Ferkel bei Tönnies im Kreis Gütersloh ertränkt: Fristlose Kündigung verhältnismäßig?

Kreis Gütersloh. Das Ertränken von drei neugeborenen Ferkeln bei Tönnies im vergangenen Jahr beschäftigt weiter die Gerichte. Was das Arbeitsrechtliche angeht, sollen der Kreis Gütersloh und ein fristlos gekündigter 57-jähriger Tierarzt aus Spenge sich nun jedoch außergerichtlich einigen, meint das Landesarbeitsgericht (LAG) in Hamm. Die Berufungskammer habe "den Parteien einen in Eckpunkten formulierten Vergleichsvorschlag mit dem Ziel der Auflösung des Arbeitsverhältnisses unterbreitet, den die Parteien nun außergerichtlich weiter ausformen und verhandeln wollen", teilte LAG-Pressedezernent Johannes Jasper im Anschluss an die Verhandlung mit. Zuvor hatte die Kammer das Geschehen vom 3. Juni 2022, das zur fristlosen Kündigung von zwei Veterinären geführt hatte, noch einmal aufgerollt. Die beiden Männer - ein 63-jähriger Tierarzt aus Herzebrock-Clarholz und der 57-jährige aus Spenge - waren zur Schlachttieruntersuchung und der Überwachung des Schlachtbetriebs bei Tönnies in Rheda-Wiedenbrück eingesetzt. Damals hatte eine zur Schlachtung angelieferte Zuchtsau im Viehtransporter und dann im Wartebereich Ferkel geboren. Vier Ferkel sind daraufhin - wie in einem solchen Fall vorgesehen - mit Hilfe von Kohlendioxid getötet worden. Videoaufnahmen als Beweise Drei weitere Ferkel soll der Tierarzt aus Herzebrock-Clarholz eigenhändig in einem Wassereimer ertränkt haben. Sein Spenger Kollege, der seit einem Vierteljahrhundert beim Kreis beschäftigt ist, soll dabei zugesehen haben oder es zumindest nicht verhindert haben, wirft ihm der Kreis vor. "Was der jedenfalls zeitweise dort anwesende Kläger davon mitbekommen oder gegebenenfalls auch mitinitiiert hat, steht zwischen den Parteien im Streit", so Johannes Jasper. Der Kreis hatte Videoaufnahmen als Beweise vorgelegt. Außerdem wird dem sich gegen seine Entlassung wehrenden Veterinär die Verletzung der Dokumentationspflicht bezüglich der Ferkeltötung vorgeworfen. Als sich der Spenger gegen die fristlose Entlassung wehrte, entschied das Bielefelder Arbeitsgericht, dass die Kündigung unverhältnismäßig sei und der Tatbeitrag des Mannes bei der Ferkeltötung nur von untergeordneter Bedeutung sei. Wo hat sich der Kläger aufgehalten? Der Kreis wollte den Mann jedoch nicht weiterbeschäftigen und ging in Berufung. "Die befasste Berufungskammer gab insoweit zu erkennen, dass sie diese Einschätzung (des Bielefelder Arbeitsgerichts, Anm.der Redaktion) nicht uneingeschränkt teilt und eine Beweisaufnahme in Aussicht gestellt", so Pressedezernent Jasper. &bdquo;Mit den Gründen, die uns zur außerordentlichen Kündigung bewogen haben, haben wir vor dem Landesarbeitsgericht Gehör gefunden. Der Kläger hatte als Tierarzt die arbeitsrechtliche Pflicht, eine ordnungsmäße Betäubung der Ferkel sicherzustellen, bevor diese getötet wurden“, so Thomas Kuhlbusch, Dezernent für Straßenverkehr, Veterinärwesen und Recht beim Kreis Gütersloh. Sollte die Beweisaufnahme belegen, dass sich der Kläger in unmittelbar Nähe des Tötungsvorgangs befunden hat, so sei sein Tatbeitrag nach Auffassung des Landesarbeitsgerichts von nicht nur untergeordneter Bedeutung und eine außerordentliche Kündigung nicht unverhältnismäßig, erläuterte Kuhlbusch. Können sich der Kreis und der Veterinär einigen? Auf die Frage des vorsitzenden Richters habe der Kreis signalisiert, dass man sich grundsätzlich einen Vergleich vorstellen könne, wenn mit diesem das Arbeitsverhältnis beendet werde und dessen Bedingungen dem jetzigen Stand des Verfahrens ausreichend Rechnung tragen. Sollten sich der Kreis und der klagende Veterinär nicht einigen können, will sich das Landesarbeitsgericht im Oktober erneut mit dem Fall befassen.

Meistgelesen