Arbeitslose Lehrerin möchte arbeiten - jetzt klagt sie gegen das Gütersloher Schulamt

Kreis Gütersloh. In NRW geben immer mehr Lehrkräfte den Job auf. Nochmal 16 Prozent mehr als im vergangenen Jahr. Das geht aus Zahlen hervor, die der &bdquo;WDR“ im Februar 2024 veröffentlichte. Die Kündigungen haben sich demnach in zehn Jahren mehr als verdreifacht. Während andere aus diesem Job raus wollen, würde Dixie Rolf gerne rein. Sie darf nicht. Seit Beginn des zweiten Schulhalbjahres im Februar ist sie arbeitslos. Der Grund: die maximale Zahl von zwölf befristeten Arbeitsverträgen war für die Lehrerin erreicht. Eine Entfristung ist gescheitert. Aber woran? &bdquo;Ich weiß es nicht“, sagt Dixie Rolf. Ihr Antrag bei den Behörden scheint regelrecht verschwunden. Am 10. April ist die Sache jetzt ein Fall fürs Arbeitsgericht, denn die Verlerin hat das Gütersloher Schulamt verklagt. Lehrerin wollte &bdquo;mehr für Rente tun“ und sucht nach &bdquo;richtiger“ Stelle Dixie Rolf hat Musik und Deutsch für ein Lehramt an weiterführenden Schulen studiert und das erste Staatsexamen abgelegt. &bdquo;Das Referendariat habe ich nicht mehr gemacht, weil unsere Tochter damals geboren wurde.“ Die 48-Jährige zieht insgesamt drei Kinder groß, der Job rückt in den Hintergrund. Die politische Situation 2015 motiviert sie, die Tätigkeit wieder aufzunehmen. Sie gibt Deutschkurse an der VHS in Verl und Gütersloh, muss sich dafür selbstständig machen, denn das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) rechnet stundengenau mit den Lehrkräften ab. In den Ferien herrscht Verdienstausfall.&bdquo;Ich möchte etwas mehr für meine Rente tun“, erklärt Dixie Rolf. Sie entscheidet sich 2019, nach einer &bdquo;richtigen“ Stelle an einer Grundschule Ausschau zu halten. &bdquo;Mit jüngeren Kindern Musik zu machen, bereitet mir wahnsinnig viel Freude“, so Rolf. Musik ist Mangelfach, sie gehört zu den wenigen, die eine vollwertige Musikausbildung haben. Etliche befristete Verträge reihten sich bei Dixie Rolf aneinander In Hövelhof erhält sie eine Stelle als Grundschullehrerin. &bdquo;Meine Arbeitsverträge waren befristet auf vier Monate, manchmal auch nur vier Wochen“, in Summe reihte sich eine Befristung an die nächste. &bdquo;Auf den Verträgen standen immer andere Sachgründe. Teilweise wurden Namen aufgeführt von Personen, die gar nicht an der Schule tätig waren, die ich nie kennengelernt habe“, sagt Dixie Rolf. 2020 wechselt sie an die Kardinal-von-Galen-Grundschule (KVG) nach Harsewinkel. Da waren es bereits neun Verträge, die Dixie Rolf unterschrieben hatte. Die Verlerin wähnte sich dennoch in Sicherheit. &bdquo;Ich war falsch informiert. Ich dachte, wenn ich die Schule wechsele, geht die Zählerei von vorne los.“ Ein fataler Irrtum. In Harsewinkel darf sie anteilig eine Klasse leiten Nach nur drei Monaten bietet die Schulleiterin der neuen Kollegin in Kombination mit einer weiteren Lehrkraft eine Klassenleitung an. Dixie Rolf kann es kaum glauben. &bdquo;In meiner Situation eine eigene erste Klasse zu leiten, das habe ich mir überhaupt nicht träumen lassen.“ Sie sagt zu. Die Sorge mit der Befristung ist damit nicht vom Tisch und KVG-Schulleiterin Monika Scharf rät ihr dringend dazu, einen Antrag auf Entfristung zu stellen. Gesagt, getan. &bdquo;Schulrat Arndt Geist war am 8. März 2023 Gast in meiner Deutschstunde“, anschließend habe es ein gemeinsames Gespräch in Anwesenheit der Schulleitung gegeben. &bdquo;Er hat uns erklärt, dass er der Entfristung zustimmen würde, das letzte Wort aber die Bezirksregierung Detmold habe. Unterdessen unterzeichnet sie im Sommer 2023 Vertrag Nummer zwölf mit einer Laufzeit von sechs Monaten. Deadline Januar 2024. Eine OBAS-Stelle lehnt sie zwischenzeitlich ab. Es sind die eigens für Quereinsteiger geschaffenen Stellen, die mit einer 24-monatigen Ausbildung einhergehen. Vom Schulamt und der Bezirksregierung ist plötzlich nichts mehr zu hören Dixie Rolf hätte von vorne anfangen müssen, hadert damit und hofft stattdessen auf die avisierte Entfristung ihres Arbeitsvertrages, damit sie an Ort und Stelle weitermachen kann. Doch vom Schulamt hört sie nichts mehr. Von der Bezirksregierung auch nicht. Wo der Antrag auf Entfristung liegt? &bdquo;Ich habe keine Ahnung“, sagt Rolf. &bdquo;Auf meine wiederholte Anfrage hieß es aus Gütersloh, der Antrag wäre wohlwollend nach Detmold weitergeleitet worden. Auch meine Schulleiterin und die Personalrätin aus Gütersloh, mit der ich mich deswegen in Verbindung gesetzt hatte, erhielten die Information, der Antrag läge in Detmold.