Wohnträume in der Krise: So sieht es auf dem Gütersloher Immobilienmarkt aus

Gütersloh. Corona-Krise, Klima-Krise, Energie-Krise, Ukraine-Krieg, Rezession, Inflation: Die aktuelle Lage wirkt sich sowohl auf den Lebensalltag und die finanziellen Möglichkeiten als auch auf die Gefühlswelt der Deutschen aus. Ein getrübter Blick auf den Immobilienmarkt und eine Abwartehaltung beim Thema Eigenheimerwerb sind die Folgen - das zeigt die neueste Wohntraumstudie 2023 der Interhyp AG, die kürzlich veröffentlicht wurde. Der Hypothekenmakler, der auch eine Filiale in Gütersloh betreibt, hat rund 2.000 Menschen zu ihrer Wohnsituation, ihren Wohnträumen und ihren Immobilienplänen befragt. Der grundsätzliche Tenor der Auswertungen: Die genannten Krisen wirken sich unmittelbar auf die Wohnträume der Deutschen aus, so sind Hauskäufer mittlerweile auf dem Boden der Tatsachen angelangt und specken ihre Wunschvorstellungen von der eigenen Immobilie sukzessive ab. "Die Träume werden kleiner und die Menschen sind bereit, Kompromisse einzugehen", erklärt Mirjam Mohr, Interhyp-Vorständin für das Privatkundengeschäft. Laut Studie geben 58 Prozent der befragten Menschen an, sehr deutlich von der allgemeinen finanziellen Mehrbelastung betroffen zu sein. Die Folge ist eine große Verunsicherung am Markt sowie eine abwartende Haltung. Weil viele für die Finanzierung einer eigenen Immobilie aber nicht dazu bereit sind, ihre grundsätzliche Lebensqualität einzuschränken, sinkt die generelle Nachfrage nach Eigenheimen. "84 Prozent empfinden den Markt als schwierig und sehen keine Möglichkeiten", so Mohr. Ursächlich seien hohe Preise, gestiegene Bauzinsen, ein leer gefegter Markt, Fachkräfte-Mangel sowie Unsicherheiten bezüglich gesetzlicher Regelungen. Vor lauter Krisen werden die Chancen übersehen Johannes Kaup ist gemeinsam mit seinem Bruder Elmar Inhaber der gleichnamigen Immobilien GbR in Gütersloh. Auch er bestätigt: "Die Anzahl der Personen, die sich ein Haus leisten kann oder möchte, ist gesunken." Interessenten bringen derzeit stets ein hohes Einkommen sowie ein großes Eigenkapital mit, können sich dadurch Finanzierungen jenseits der 3,5 Prozent noch leisten. "Vor zwei Jahren war das noch anders", erinnert sich Kaup. "Der Immobilienmarkt war überhitzt. Jeder wollte und konnte kaufen. Ich würde aber sagen, dass sich der Markt gerade wieder normalisiert." Das biete wiederum Chancen. Das Angebot an Immobilien wird größer und es kann wieder verhandelt werden. Insbesondere bei weniger energieeffizienten Immobilien. "Der Druck, sofort zuschlagen zu müssen, ist raus", sagt Johannes Kaup. "Die Menschen befassen sich wieder mit der Immobilie und besichtigen sie öfter als nur einmal." Gütersloher Hauskäufer sind kritisch und schauen auf Energie Unter den Befragten der Wohntraumstudie ist gerade beim Thema Energie eine große Unsicherheit zu spüren, sagt Vorständin Mirjam Mohr. Die Politik habe mit der zermürbenden Hängepartie rund um das Gebäudeenergiegesetz (GEG) großen Anteil daran und noch immer herrsche in wichtigen Punkten wie zum Beispiel Fördermöglichkeiten Unklarheit. So ist der Bestand bei den Befragten zum Schreckgespenst geworden. "Mieter, die sich vorstellen können eine Immobilie zu kaufen, schließen zu 64 Prozent unsanierte Bestandsimmobilien aus ihren Überlegungen aus", führt Mohr weiter aus. Und auch Peter Oesterhelweg, Inhaber der gleichnamigen Immobilien GmbH in Gütersloh, erklärte kürzlich in einem Gespräch mit dieser Zeitung: &bdquo;Käufer sind aktuell sehr kritisch und schauen genau, in welchem energetischen Zustand ein Haus ist.“ Arrangement statt Aufbruch - die Träume der Menschen werden kleiner Größe und Wohnfläche der eigenen Immobilie sind den Menschen laut Interhyp-Studie 2023 derweil nicht mehr ganz so wichtig, wie in den Vorjahren. Auch bei der Raumaufteilung geht man jetzt mehr Kompromisse ein, heißt es. "Man nimmt, was man bekommt", sagt Mirjam Mohr. Lag die durchschnittliche Wohnfläche bei Häusern im ersten Quartal 2022 noch bei 165 Quadratmetern, liegt sie im dritten Quartal 2023 bei 153 Quadratmetern. Das freistehende Einfamilienhaus bleibt unterdessen der Wunschtraum der Deutschen. "Allerdings ist auch dieser Traum das erste mal seit Beginn der Studienreihe signifikant kleiner geworden", weiß Mohr zu berichten. Mit 53 Prozent (2022 waren es 64 Prozent) ist es zwar immer noch mit Abstand der beliebteste Haustyp, hat allerdings elf Prozentpunkte zum Vorjahr verloren.

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