Tempo 30 in der Gütersloher Innenstadt und nachts auf der B61: Ist das realistisch?

Gütersloh. &bdquo;Ruhe bitte!“ Die gemeinsame bundesweite Forderung des Verkehrsclub Deutschland (VCD) und der Deutschen Umwelthilfe soll auch für Gütersloher Straßen gelten, findet die Bürgerinitiative Verkehrswende. Deshalb und im Zuge der Aufstellung eines Lärmaktionsplanes hatte sie lürzlich zu einem Lärmspaziergang am eingeladen, um aktuelle Werte zu ermitteln. Und die lagen am relativ verkehrsarmen Morgen teilweise deutlich über dem, was Experten als gesund ansehen. &bdquo;Wird tagsüber ein Wert von 65 Dezibel und nachts von 55 Dezibel überschritten, wird es gesundheitsschädigend“, sagt Bernd Küffner vom VCD Bielefeld. Mit einem Schallpegelmessgerät in der Hand, machte er sich mit einer kleinen Gruppe engagierter Bürger, unter anderem von der Initiative Verkehrswende sowie zwei Ratsfrauen der Grünen, auf den Weg durch die Stadt. Am Startpunkt, vor dem Klimabüro in der Schulstraße, ist gerade kein Verkehr, es wird in normaler Lautstärke gesprochen: Werte um die 55 Dezibel zeigt das Gerät hier an. Lesen Sie auch: Überall Tempo 30, wo es möglich ist - deutliche Forderung aus Gütersloh Der Lärm steigt je enger die Bebauung ist An der Kreuzung Friedrich-Ebert-Straße/Berliner Straße sieht es schon anders aus. Bei vorbeifahrenden Autos sind es rund 65 Dezibel, bei anfahrenden geht es hoch auf 75 Dezibel. Drei Dezibel Unterschied bedeuten eine Verdopplung des Lärms. Als ein unbeladener Auflieger vorbeidonnert, zeigt das Display sogar kurz 89,8 Dezibel an. Der Spitzenwert an diesem Mittwochvormittag. Auffällig wird bei der Messung zweierlei: Der Lärm steigt, je enger die Bebauung ist. Und es spielt bei rollendem Verkehr fast keine Rolle, ob ein Verbrenner oder ein E-Auto fährt. Der vor allem durch Laufgeräusche erzeugte Lärmpegel ist nahezu gleich hoch. Das Gleiche gelte übrigens auch für die Feinstaubbelastung durch Reifenabrieb, der weltweit 90 Prozent des Feinstaubs ausmache, wie Kurt Gramlich von der Bürgerinitiative Energiewende sagt. Lärm kann krank machen: Hörschäden, psychische Probleme und Co. Dass Lärm krank macht, ist erwiesen. Je nach Art und Dauer kann er nicht nur das Gehör schädigen, sondern sich auch negativ auf das Herz-Kreislauf-System und die Psyche auswirken. Lärmverursacher Nummer eins ist für 76 Prozent der Deutschen der Verkehr. &bdquo;Lärmschutz ist Gesundheitsschutz“, sagt Küffner deshalb. Deshalb sind Kommunen gesetzlich verpflichtet, gegen Verkehrslärm vorzugehen. Auch die Stadt Gütersloh erstellt derzeit einen Lärmaktionsplan. Knapp drei Wochen konnten Gütersloher Bürgerinnen und Bürger nach Weihnachten Vorschläge machen. Eine weitere Bürgerbeteiligung soll es dann vor der endgültigen Verabschiedung des Plans vor den Sommerferien geben. Für Kurt Gramlich und weitere Engagierte die Gelegenheit, weitergehende Forderungen zu erheben. In Gütersloh sind vor allem die A2 und die B61 betroffen Eine betrifft die Datenlage. Gesetzlich vorgeschrieben ist die sogenannte enge Lärmkarte. Das sind Zahlen zur Lärmemission, die nur für Straßen mit einer jährlichen Belastung ab drei Millionen Fahrzeugen errechnet werden. In Gütersloh sind vor allem die A2 und die B61 (Nord- und Westring) betroffen, aber es fallen unter anderem auch die Marienfelder, die Verler und die Neuenkirchener Straße darunter. Auf der Seite www.umgebungslaerm-kartierung.nrw/laermkartierung kann man sich die entsprechenden Zahlen dafür anschauen. Doch wie sieht es mit der Belastung auf den anderen Straßen aus? Sie werden nur in der erweiterten Lärmkarte angezeigt, in Bielefeld ist das bereits möglich. Diese erweiterte Lärmkarte fordert die Bürgerinitiative Energiewende auch für Gütersloh. &bdquo;Damit kann man grundstückscharf sehen, inwiefern mein Haus von Verkehrslärm betroffen ist“, erklärt Bernd Küffner. Verkehrslärm könne den Wert eines Grundstücks oder einer Immobilie erheblich mindern. Tempo 30 umzusetzen ist einfach und günstig Zudem findet Kurt Gramlich es für erforderlich, die Lärmdaten nicht nur zu errechnen, sondern auch durch punktuelle Lärmmessungen zu differenzieren und zu präzisieren. Diese könnten auch durch Temperatur- und Feinstaub-Messungen ergänzt werden. &bdquo;Dann wird man sehen, wie eng alles miteinander zusammenhängt.“ Die Messergebnisse sollten Grundlage der Verkehrsplanung werden. Die Stadt hat bereits lärmmindernde Maßnahmen aufgelistet. Das reicht vom Auftragen von Flüsterasphal über die Ermöglichung eines durchgehenden Verkehrsflusses bis zu Geschwindigkeitskontrollen. Für Gramlich ist das zu kurz gesprungen. &bdquo;Wir wollen an der Quelle ansetzen, beim Erzeuger des Verkehrslärms“, sagt er und fordert von der Stadt, Lärmschutzzonen auszuweisen: Tempo 30 innerorts und Tempo 100 auf den Autobahnen. Das bedeute halb so viel Lärm wie derzeit bei Tempo 50 und Tempo 130. &bdquo;Außerdem ist es schnell und günstig umzusetzen.“ Nachgefragt: Warum gibt es in Gütersloh nicht mehr Tempo 30-Schilder? Weitere Forderungen: Nächtliche Temporeduktionen auf der B61 auf 30 km/h Weitere Forderungen sind nächtliche Temporeduktionen unter anderem auf der B61 zwischen 22 und 6 Uhr auf 30 km/h und die Einrichtung längst versprochener Fahrradstraßen. Gramlich kritisiert auch die Art der Bürgerbeteiligung. Die vergangene sei kaum kommuniziert worden und sein in den Weihnachtsferien mehr oder weniger untergegangen. &bdquo;Die Stadt müsste offensiv auf die Bürger zugehen, zu Versammlungen einladen und nachfragen, wo eine Lärmbelästigung vorliegt. Auch die Politik ist in dieser Hinsicht viel zu leise.“

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