“ Über die Personalrätin in Detmold kann sie in Erfahrung bringen, dass ihr Antrag nie bei der Bezirksregierung angekommen ist. Dixie Rolf schlussfolgert: &bdquo;Die ganze Zeit bin ich vom Schulamt Gütersloh belogen worden.“ Verlerin schildert ihre Hilflosigkeit Schulministerin Feller Die Verlerin schreibt im vergangenen September ein erstes mal ans Schulministerium, an Ministerin Feller persönlich. Sie schildert ihren Fall, ihre Hilflosigkeit und bittet um Antwort. Weil nichts kommt, schreibt die 48-Jährige ihrer obersten Dienstherrin und Schulministerin am 28. Januar noch einmal – zwei Tage bevor sie arbeitslos wird. Keine Rückmeldung. &bdquo;Es standen zum damaligen Zeitpunkt 2023 keine Stellenanteile für Entfristungen zur Verfügung“, erklärt Arndt Geist von der Schulaufsicht des Kreises Gütersloh auf Nachfrage der &bdquo;NW“. Mehr möchte der Schulrat aufgrund des laufenden Verfahrens nicht sagen und verweist auf die OBAS-Stelle, die von Frau Rolf verworfen wurde. Dixie Rolf ist kein Einzelfall, die Kettenverträge des Schulministeriums lassen zahlreiche Lehrkräfte verzweifeln. Zur Klage kommt es wohl eher selten. &bdquo;Weder die Bezirksregierungen noch das Schulministerium führen Statistiken über laufende oder abgeschlossene Klageverfahren“, erklärt Jörg Harm, Sprecher des Schulministeriums NRW. Handlungskonzept soll Übernahme in Dauerbeschäftigung ermöglichen Um dem Lehrermangel gezielt entgegenzuwirken hatte Schulministerin Feller im Dezember 2022 ein &bdquo;Handlungskonzept zur Unterrichtsversorgung“ erstellt. Es sieht auch vor, dass Personen, die an Schulen in einem befristeten Tarifbeschäftigungsverhältnis bereits als Lehrkraft unterrichten, die Möglichkeit erhalten, einen Antrag auf Übernahme in ein Dauerbeschäftigungsverhältnis zu stellen. Wenn die Voraussetzungen erfüllt sind, dass mindestens ein Bachelorabschluss einer Hochschule oder anderer vergleichbarer Hochschulabschluss vorliegt sowie Unterrichtserfahrung von mindestens drei Jahren im Umfang von mindestens einer halben Stelle innerhalb eines Zeitraums von fünf Jahren vorhanden ist. Dixie Rolf hat sich bei dem Versuch ihrer Entfristung ausdrücklich auf dieses Handlungskonzept bezogen. Die Schulaufsichtsbehörde entscheidet unter Einbindung der Schulleitung, ob die Person für die Übernahme in ein Dauerbeschäftigungsverhältnis als Lehrkraft im Schuldienst geeignet ist. Rektorin der KVG hat für Entscheidung der Behörden kein Verständnis &bdquo;Bisher liegen 122 Entfristungen vor, davon 3 im Regierungsbezirk Detmold“, so der Ministeriumssprecher. Drei Entfristungen in 18 Monaten? &bdquo;Die Regierungsbezirk Detmold gehöre zu den vergleichsweise personell besser ausgestatteten Regierungsbezirken“, heißt es aus Düsseldorf. In diesem Schulhalbjahr fällt für zahlreiche Klassen an der KVG der Musikunterricht komplett aus. Der Grund: Dixie Rolf ist nicht mehr da. &bdquo;Wie wir den Unterricht im nächsten Schuljahr voll umfänglich abdecken sollen, weiß ich noch nicht. Zur Stunde ist der Stellenplan deutlich im Minus“, sagt Monika Scharf, Rektorin der KVG. Ihrer Kollegin Rolf hat sie ein hervorragendes Zeugnis ausgestellt. Vergebens. &bdquo;Als Schulleiterin verstehe ich nicht, dass in dieser großen prekären Situation, in der wir alle uns befinden, das Schulministerium keine Möglichkeiten schafft, vorhandene Lehrkräfte dauerhaft einzubinden.“ Mit ihrer Klage geht es Dixie Rolf um ihre Würde Es gebe, so Scharf, viele tolle Lehrkräfte, die zwar keine Vollausbildung hätten, aber hervorragend geeignet wären, um – vielleicht auch nur in einem einzigen Fach – zu unterrichten. &bdquo;Wir brauchen kreative Lösungen in diesem dynamischen Prozess!“ Das Ministerium hat jetzt geantwortet und sich entschuldigt, dass es so lange gedauert hat. Auch der abgelehnte Antrag von der Schulaufsicht ist aufgetaucht, mit Datum 31. Oktober 2023. &bdquo;Dieses Schreiben kenne ich nicht und ich habe es nie per Post erhalten“, erklärt Dixie Rolf enttäuscht. Land und Schulaufsicht beziehen sich auf die gängige Rechtsprechung und machen der Lehrerin damit wenig Hoffnung, dass ihre Klage vor dem Arbeitsgericht Erfolg haben wird. &bdquo;Ich habe ohnehin schon alles verloren. Die Klasse, die Schule, den Job.“ Jetzt geht es Dixie Rolf um Würde. &bdquo;Wenn sich mehrere Betroffene trauen zu klagen, dann besteht vielleicht die Chance, dass sich das System irgendwann ändert.“

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