße 165 auch mit einer Reparatur weiterhelfen – was nachhaltig und kostensparend sein kann. Als häufigste Ursache für eine Reifenpanne bekommen es der 43-Jährige und seine Kollegen mit Fremdkörpern wie spitzen Schrauben oder eingefahrenen Nägeln zu tun. &bdquo;Es liegt einfach viel Mist auf den Straßen herum.“ Oft sind aber auch Anprall-Beschädigungen der Auslöser, wie etwa der Kontakt mit einem Bordstein. Ob dann letztlich ein Austausch erforderlich ist, hängt vor allem davon ab, in welchem Zustand sich der Reifen befindet. &bdquo;Wie schwer ist der Schaden und an welcher Position steckt der Fremdkörper“, schildert Dennis Brand die Richtlinien, anhand derer entschieden wird, ob der Pneus repariert werden kann. Denn: Die Schraube darf weder zu weit an der Außenkante stecken noch ein Loch verursacht haben, das größer als sechs Millimeter ist. Ein kleiner Schaden muss demnach nicht gleich zum Neukauf führen, sondern kann repariert werden. Solche Fällen landen bei Reifen Kamps in den Händen von Tobias Löwe. Er ist Reifenfahrwerks-Mechaniker mit dem Schwerpunkt Vulkanisationstechnik. Das heißt: Er kann beurteilen, ob ein beschädigter Reifen ausgetauscht werden muss oder noch instand gesetzt werden kann. Im Volksmund ist die Vulkanisation als Reifenreparatur bekannt. &bdquo;Dabei wird der Reifen von der Felge abgezogen, die Schadstelle lokalisiert, dann markiert und der Fremdkörper entfernt“, erläutert der 26-Jährige bei der Demonstration einer Kalt-Vulkanisation für die &bdquo;Neue Westfälische“. Vulkanisation: Wie eine Reifen-Reparatur abläuft und was sie kostet Für die Reparatur eines Reifens gibt es zwei Verfahren: die Heiß- und die Kalt-Vulkanisation. In den meisten Fällen wird kalt vulkanisiert. &bdquo;Ist der Fremdkörper entfernt, wird der Lochkanal auf Maß vergrößert, gereinigt und dann die Schadstelle im Inneren des Reifens großflächig angeraut“, erläutert Tobias Löwe. Dabei benutzt er den sogenannten Rau-Igel, ein mit Druckluft betriebenes Werkzeug, dessen Einsatz später den passenden Sitz garantiert. Im nächsten Schritt wird ein Kleber aufgetragen, ehe ein passender Reparaturkörper mit breitem Kopf am Ende und Führungsdraht von innen durch das Loch eingezogen wird. &bdquo;Der sogenannte Dichtpilz schließt den Lochkanal nach außen und dichtet von innen“, weiß Tobias Löwe. Am Ende pinselt er die breite Fläche im Innenraum des Reifens noch mit Flüssiggummi ein. &bdquo;Meist unterstützen wir diese Reparatur durch ein zusätzliches Stützpflaster, das mittels Spezialzement über den Pilz geklebt wird“, weiß sein Chef zu berichten. Dennis Brand erläutert auch, dass bei Hochgeschwindigkeitsreifen heiß vulkanisiert werde. &bdquo;In diesem Verfahren wird eine weitere Gummilage nach Vorarbeiten heiß aufgepresst.“ Während die heiße Vulkanisation je nach Größe bis zu drei Stunden dauern kann und preislich bei Reifen Kamps mit rund 60 Euro zu Buche schlägt, wird für das Kalt-Verfahren in der Regel eine Dauer von rund 30 Minuten und ein Preis von etwa 40 Euro angesetzt. Inhaber Dennis Brand arbeitet seit nunmehr 22 Jahren in der Branche. Eine Steigerung an Reifenpannen hat er für sich nicht registriert: &bdquo;Zumindest bei uns ist die Anzahl der Pannen in den letzten 20 Jahren gleich geblieben.“ 8,8 Prozent der Straßenwacht-Einsätze sind Reifenschäden Ob die Anzahl der Reifenpannen in den vergangenen Jahren eher zu- oder abgenommen hat, vermag der ADAC nicht stichhaltig zu beurteilen. Fakt ist aber: Von den bundesweit 3.531.058 Einsätzen der Straßenwacht-Fahrer im vergangenen Jahr, waren 8,8 Prozent der Einsätze auf Reifenschäden zurückzuführen. &bdquo;Statistisch gesehen hat ein Autofahrer rund alle 150.000 Kilometer eine Reifenpanne“, erläutert Marko Schöppner, Leiter des Bereichs Verkehr und Technik beim ADAC Ostwestfalen-Lippe. Er weiß auch, was zu tun ist, wenn man es als Fahrer mit einer Reifenpanne zu tun bekommt. &bdquo;Jeder Radwechsel ist mit hohem Aufwand verbunden und stellt am Fahrbahnrand häufig ein Sicherheitsrisiko dar“, weiß Schöppner. Eigensicherung sei somit ganz wichtig. Außerdem können große Räder – insbesondere bei SUVs oder Geländewagen – von Personen mit zierlicher Konstitution kaum aus dem Kofferraum und auf die Achse gewuchtet werden. Reserveräder benötigen Platz und sind schwer. Mitfahrer an Bord sollten zu der Fahrbahn abgewandten Seite aussteigen. Wichtig sei es zudem, eine Warnweste anzuziehen und das Pannenfahrzeug mit einem Warndreieck abzusichern. Der mit insgesamt rund 120 Mitarbeitern größte Reifen-Fachbetrieb in Gütersloh ist Reifen Pott mit der Zentrale an der Hülsbrockstraße. Mitarbeiterin Heike Rust von der Verwaltung hält die Anzahl von sieben bis acht Reifenpannen pro Tag für realistisch. &bdquo;Wahrscheinlich sind es eher noch mehr. Wir haben zwölf Filialen in Ostwestfalen.“ Der in dritter Generation geführte Familienbetrieb wurde 1928 durch Hugo Pott in der Münsterstraße 16 (heute Parkhaus Modehaus Sinn) gegründet, damals als erste Gütersloher Dampf- und Vulkanisieranstalt. Lkw-Pannenservice beschäftigt Gütersloher Fachbetriebe Bei Reifen Pott gehört ein Lkw-Pannenservice rund um die Uhr zum Angebot. Dabei eilen die Mitarbeiter auch Lastern zu Hilfe, die etwa mit einem &bdquo;Platten“ auf der Autobahn liegen geblieben sind. Das ist ebenfalls keine Seltenheit, wie Heike Rust beim Blick in die Statistik anmerkt: &bdquo;Am 1. Februar hatten wir zum Beispiel allein auf dem Lkw-Sektor neun Reifenpannen an einem Tag.“ Den mobilen, bundesweiten 24-Stunden-Service für Lkw bietet auch die Kuzka-Gruppe in Gütersloh an. Seit 1993 findet man die Filiale am Westring 93, die von Inhaber Achim Kuzka geführt wird. Beim in dritter Generation geführten Fachbetrieb hat man in Sachen Reifenpannen ebenfalls jede Menge Arbeit. Allein in den ersten Monaten des Jahres wurden etwa 250 Reifenpannen registriert. Auch hier wird professionelle und schnelle Hilfe geboten, wenn einem die Luft ausgeht.

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