Gütersloher (14) stirbt nach Routine-OP - Urteil für Narkose-Arzt gemildert

Gütersloh. Der Narkosearzt, der wegen Todes eines 14-Jährigen im Sankt-Elisabeth-Hospital verurteilt wurde, kommt mit einem geringeren Strafmaß davon. Das hat jetzt das Bielefelder Landgericht entschieden. Außerdem scheint nun gesichert, dass er seine Approbation behält und weiterhin als Arzt arbeiten darf. Die elfte Kammer des Landgerichts äußerte an der Schuld des Angeklagten keine Zweifel, senkte aber die Schärfe des Urteils. Der Anästhesist ist nun wegen &bdquo;fahrlässiger Tötung durch Unterlassen“ verurteilt; dieser Aspekt des Unterlassens fehlte im ersten Richterspruch. Die Verteidigung war deswegen in Revision gegangen und hatte vom Oberlandesgericht (OLG) Hamm Recht bekommen. Das Landgericht – eine andere Kammer – musste sich erneut mit dem Fall befassen. Arzt ist nun zu zwölf Monaten Gefängnis auf Bewährung verurteilt Statt zu 16 Monaten Gefängnis auf Bewährung ist der Arzt nun zu zwölf Monaten verurteilt. Für den gebürtigen Armenier macht das einen Unterschied, weil es seine Chancen auf einen deutschen Pass verbessert. Der mildere Schuldspruch verändert die Bewertung beim Zuwanderungsrecht. Bei Strafurteilen von bis zu einem Jahr ist die Löschfrist aus dem Bundeszentralregister um fünf Jahre kürzer als bei höherem Strafmaß. Da der 49-Jährige, Vater von drei Kindern, schon lange mit seiner Familie in Ostwestfalen lebt, wird angenommen, dass er die Einbürgerung anstrebt. Lesen Sie auch: 14-Jähriger stirbt nach Routine-Operation - Gütersloher Arzt bittet um Entschuldigung Gütersloher Krankenhaus lässt ihn weiter narkotisieren Bekannt wurde jetzt, dass ihm kein Berufsverbot mehr droht. Die Bezirksregierung habe vor einiger Zeit entschieden, ihm nicht die Approbation zu entziehen, berichtete Verteidiger Karsten Fehn. Auch die Ärztekammer, zuständig für die standesrechtlichen Belange, sehe keinen Anlass zum Einschreiten. Der erfahrene Anästhesist, der vor seiner Auswanderung lange in einem Krankenhaus in Armenien arbeite, wurde von der ärztlichen Leitung des Eli-Hop stets, auch während des Prozesses, als zuverlässiger Mitarbeiter beschrieben. Das Krankenhaus ließ und lässt ihn weiter narkotisieren. Die Eltern des 14-Jährigen nahmen in dieser Woche nicht an der Verhandlung teil. Das gesamte Verfahren, auch dessen Dauer – Kevin starb bereits 2018 – gehe den Eltern nahe, berichtet ihr Anwalt Horst-Peter Strickrodt. Auch fehle ihnen Verständnis, dass der Tod eines Menschen derart milde gesühnt werde. Ihr Sohn war bei einer Kniespiegelung erstickt. Deutliche Worte: &bdquo;Ein Arzt verdient keinen Bonus durch Unterlassen“ Strickrodt hatte ebenso wie die Staatsanwaltschaft darauf plädiert, das Strafmaß des erstinstanzlichen Urteils beizubehalten, zumindest das. Von &bdquo;Unterlassen“ könne keine Rede sein, denn der Arzt habe sehr wohl gehandelt, nämlich falsch. Nicht bemerkend, dass eine Arzthelferin die Beatmungsschläuche verwechselt hatte, habe er zu den falschen Maßnahmen gegriffen, habe alles nur verschlimmert. Er finde es ohnehin widersinnig, einem Arzt, der nach Auffassung des Gerichts nichts getan habe, zu privilegieren. &bdquo;Das würde ja bedeuten, dass sich ein Arzt bei Komplikationen am besten mit verschränkten Armen auf einen Stuhl setzt und auf den Oberarzt wartet. Das kann nicht sein. Ein Arzt verdient keinen Bonus durch Unterlassen.“ Eine Berufung hat das Gericht zugelassen. Dennoch, so Strickrodt, werde er den Eltern wohl abraten, in Revision zu gehen. &bdquo;Wir sind im sechsten Jahr. Vielleicht ist es besser, wenn die Angelegenheit irgendwann zur Ruhe kommt.“ Ob die Verteidigung auf Berufung verzichtet, ist noch offen. Anwalt Fehn sagt, er halte das Strafmaß noch immer für zu hoch, er hatte auf zehn Monate plädiert. Auf der anderen Seite seien die Verbesserungen hinsichtlich Ausländerrecht und Berufsausübung nicht zu unterschätzen.

Meistgelesen